Sprache:Warum auf der Wiesn plötzlich alle "fesch" sagen

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Fesch ist nicht bloß, wer modisch attraktiv ist. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Eine betrunkene 89-Jährige freut sich darüber, dass sie im Sanitätszelt von so "fesche junge Buam" betreut wird. Woher der Ausdruck kommt und was die Österreicher meinen, wenn sie ihn benutzen.

Von Hans Kratzer

Wiesn, Mass und Hendl, Gaudi, Rausch und Dirndl - derlei Substantive aus dem Dunstkreis des Oktoberfests prägen jedes Jahr um diese Zeit den Münchner Wortschatz. Auch an einschlägigen Adjektiven gebricht es nicht, Wörter wie süffig, griabig und schneidig zum Beispiel. Und dann gibt es noch ein auffälliges Adjektiv, das jedoch nicht auf -ig endet.

Es geht um das unscheinbar klingende Wörtlein fesch, das schon mal fast verdrängt war, jetzt aber besonders zur Wiesnzeit wieder in hoher Blüte steht. Auch eine 89-jährige Wiesn-Besucherin, die betrunken auf die Sanitätsstation gebracht wurde, verwendete es: Sie freue sich, dass sie hier von so "fesche junge Buam" betreut werde.

Der Grund für die Beliebheit dieses Worts ist einfach: Vielen Besuchern des weltgrößten Volksfestes ist es wichtig, sich schön und modisch zu kleiden, also fesch zu sein, und sei es, wie in diesem Jahr häufig zu sehen, mit pinken Barbie-Dirndlgewändern.

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Als fesch gelten Wiesn-Gäste nicht nur dann, wenn sie es verstehen, modisch attraktiv zu wirken, sondern wenn sie vom ganzen Auftreten her eine gute Figur machen. Das weiß auch der ruhmreiche FC Bayern, der extra ein spezielles Wiesn-Trikot in hellgrüner Tönung entwerfen ließ. Schließlich wollen auch die Fußballer und deren Fans "fesch zur Oktoberfest-Zeit" sein, wie auf der Homepage des Vereins zu lesen ist. Ähnlich argumentieren Mode-Labels und Trachtengeschäfte in ihren Online-Shops: "Vom Dirndl bis zur Lederhose: Fesch aufs Oktoberfest."

Auf den ersten Blick ist kaum zu erkennen, dass es sich bei dem als Adjektiv und als Adverb verwendeten Wort fesch um einen Anglizismus handelt. Es gilt als eine Ableitung aus dem englischen Wort fashionable, das wohl im frühen 19. Jahrhundert in die Wiener Umgangssprache eingesickert ist. In der gekürzten Form fesch wurde es schließlich ins Deutsche entlehnt, wo es sich vor allem im Süden lebhafter Beliebtheit erfreut.

Die kurze Form ist für die Sprecher recht praktisch. "Du siehst heute aber wieder gut aus!", sagt umständlich der Schriftsprachler. Auf der Wiesn reichen zwei Wörter: "Fesch bist!" Ein hübscher Bub, ein hübsches Mädchen, daraus wird ein fescher Bub, ein fesches Deandl.

In Österreich sind darüber hinaus die Bedeutungen nett und freundlich ("sei fesch und komm mit!") zu hören, was in Bayern aber kaum der Fall ist. Im Bayerischen Wald sagt man statt fesch gelegentlich neiße, was ebenfalls auf einen frühen Anglizismus hindeutet (nice).

Sprache unterliegt einem steten Wandel. Ob das beliebte Wort fesch dauerhaft überleben wird, ist offen. Vor allem wenn damit ein Kompliment ausgedrückt wird, könnte es künftig heikel werden. In einer sprachlich immer sensibler werdenden Gesellschaft bewegen sich Komplimente, die das Äußere eines Menschen würdigen, mittlerweile in einem Grenzbereich. Die Frage, die heute immer größere Bedeutung erlangt, lautet: Sind mit dem Kompliment fesch Hintergedanken verknüpft oder geht es um ehrliche Anerkennung und Wertschätzung?

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