Tournee-Auftakt in München:Die Hit-Charade: Großer Gesang und viele Umarmungen

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Gemeinsam unterwegs: die Künstler von "Sing meinen Song". (Foto: Boris Breuer)

Die Stars von "Sing meinen Song, Staffel 7" treffen sich zum Live-Tauschkonzert in der Olympiahalle. Und am Ende weint Nico Santos wieder.

Von Michael Zirnstein

Man will den Geist von Südafrika beschwören. Dafür steht die original elfköpfige Fernseh-Band Groschs Eleven auf der Bühne sowie eine dem Original nachempfundene Ledersofalandschaft, Original-Aufnahmen von Palmen im Lodge-Licht beamen einen zurück ins Grootbos Private Nature Reserve, wo die siebte Staffel von "Sing meinen Song" im März 2020 gedreht wurde. Und doch, der Unterschied ist eklatant: Diesmal sehen nicht 1,5 (Folge Michael Patrick Kelly) bis 2,4 Millionen (Nico Santos) zu, sondern etwa 9000. Max Giesinger (2,2 Millionen) ist ungleich beeindruckter von der Münchner Olympiahalle: "Sonst spielt hier Elton John, aber zu siebt kriegen wir den Laden voll!"

So ein Satz hätte in anderen TV-Reality-Formaten wie "Promis unter Palmen" folgenlang für Stunk gesorgt, haben doch Santos und Kelly diesen Saal just 2022 bereits alleine gefüllt. Aber beim "Tauschkonzert" reklamiert niemand Einzelerfolge für sich; durch die alles verbindende Liebe zur Musik wuchs aus einem "Blinde Date in Südafrika" eine echte Familie zusammen, mit viel Lachen und Tränenpfützen als Beweis der Echtheit solcher Gefühlsausbrüche. "Nichts war geskriptet", schwört der Rapper Motrip, den man in einem von drei Video-Rückschauen seine Musikerfreunde mit stinkigem Harzer Käse füttern sieht.

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Das Konzept ist nicht anrüchig, deswegen lieben die Fans es. Aber lässt sich dieser spontane Geist bei einem Live-Tauschkonzert wieder locken, und das nach Corona-bedingter zweijähriger Fremdelphase? Beim allerersten Konzert der Tournee zeigt sich: Die von Gastgeber Kelly initiierten Gespräche auf der Couch sind etwas steif zwischen Verwandtenbesuch und Klassentreffen; ihre Songs das erste Mal von anderen gesungen zu hören, antwortet Lea da etwa, sei "unnormal" gewesen. Aber beim Singen selbst machen alle wieder auf. Große Momente kann man nicht oft genug wiederholen, wenn etwa Motrip Giesingers Liebestaumel "80 Millionen" zu seinem Bekenntnis eines libanesischen Flüchtlings hoch-rappt, dankbar, einer dieser 80 Millionen zu sein.

Da feiert Jan Plewka seinen alten Selig-Song "Ist es wichtig" in Ilse DeLanges wuchtiger Soul-Version wie einen Derby-Sieg auf Knien; er selbst - theatererfahrener Grunge-Veteran und Voodoo-Rock-Meister mit der gelebtesten Stimme von allen - führt zu Nico Santos "Better" eine Polonaise an. Und muss Santos auch bei Leas Interpretation von "Walk In My Shoes" diesmal nicht losheulen, fließen laufend die Tränen beim deutschen Justin Timberlake kurz drauf, als er selbst Motrips Danke-Lied "Mama" seiner Mutter und seinem Vater umwidmet. Sie trösten sich, herzen sich, überhaupt wurde sich noch nie in der Olympiahalle so oft umarmt wie an diesem Abend, im Schnitt vier Umärmelungen bei jedem der etwa 30 Songs. Das sei die Magie echter, persönlicher Lieder von Songwritern wie ihnen, sagt DeLange: "That's why it hurts, that's why it heals."

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