Verhandlung am Amtsgericht:Nazi-Symbol ins Internet gestellt

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Seinen Beitrag hatte der Lehrer über seinen Privataccount und mit Klarnamen bei Facebook eingestellt. (Foto: Silas Stein/dpa)

Ein Lehrer postet bei Facebook im Rahmen einer Forschungsarbeit ein Hakenkreuz - und wird dafür bestraft

Von Christian Deussing, Gauting

Auch in der zweiten Verhandlung zu seinem Fall vor dem Amtsgericht sah sich der Angeklagte im Recht und war sich keiner Schuld bewusst. Er beteuerte, das NS-Symbol mit Hakenkreuz und ein Zitat Hitlers nur im wissenschaftlichen Diskurs, nämlich im Kontext seiner Forschungsarbeit über "Ursachen von Gewalt" auf Facebook gepostet zu haben. Den Beitrag hatte der Lehrer über seinen Privataccount und mit Klarnamen ins Netz gestellt - um außerhalb des Elfenbeinturms zu erfahren, "was die Leute dazu sagen". Doch das Gericht bestätigte den Strafbefehl wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen den 43-jährigen Gautinger, der nun statt 6300 Euro aber nur 4900 Euro Strafe zahlen muss.

Der Amtsrichter begründete seine Entscheidung damit, dass bei zwei Fotos - unter anderem ein Gedenksockel mit Hakenkreuz und ein weiterer Eintrag - für die Öffentlichkeit beziehungsweise den Laien die notwendige Distanz und Gegnerschaft zur NS-Ideologie nicht eindeutig erkennbar gewesen sei. Er hatte sich mit dem Fall befassen müssen, nachdem der Angeklagte gegen die vorherige Richterin einen Befangenheitsantrag gestellt hatte. Das Gericht betonte, dem Mann sei nicht zu unterstellen, "braunes Gedankengut verbreiten zu wollen". Aber die öffentlich zugänglichen Darstellungen hätten gegen die strengen Regeln verstoßen und seien "strafrechtlich relevant", erklärte der Richter.

Er folgte damit dem Staatsanwalt, der unter anderem auf das staatliche Symbol der Deutschen Arbeitsfront aus dem Dritten Reich verwies, das als Bild für jedermann in dem Facebook-Eintrag des Mannes ohne hinreichend deutliche Distanzierung sichtbar war. Trotzdem wollte der Angeklagte nicht einlenken, auch wenn er diesmal defensiver im Prozess auftrat. Er habe über das Thema Gewalt in Politik und Religion und zum Aspekt des "Menschen als Werkzeug" in seinem Blog zur Diskussion eingeladen. Denn er stehe zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und grenze sich aufs Schärfste von "Nationalsozialisten oder Spinnern" ab, die seinen Blog sicher nicht nutzen würden. Denn als Werbung für NS-Gedankengut sei sein Beitrag auf Facebook völlig ungeeignet, befand der Gautinger.

Sein Verteidiger forderte vergeblich einen Freispruch. Er begründete dies damit, dass man die Posts nicht isoliert betrachten dürfe und sein Mandant bei dem Thema "sozialadäquat" aufklären und mahnen wolle. Das Gericht bewertete dies anders.

© SZ vom 11.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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