Zwischennutzung "Neuperland":Wie der öde Hanns-Seidel-Platz in Neuperlach aufblühen soll

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Günes Seyfarth plant zusammen mit Michi Kern das kulturelle Zwischennutzungsprojekt "Neuperland". (Foto: Alessandra Schellnegger)

Gärtnern, Gastro, Gemeinschaft: Was Günes Seyfarth und Michi Kern beim Projekt "Neuperland" vorhaben - und warum es im Viertel auch skeptische Stimmen gibt.

Von Patrik Stäbler

Günes Seyfarth steht vor jenem Ort, der an Trostlosigkeit kaum zu überbieten ist, und gerät ins Schwärmen. Den Metallzaun vor ihr und die Steinwüste dahinter hat sie offenbar ausgeblendet, ebenso die Einöde und graue Tristesse dieses weitläufigen Platzes. Stattdessen sieht Günes Seyfarth vor ihrem geistigen Auge "eine grüne Oase" und eine "Dschungel-Explosion"; obendrein kletternde Kinder, picknickende Pärchen, einen Fußballplatz, Urban Farming, einen Kulturtreffpunkt, "und da vorne", sagt sie, den Zeigefinger nach rechts streckend, "kommt dann auch noch ein Sportgarten hin".

Kurzum, was aktuell eine eingezäunte Brachfläche direkt am Busbahnhof Neuperlach Zentrum ist, soll in wenigen Monaten zu einem "lebendigen Ort werden, an dem sich die Menschen wohlfühlen". Sagt Günes Seyfarth, die auch schon einen Namen für jene Stätte hat: Neuperland. So haben die 43-Jährige und ihr Mitgesellschafter Michi Kern das Zwischennutzungsprojekt am Hanns-Seidel-Platz in Neuperlach getauft, für das sie im November den Zuschlag von der Stadt erhalten haben.

Der Hanns-Seidel-Platz in Neuperlach ist an Trostlosigkeit kaum zu überbieten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Seither hat es hier einen Weihnachtsmarkt im Zirkuszelt, eine Faschingsfeier und ein Foodtruck-Festival gegeben, doch nun soll es bald richtig losgehen - mit der Umgestaltung der 3000 Quadratmeter großen Fläche sowie dem Bau eines Gemeinschaftshauses aus Containern, das unter anderem ein Café, Veranstaltungsräume und einen Start-up-Laden beherbergen soll.

Um ihre Pläne für das Areal vorzustellen und Anregungen aus der Bürgerschaft einzuholen, lädt das Neuperland-Team an diesem Dienstag um 18.30 Uhr zu einer Infoveranstaltung ins "Shaere" ein, wo Günes Seyfarth die "Community Kitchen" betreibt. Derweil hat ihr Kompagnon Michi Kern bereits diverse kulturelle Zwischennutzungen in München auf die Beine gestellt - etwa in einem ehemaligen Betonwerk in Obersendling, dem "Sugar Mountain", oder bei "Fluffy Clouds" auf dem Gelände des Bads Georgenschwaige in Schwabing.

Trotz dieser Erfahrung und des Erfolgs der "Community Kitchen" in Neuperlach hat es im Viertel durchaus auch skeptische bis kritische Stimmen zu den Plänen für den Hanns-Seidel-Platz gegeben. So hat der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach (BA) einen Antrag mit etlichen Verbesserungsvorschlägen beschlossen, wie das bis Ende 2026 geplante Zwischennutzungsprojekt "neuperlachgerecht optimiert" werden soll. Unter anderem mahnte der BA eine "intensive Kontrolle und Betreuung" des Geländes an und lehnte die ursprüngliche Idee eines Foodtrucks auf dem Areal ab.

"Die Kritik hat uns schon ein bisschen überrascht", sagt Günes Seyfarth - einerseits. Andererseits liege Neuperland nun mal an einem Ort, "der stark belegt ist mit historischem Ballast". Genauer gesagt sind es vor allem Enttäuschung, Zorn und Wut, die viele Menschen in Neuperlach mit dem Hanns-Seidel-Platz verbinden. Denn just dort, wo die Zwischennutzung geplant ist, sollte eigentlich längst jenes Kultur- und Bürgerhaus stehen, das die Stadt dem Viertel vor mehr als einem halben Jahrhundert versprochen hat. Doch trotz aller Ankündigungen ist man bisher nicht über zwei Interimsgebäude hinausgekommen. Und jetzt soll mit Neuperland also ein weiteres Provisorium folgen, was in der Nachbarschaft natürlich Erinnerungen an die jahrzehntelange Vernachlässigung weckt.

"Meine Hoffnung ist, dass wir hier in den nächsten zweieinhalb Jahren einen positiven Vibe entwickeln, sodass zumindest ein wenig von diesem Ballast verschwindet", sagt Günes Seyfarth. Ihr zufolge wird derzeit der Bauantrag für das zweistöckige Containergebäude ausgearbeitet, "das jedoch nicht nach Containern aussehen soll", wie sie betont. Laufe alles wie geplant, könnte das Gemeinschaftshaus bis Herbst stehen.

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Schon früher losgehen soll es im Westen des Geländes, wo ein Sportgarten mit Tischtennisplatten und Basketballkörben sowie Möglichkeiten zum Urban Gardening geplant sind. Im südlichen Teil sollen ein eingezäunter Fußballplatz, Klettergerüste und Spielgeräte entstehen. Überdies werde es auf dem gesamten Areal diverse Sitzmöglichkeiten, einen Open-Air-Lehmofen zum Grillen sowie viel Grün geben, kündigt Günes Seyfarth an. "Die Menschen in Neuperlach sollen diesen Ort nutzen können - in aktiver oder in entspannter Form."

All diese Pläne seien jedoch nicht in Stein gemeißelt, betont die Chefin der "Community Kitchen". "Wir wollen hier auch Dinge ausprobieren. Und vor allem: die Menschen durch Partizipation einbinden." Ein erster Schritt dorthin solle die Infoveranstaltung am Dienstag sein, für die sich bereits 70 Gäste angemeldet hätten, sagt Günes Seyfarth. "Ich denke, das zeigt das große Interesse der Menschen in Neuperlach, dass hier endlich etwas passiert."

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