Schwabing:Taxi-Prototyp mit E-Antrieb rollt durch München

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  • Seit Donnerstag sind drei Fahrzeuge der Initiative "Adaptive City Mobility" im Neubaugebiet auf dem ehemaligen Domagk-Kasernenareal unterwegs.
  • Die Testfahrer mussten sich zuvor beim Umweltverein Green City bewerben und werden noch bis Samstag Runden drehen und ihre Meinung abgeben.
  • Fast sieben Jahre lang haben zehn Unternehmen und Forschungseinrichtungen das Mini-Taxi mit E-Antrieb entwickelt. Ursprünglich war ein größerer Feldversuch geplant.

Von Marco Völklein

Sieht so das Taxi der Zukunft aus? Nur 3,30 Meter kurz, 550 Kilogramm leicht, kurze Stummelschnauze und schmale Rädchen, mit Elektroantrieb unter der Carbonhaut und Wechselakkus im Unterboden? Wenn es nach Paul Leibold geht, dann werden solche Flitzer schon bald durch viele Innenstädte rollen, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Denn die Städte dort, sagt der Automobilentwickler, stünden alle vor ähnlichen Problemen: verstopfte Straßen, Staus, Belastungen durch Luftschadstoffe und Lärm. Der kleine Flitzer, den Leibold im Rahmen der Initiative "Adaptive City Mobility", kurz: ACM, entwickelt hat, soll dabei helfen, all diese Probleme zu lösen.

Seit Donnerstag sind drei ACM-Fahrzeuge im Neubaugebiet auf dem ehemaligen Domagk-Kasernenareal unterwegs. Im Vorfeld konnte man sich beim Umweltverein Green City als Testfahrer bewerben, etwa 25 Anmeldungen seien eingegangen, sagt Alexandra Bensler von Green City. Die Testfahrer werden noch bis Samstag Runden drehen und ihre Meinung abgeben. Die Frage, die dabei laut Leibold im Mittelpunkt steht: Können sich die Menschen vorstellen, ein solches Taxi zu nutzen?

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Die ACM-Entwickler meinen: selbstverständlich. Denn eigentlich brauche man für die allermeisten Taxifahrten, bei denen ein oder zwei Personen plus Gepäck befördert werden müssen, keine tonnenschweren Limousinen. Ein kleines, leichtes Fahrzeug genüge, das Platz biete für einen Fahrer (der sitzt beim ACM vorne in der Mitte) und zwei Passagieren im Fond. Raum für einige Gepäckstücke gibt es auch noch. Fertig ist das Klein-Taxi.

Fast sieben Jahre lang haben zehn Unternehmen und Forschungseinrichtungen das ACM-Fahrzeug entwickelt. Insgesamt 24 Millionen Euro flossen in das Projekt; allein 13 Millionen Euro davon kamen vom Bundeswirtschaftsministerium, welches das Mini-Taxi mit E-Antrieb als "Leuchtturmprojekt" gefördert hat. Erst vor zwei Wochen hat der TÜV die Straßenzulassung für sechs Prototypen-Fahrzeuge erteilt, drei davon rollen nun zweieinhalb Tage lang durch den Münchner Norden.

Geplant war allerdings mal, dass ein sehr viel größerer Feldversuch stattfindet. Ursprünglich hatten Leibold und die Mitentwickler von Green City geplant, eine ganze Flotte mehrere Wochen lang durch München zu schicken - und zwar eigentlich schon Anfang 2015. Später hieß es, im Sommer 2017 werde es so weit sein, dann war von Anfang 2018 die Rede. Bei einem solchen Großversuch hätte man auch sehen können, ob nicht nur das Mini-Taxi fährt, vielmehr hätte sich gezeigt, ob das gesamte ACM-Konzept funktioniert: Denn das sah vor, dass die Autos mittels einer parallel entwickelten Software zwischen verschiedenen Flottenbetreibern getauscht werden.

Morgens wäre ein ACM-Fahrzeug beispielsweise als Carsharing-Auto angeboten worden, mittags hätte es ein Paketbote für die Auslieferung von Päckchen genutzt. Später wäre es dann von einem Pizzaboten und nachts von einem Taxifahrer übernommen worden. Denn dank der Software und den Wechselakkus, sagt Leibold, sei das ACM ein Auto, das quasi nie irgendwo rumsteht, sondern fast immer genutzt werden kann - von den verschiedenen Flottenbetreibern eben, die digital miteinander vernetzt sind.

Dann aber kam es "zu Verzögerungen im Projekt", wie Leibold sagt. Einen groß angelegten Testlauf wird es nun nicht geben. Im Herbst "endet das Projekt", sagt auch Green-City-Vertreterin Bensler nur achselzuckend. Und wird das Mini-E-Taxi jemals in Serie gebaut? Auch das lässt sich schwer abschätzen. Leibold sagt nur: "Wir sind in Gesprächen."

© SZ vom 23.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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