Winterdienst:Stadt lockert das Salzverbot

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Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte in diesem Winter das Streuen von Salz zweimal erlaubt - per Ausnahmegenehmigung. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nach den chaotischen Zuständen in diesem Winter darf das Baureferat künftig Glätte auf Geh- und Radwegen mit schärferen Mitteln bekämpfen. Warum Privatleute dagegen weiter räumen oder Splitt streuen müssen.

Von Heiner Effern

Das Baureferat kann künftig bei extrem starken Schneefällen oder bei Glätte auf Geh- und Radwegen nach eigenem Ermessen Salz streuen. Das beschloss der Stadtrat am Mittwoch und lockerte damit das generelle Verbot, das in diesem Winter zweimal für chaotische Zustände gesorgt hat.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) griff jeweils nach einigen Tagen mit seinem Sonderrecht ein, als direkt gewähltes Stadtoberhaupt mit einer dringlichen Anordnung die entsprechende Satzung außer Kraft setzen zu dürfen. Künftig gibt es für den Einsatz von Salz oder Sole eine klare Regel: Wenn der Deutsche Wetterdienst die Warnstufe drei für starken Schneefall mit anschließender Kälteperiode oder für gefährliche Glätte ausruft, dann kann das Baureferat ätzende Stoffe ausbringen.

Das gilt allerdings nur für den städtischen Winterdienst, der für alle Wege innerhalb des sogenannten Vollanschlussgebiets, also der Flächen innerhalb des Mittleren Rings, zuständig ist. Privatpersonen, die außerhalb davon wohnen und zur Pflege des Gehsteigs vor ihrem Haus verpflichtet sind, dürfen dagegen weiter kein Salz ausbringen, sondern nur Splitt oder ähnliche abstumpfende Materialien.

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Die Ausnahmeregel solle bei extremen Wetterlagen "hoch frequentierte öffentliche Verkehrsflächen" sicherer machen, erklärte ein Sprecher des Baureferats. Diese lägen meist "natürlich innerhalb des Vollanschlussgebiets". Das Baureferat fürchtet, dass Privatpersonen im Gegensatz zum professionellen Winterdienst Salz in nicht fachmännischer und ausreichend dosierter Weise streuen könnten.

OB Reiter hatte mehr Zutrauen in seine Münchnerinnen und Münchner oder eine andere Vorstellung von Verkehrssicherheit. Er hatte in seinen beiden Anordnungen auch Anliegern außerhalb des Vollanschlussgebiets das Streuen von Salz erlaubt. Das erste Mal geschah das am 7. Dezember, als es am Wochenende davor in München knapp einen halben Meter geschneit und der Frost in den folgenden Tagen die Stadt weitgehend lahmgelegt hatte. Die zweite Anordnung des Oberbürgermeisters, das Salzverbot außer Kraft zu setzen, lief an diesem Mittwoch ab. Reiter hatte diese am 11. Januar, also kurz nach den Weihnachtsferien, nach Schneefall und tagelanger Glätte erlassen.

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Bei der Verkündung hatte der Oberbürgermeister Druck auf das Baureferat und den Stadtrat gemacht, sich bald eine andere Lösung zu überlegen. Seine Anordnungen hätte vermieden werden können, "wenn der Stadtrat den Einsatz von Streusalz in extremen Einzelfällen grundsätzlich genehmigt hätte", beschwerte sich Reiter in einer Mitteilung. "Das war bisher so nicht gewollt." Das zuständige Baureferat solle eine Regelung in den Stadtrat einbringen, dass es künftig "im Ausnahmefall selbst entscheiden kann" und bei erneuter Glätte keine Verzögerungen beim effektiven Räumen entstünden.

Dem ist Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (Grüne) nun nachgekommen. In ihrer Beschlussvorlage weist sie allerdings darauf hin, wie grundsätzlich schädlich ätzende Stoffe zur Schnee- und Eisbekämpfung sind. Wenn Salz oder Sole in die Grünstreifen am Rand der Geh- oder Radwege liefen, würden viele Bäume "massiv und irreversibel" beschädigt, erklärte Ehbauer mit Verweis auf entsprechende Studien. Dazu entstünden der Stadt Kosten, wenn Denkmäler oder Brücken beschädigt würden. "Wir werden jetzt nicht überall Massen von Salz ausbringen", sagte sie im Stadtrat. Sondern nur dort, wo es zur Sicherheit des Verkehrs nötig sei.

Doch mit der neuen Salzregel wird die Reform des Winterdiensts nicht enden. Seit diesem Winter läuft ein Versuch, Radwege auf sieben ausgewählten Straßen bei Bedarf immer mit Sole oder Salz freizuhalten. Dazu werden Räumfahrzeuge mit neuen Besen getestet, die Geh- und Radwege viel effektiver von Schnee befreien sollen. Im März soll sich der Stadtrat erneut mit dem Winterdienst befassen, im Jahr 2025 soll ein neues, differenziertes Konzept speziell für Gehwege vorliegen.

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