Nina Chuba in München:Manga-Augen in der Ferne

Lesezeit: 2 min

"Das Money stimmt / Doch trotzdem geht's mir nicht viel besser in grauen Givenchy-Pants", rappt Nina Chuba (hier in Zürich). (Foto: Imago/Gonzales Photo/Tilman Jentzsch)

Die Pop-Rapperin Nina Chuba will in der Tonhalle ihr Superstar-Versprechen einlösen - es reicht, für den Moment.

Von Michael Zirnstein

Bei Nina Chuba funktioniert es über die Nahbarkeit: die geteilten Sorgen und Freuden, sie teile ja eh alles; die Ehrlichkeit; das Mitnehmen der Tiktok-Freunde auf den eigenen Balkon zum "dieenden" Rosmarin (Obacht, Influencer-Denglisch, gemeint ist: "verdörrenden"); vor allem die Nähe der Handykamera zum Selfie-Gesicht und die daraus resultierenden riesigen Augen. Ein Sog. Manga-Augen funktionieren aber in einer Konzerthalle nicht.

Vor einem Jahr, in der kleinen Milla, war die Nähe schon rein örtlich da, in der Olympiahalle als Support von Marteria war's irgendwie egal, aber jetzt vor 2000 Fans in der lange ausverkauften Tonhalle kommt's drauf an. Löst die deutsche Pop-Rap-Aufsteigerin der Stunde ihr Superstar-Versprechen ein? Ihr Debütalbum "Glas" zählt zu den fünf bestverkauften des Jahres, alle Feuilletons werden zu schwärmenden Teenies, bei "The Voice Kids" singen Kinder ihren Cocktail-Hit "Wildberry Lillet" über den Traum vom Berühmtsein. Nina Chuba hat das stellvertretend geschafft.

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Die Illusion ist, dass jetzt trotzdem noch "Alles gleich" ist: "Das Money stimmt / Doch trotzdem geht's mir nicht viel besser in grauen Givenchy-Pants." So rappt "das Mädchen aus der Kleinstadt" Wesel, das nach Berlin umgezogen ist. Glaubwürdig. Auch wenn sie sich immer etwa acht Jahre jünger gibt als ihre 24 Jahre, ist sie jetzt in der Lebensphase erster Weisheiten angekommen, Quarterlife-Crisis, könnte man sagen. Da schwingt dann hinter dem Party-Geprahle immer etwas Zerstörerisches mit, mal erwischt es die Großkotze ("Ich hass dich"), mal sie selbst ("Mit zweihundert km ∕ h / Glatteis / Autobahn / Ist mir alles scheißegal"). Im Konzert bringt sie das weniger nah herüber als auf Tiktok. Ein paar Stücke moderiert sie etwas unbeholfen mit der "Kennt ihr das Gefühl auch"-Tiktok-Masche an.

Mal schnutig, mal melodisch, immer fidel

Eine Nummer sei ihr besonders wichtig, sagt sie, die nach ihrer Rolle in der ZDF-Kinderdetektiv-Serie "Die Pfefferkörner" als Neunjährige ihren ersten Burnout hatte: "Es wird viel zu wenig über Depressionen gesprochen." Hm, den Eindruck muss man nach all den aktuellen Künstler-"Beichten" zwar nicht haben. Aber sie singt "Nicht allein" berührend, begleitet sich allein am Klavier, um zu zeigen, wie ernst ihr das ist.

Was hilft? In dem Alter denkt man noch: saufen. Also, was reimt sich alles auf Lillet, Gin, Kir Royal und Limoncello? Nina Chuba rappt es vor, mal schnutig, mal melodisch, mal peitschend, immer fidel. Zu schön variablem Sound von Seeed-Dancehall bis Industrial-Techno schlängelt sie sich im bauchfreien Top, schwingt die hüftlangen Bommel-Zöpfe und schwenkt animierend die Arme wie im "Oberbayern" in El Arenal. Für den Party-Moment passt das, für noch größere Hallen muss mehr kommen. In der Tonhalle ist schon für den 7. Mai 2024 im Zenith plakatiert.

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