Landshuter Allee:Neues Umspannwerk soll in Neuhausen entstehen

Lesezeit: 3 min

Die Stadtwerke wollen mit dem Bau des Millionen-Projekts am Mittleren Ring beginnen. Doch der architektonische Entwurf stößt bei Experten auf Ablehnung - trotz der grünen Fassade.

Von Sebastian Krass

Es wird eine Baustelle und später eine Fassade, an der jeden Tag viele Tausend Menschen vorbeikommen: Die Stadtwerke München (SWM) planen am Mittleren Ring, direkt an der Landshuter Allee, den Neubau eines Umspannwerks. Wenn es fertig ist, soll es das direkt nebenan gelegene bisherige Umspannwerk Neuhausen ablösen, dessen technische Ausstattung nach Auskunft eines SWM-Sprechers "das Ende ihrer Betriebsdauer erreicht" hat. Um die "Versorgungssicherheit des Viertels auch in Zukunft zu gewährleisten", sei der Neubau nötig, in den die SWM "einen zweistelligen Millionenbetrag" investieren.

Das künftige Umspannwerk entsteht auf einem bisher unbebauten Teil des Gesamtgrundstücks an der Landshuter Allee 48, direkt nördlich anschließend an das Eckgebäude zur Nymphenburger Straße. Es wird eine begrünte, etwa 13 Meter hohe Fassade haben. Und es wird mit 46 Metern Länge und 14 Metern Tiefe nur noch etwa ein Drittel der Fläche des bisherigen Umspannwerks einnehmen. So entsteht nach dem Abriss eine neue freie Fläche in städtischem Eigentum.

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Für die Nachnutzung gebe es "bereits erste Ideen", sagt der SWM-Sprecher, etwa für den Bau zusätzlicher Werkswohnungen, "aber noch keine konkreten Pläne". Weil das Bauvorhaben so prominent gelegen ist, befasste sich am Dienstagabend die Stadtgestaltungskommission mit dem Entwurf des Münchner Architekturbüros Wurmer. Sie kam allerdings zu einem einhellig ablehnenden Urteil und ordnete eine Wiedervorlage an.

Es gibt in München ein Vorbild für dieses Projekt: das neue Umspannwerk Schwabing am Elisabethplatz. Es ist nicht nur von Größe und technischem Stand vergleichbar. Auch städtebaulich gab es dort eine ähnliche Entwicklung: Mit dem Abriss des alten Werks entstand eine neue Fläche, auf dem die Stadtsparkasse, die das Grundstück den SWM abkaufte, einen Wohn- und Geschäftskomplex plante.

"Was ist die Aussage des Gebäudes?"

In seiner Präsentation für das Projekt in Neuhausen erläuterte der Architekt Andreas Wurmer das Fassadenkonzept, das geprägt von vier Eingängen zu den Räumen ist, durch die vier riesige Transformatoren ins Gebäude transportiert werden müssen. Diese Eingänge werden nach dem Einbau zugemauert, sie sollen dann verputzt und mit wildem Wein bepflanzt werden. Der Rest der Fassade soll zu großen Teilen aus Metallverkleidungen bestehen, die teils mit einem Lochmuster verziert sein sollen.

"Was ist die Aussage des Gebäudes? Was wollen Sie damit vermitteln?", fragte der Berliner Architekt Piero Bruno in der Diskussion der Stadtgestaltungskommission, die die Stadt zu Bauprojekten von besonderer Bedeutung berät. "Ich habe den Eindruck, das Gebäude darf eigentlich nicht da sein, und deshalb dekorieren und verkleiden Sie es mit allem, was Sie zur Verfügung haben." Ihm erschließe sich aber nicht, wie Grün, Putz und Metall "so zusammenkommen".

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Man merke der Planung eine "liebevolle Behandlung des technischen Bauwerks an und das Bemühen, es vertretbar in den Stadtkörper einzubauen", sagte die Münchner Architektin Karin Schmid. Sie habe aber den Eindruck, der Entwurf verleugne den technischen Charakter, stattdessen solle man die Identität des Gebäudes stärker betonen und womöglich "nicht differenzieren zwischen der zurückgesetzten Putz- und der Metallfassade".

Der Architekt Matthias Sauerbruch (Berlin) urteilte noch grundsätzlicher: "Mit dieser Fassade ist das kein befriedigendes Bild. Das würde ich unter keinen Umständen zur Umsetzung empfehlen." Er regte an, einen Fassadenwettbewerb durchzuführen, "in dem Architekten mit Künstlern gemeinsame Vorschläge machen" und erst dann über das Projekt zu entscheiden.

Noch höher, noch besser nutzbar

Die Grünen-Stadträtin Anna Hanusch, die die Sitzung leitete, fasste zusammen, die Kommission verstehe "gewisse Zwänge bei dem Projekt". Aber man wolle sich von den SWM noch einmal darstellen lassen, welche Überlegungen hinter der Planung stehen. Cornelius Mager, Leiter der Lokalbaukommission, nahm daran anschließend eine weitere Anregung aus der Kommission auf: "dass wir an die Stadtwerke die Frage herantragen", ob man noch ein oder zwei Geschosse für eine andere Nutzung oben drauf setzen könne. Er plädierte für eine neue Vorstellung in der nächsten Sitzung in zwei Monaten.

Die SWM haben für das Bauvorhaben bereits einen Zeitplan aufgestellt. Demnach soll die Baugrube schon von April dieses Jahres an ausgehoben werden, der Rohbau soll von Juli an entstehen und Anfang 2023 fertig werden. Danach dauert es eine Weile, bis die Technik eingebaut. Das Umschalten vom alten auf das neue Werk ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Danach soll das alte Gebäude Platz für Neues machen. Die Stadtwerke München betreiben aktuell 33 Umspannwerke und zwei Hauptumspannwerke, weitere Neubauten sind derzeit nicht geplant.

© SZ vom 17.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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