Erhalt von Mietwohnungen:München kann Mieterinnen und Mieter bald besser schützen

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Bald könnte könnte die Stadt es weitgehend verbieten, dass Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Die Landesregierung muss die Regelung noch verabschieden. Oberbürgermeister Reiter sieht allerdings Schwachpunkte.

Von Sebastian Krass

Die Stadt kann voraussichtlich bald in ganz München verbieten, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln - wenn das Gebäude mindestens zehn Wohneinheiten hat. Das zumindest sieht der Entwurf für eine entsprechende Verordnung aus dem bayerischen Bauministerium vor. Bisher gibt es ein solches "Umwandlungsverbot" nur in Gebieten mit einer sogenannten Erhaltungssatzung, zu denen in der Stadt derzeit 201 000 Wohnungen mit etwa 347 000 Einwohnerinnen und Einwohnern gehören, was knapp einem Viertel der Bevölkerung Münchens entspricht.

Mit der neuen Regelung, die das bayerische Kabinett noch im ersten Quartal dieses Jahres verabschieden soll, aktiviert der Freistaat einen Passus aus dem "Baulandmobilisierungsgesetz" des Bundes von 2021, der für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt. Die SPD hatte das stadtweite Umwandlungsverbot (genau genommen handelt es sich um einen Genehmigungsvorbehalt für die Kommunen) gegen Bedenken des damaligen Koalitionspartners CDU/CSU ins Gesetz hineinverhandelt, um Mieterinnen und Mieter besser vor Vertreibung aus ihren Wohnungen zu schützen.

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In dem Entwurf für die Verordnung, über den die Immobilien-Zeitung zuerst berichtet hat, sind insgesamt 50 bayerische Kommunen aufgeführt, die für ein Umwandlungsverbot in Frage kommen. Darunter sind etwa Nürnberg und Augsburg, aber auch Städte und Gemeinden aus dem Münchner Umland wie Fürstenfeldbruck, Dachau, Haar, Grafing, Tutzing oder Eching. Diese "Gebietskulisse" könnte sich bis zur Verabschiedung noch ändern. München aber wird auf jeden Fall dabei sein.

Was sich ebenfalls noch ändern könnte, ist der Schwellenwert, ab dem das Umwandlungsverbot gilt. Das Bundesgesetz sieht einen Rahmen von drei bis 15 Wohnungen vor. Das Bauministerium schlägt nach eingehenden Untersuchungen den Wert zehn vor. Ein Haus mit neun oder weniger Wohneinheiten wäre also vom Umwandlungsverbot nicht betroffen.

Die Verzögerung hat zu erheblichem Verdruss geführt

Die Details der Regelung könnten noch einmal Thema in der bayerischen Regierungskoalition werden. Die Freien Wähler im Landtag nämlich finden, dass das stadtweite Umwandlungsverbot "die Eigentümerrechte massiv beschneidet und den bürokratischen Aufwand steigert", wie ihr wohnungspolitischer Sprecher Hans Friedl sagt. Die Regelung widerspreche "allem, wofür wir Freien Wähler stehen. So schafft man keinen neuen Wohnraum."

Bauminister Christian Bernreiter (CSU) gibt auf Anfrage keine Bewertung des Umwandlungsverbots ab. Sein Sprecher beantwortet nur Fragen zum Prozedere. Das Baulandmobilisierungsgesetz hatte der damalige CSU-Bundesbauminister Horst Seehofer gegen Widerstände in seiner Partei durchgeboxt. Dass der Freistaat zwei Jahre braucht, um das Umwandlungsverbot umzusetzen, hat in der Münchner Kommunalpolitik für erheblichen Verdruss gesorgt.

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Das wirft Münchens grün-rote Koalition der Staatsregierung vor. Denn das neue Gesetz wurde zwar bundesweit beschlossen, der Freistaat muss aber erst noch Verordnungen erlassen. Und das dauert offenbar.

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Nun, da die Regelung in Sicht ist, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD): "Spät, aber immerhin." Er kritisiert aber, dass die - laut Bernreiter zum Schutz von Kleineigentümern angesetzte - Schwelle von zehn Wohnungen "zu hoch" sei. "Um den Anwendungsbereich nicht zu stark zu begrenzen, sollte das Umwandlungsverbot bereits für Wohngebäude ab fünf Wohnungen greifen. Denn wir wollen möglichst viele Mietwohnungsbestände erhalten."

Die größte Stadtratsfraktion von Grünen/Rosa Liste nennt die Neuregelung "lang ersehnt, aber willkommen". Man habe "befürchtet, dass die Staatsregierung, die so lange blockiert hat, auf den Maximalwert von 15 Wohneinheiten geht", sagt Grünen-Stadtrat Bernd Schreyer. "Zehn sind aus unserer Sicht eigentlich zu viel, aber gerade noch erträglich." Er kritisiert aber, dass das Bundesgesetz zu viele Ausnahmen für das Umwandlungsverbot zulasse, etwa "wenn das Grundstück zu einem Nachlass/Vermächtnis gehört oder Wohnungseigentum zugunsten von Miterben begründet werden soll".

Das Thema könnte strittig bleiben - denn die Regelung ist befristet

Skeptisch verfolgt die Stadtrats-CSU die neue Entwicklung. Der Freistaat habe das Gesetz im Bundesrat mitgetragen, da sei es "nur konsequent, wenn nun diese Verordnung auch umgesetzt wird", sagt Heike Kainz, planungspolitische Sprecherin der größten Oppositionsfraktion CSU/Freie Wähler. Die Schwelle von zehn Wohnungen hält sie für "richtig". Allerdings, sagt sie, "bin ich mir nicht sicher, ob diese Maßnahme den erhofften Schutz für die jetzigen Mieterinnen und Mieter bringt." Der wichtigste Faktor, um den Wohnungsmarkt in München zu entlasten, sei "nach wie vor der Neubau".

Auch wenn das stadtweite Umwandlungsverbot, wie von der Staatsregierung geplant, in den nächsten Wochen in Kraft tritt, könnte das Thema strittig bleiben. Die Regelung im Bundesgesetz ist nämlich bis Ende 2025 befristet. Es ist also an der Ampel-Koalition, über eine Verlängerung oder Entfristung des Instruments zu entscheiden - das die FDP ebenfalls kritisch sieht.

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