Verkehr in München:Auto-Liebhaber beeinflussen gezielt städtische Umfrage

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Mehr ein Gegen- denn ein Miteinander: Auch bei der Umfrage zeigte sich, wie sehr die Fronten zwischen Auto- und Radfahrern verhärtet sind. (Foto: Stephan Rumpf)

Per Online-Befragung sollte ein Stimmungsbild zum Thema Verkehr in München erstellt werden - anonym und offen für alle. Dann riefen bundesweite Automobilnetzwerke zur Teilnahme auf.

Von Andreas Schubert

Die Stadt München hat sich das Ziel gesetzt, den Verkehr bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu bekommen. Die theoretische Grundlage für dieses Vorhaben ist die "Mobilitätsstrategie 2035". Weil das Mobilitätsreferat die Verkehrsteilnehmer selbst nicht außen vor lassen will, hat es Ende März eine dreiwöchige Online-Umfrage gestartet, bei der die Teilnehmer ihre Prioritäten zu 19 Themengebieten im Straßenverkehr benennen und Wünsche äußern konnten.

Mehr als 18 000 Teilnehmer haben sich für ihre Bewertungen und Anregungen Zeit genommen. Wie viel diese tatsächlich Wert sind, wird das Referat noch herausfinden müssen. Denn zum einen durften nicht nur Münchnerinnen und Münchner mitmachen, sondern anonym jeder und jede, egal ob aus Giesing oder Görlitz. Zweitens haben offenbar Verfechter des ungebremsten Autoverkehrs die Umfrage gezielt beeinflusst.

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"Die Teilnahme am Onlinedialog wurde bewusst so barrierearm wie möglich gestaltet, um eine große Zahl an Rückmeldungen zu erhalten", sagt das Referat dazu, und: "Diese Beteiligungsform wurde bewusst gewählt, um ein Meinungsbild einzufangen." Weiterhin habe man festgestellt, "dass insbesondere nach den Aufrufen zur Teilnahme an unserem Online-Dialog in bundesweiten Automobilnetzwerken, merkliche Veränderung in den Ergebnissen festzustellen sind". Die Online-Beteiligung sei deshalb zwar erkenntnisreich, aber nicht repräsentativ.

Bei der Befragung kam zum Beispiel heraus, dass das Auto nach wie vor einen hohen Stellenwert besitzt. Knapp 72 Prozent werteten das Thema motorisierter Individualverkehr als sehr wichtig. Es gibt dazu Kommentare wie "Das wichtigste Verkehrsmittel. Selbst in München", aber auch gegenteilige Positionen wie "Autos raus aus der Stadt".

Das Thema Radverkehr werteten gut 52 Prozent als unwichtig und nur gut 26 Prozent als sehr wichtig. Den öffentlichen Nahverkehr werten die Teilnehmenden zu fast 38 Prozent als sehr wichtig und immerhin noch knapp 22 Prozent als wichtig. 21 Prozent halten den ÖPNV dagegen für unwichtig, knapp 19 Prozent für weniger wichtig. Von 1482 Antwortenden kreuzte nur eine Person an, den ÖPNV täglich zu nutzen. Beim Thema Fußverkehr halten sich die Tendenzen wichtig und unwichtig in etwa die Waage.

Fußgänger schimpfen auf Radfahrer, die schimpfen auf Autofahrer

Sehr schlecht kommt die "Shared Mobility" weg, also das Teilen von Autos, Rollern oder Fahrrädern. Fast 72 Prozent halten das Thema für unwichtig oder weniger wichtig. Manche Teilnehmer scheinen sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen und fordern etwa ein breiteres Angebot. Im späteren Verlauf der Umfrage abgegebene Kommentare sprechen sich indes mehrheitlich gegen Carsharing und für mehr Parkplätze aus.

Das Mobilitätsreferat will die Ergebnisse nun fachlich auswerten. Was man auch als Laie schon jetzt aus den Kommentaren herauslesen kann, ist, dass sich die Teilnehmenden relativ unversöhnlich gegenüberstehen. Fußgänger schimpfen auf Radfahrer, die wiederum auf Autofahrer und Fußgänger schimpfen. Viele Autofahrer wiederum wettern gegen alles, was keinen Motor und keine vier Räder hat.

Und dann gibt es auch noch Stimmen wie diese: "Fußverkehr ist in meinen Augen kein richtiger Verkehr, da er nicht wirklich der Fortbewegung gilt. Man geht nur vom Auto zum Geschäft, beispielsweise." Immerhin räumt Herr oder Frau Anonym ein, dass für Spaziergänge Grünanlagen zur Verfügung stehen sollten - natürlich "mit ausreichend Parkmöglichkeiten".

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