Superbloom im Olympiapark:Alles so schön bunt hier

Lesezeit: 2 min

Etwa 50 000 Menschen kamen zur ersten Auflage des Superbloom - hier das Publikum von Purple Disco Machine auf der Superstage. (Foto: Florian Peljak)

Das Festival mit 50 000 Besucherinnen und Besuchern nimmt Diversität ernst. Die Veranstalterin kündigt eine Neuauflage fürs kommende Jahr an und verspricht Abhilfe bei den Engstellen auf dem Gelände.

Von Ralf Dombrowski

Ganz tief drin will auch der Wacken-Mann nur geliebt werden. Er kann es eben nicht so zeigen. Würde er aber seine Kutte im Schrank lassen und sich blumig, bunt und unbeschwert bewegen, hätte er schon wenige Wochen nach dem Metal-Event im Norden der Republik die Alternative in deren Süden erleben können. Er wäre mit offenen Armen beim Superbloom empfangen worden, auch wenn er nicht zur Zielgruppe zählt. Denn das Festival im Olympiapark nimmt Diversität in die Mitte seiner Leistungsbeschreibung, zusammen mit Achtsamkeit, Umsicht und dem häufig auch über Durchsagen betonten Aufeinander-Achten der Menschen auf dem Gelände.

Anstatt der Phalanx der Münchner Brauereien findet man Pop-up-Bars und Catering aus aller Welt, Abfüllstationen für Freiwasser und reichlich Spielareale, wo Kindsköpfe und Nachwuchs sich austoben können. Nachdenken ist gefragt im Your-Planet-Bereich, wo man Panels zu Fragen wie Mediennutzung oder Inklusion mitverfolgen und sein Engagement für die Welt reflektieren kann. Bildende Kunst und Tanz finden sich auf dem Gelände, immer wieder machen Stelzenläufer, Impulstrommler und Schrottroboter die Runde.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Das Konzept funktioniert, Superbloom ist in seinem ersten Jahr mit rund 50 000 Besucherinnen und Besuchern ausverkauft, die Fortsetzung wurde für das erste Septemberwochenende 2023 angekündigt. "Spaß ist unfassbar wichtig", meinte Fruzsina Szép, Festivaldirektorin des Superbloom, und gab auch zu bedenken, dass es trotz aller Erfolgseuphorie noch einiges zu verbessern gilt. Thema Nummer eins etwa war die Lenkung der Menschenströme, neudeutsch "Crowd Management". Denn das Festivalgelände hatte Engstellen, an denen sich die Massen ballten. Die Entscheidung etwa, das Olympiastadion nur von einer Seite zu öffnen, mag dem postepidemischen Personalmangel geschuldet gewesen sein. Für das Publikum bedeutete es Ärger, von Wartezeiten und Enge bis hin zu den Headliner-Konzerten vor allem am Samstag, die nicht von allen gesehen werden konnten.

60 Konzerte in zwei Tagen - wie Streaming als Real-Erfahrung

Es gab auch Grenzen im Programm. Während vor den großen Bühnen die Menschen ihre Sause feierten, sammelten sich gerade mal ein paar Handvoll Interessierte bei den stellenweise bildreich famosen Tanz-Performances auf dem Spectacular-Podium im Olympiasee. Die Botschaft der Vielfalt war klar, nur führte sie insgeheim zur Überfülle der Genussoptionen. Alles auf einmal, vieles instagrammable, 60 Konzerte in zwei Tagen an einem Ort, unterm Strich pauschal konsumierbar, das war ein wenig wie Streaming als Real-Erfahrung ohne qualitative Vorentscheidung für das Publikum, außer rechtzeitig vor dem Stadiontor zu stehen, wenn man noch hinein wollte.

Das Ergebnis war ungemein friedlich, bunte Menschen strömten, man sah kaum jemanden mit Schlagseite und auch die Sanität wirkte vergleichsweise entspannt. Aber es gab auch wenig, was vom Mainstream der Wokeness abwich. Und das galt vor allem für die Musik. Rock kam kaum vor, Kraftklub war unter diesen Vorzeichen schon exotisch. Kabarett auf großer Bühne bekam mit Kurt Krömer und Kaya Yanar seine Chance, polternd bis scharfzüngig, nicht immer verständlich, weil die Olympiahalle ein akustisches Mysterium bleibt. Vieles war Elektropop plus/minus Hip-Hop, wahlweise Indie, Künstlerinnen wie Megan Thee Stallion, Rita Ora, Anne-Marie.

Und die Männer? Ebenfalls sehr divers. Der hinreißende Lieblingsbariton der deutschen Popmusik Henning May mit Empfindsamkeit auf Stadiongröße. Alan Walker, Calvin Harris, Macklemore, Formatgestalten der Streamingwelt mit feiertauglichem Verwechslungspotenzial. David Guetta, ein Pyrotechniker und Lichtmagier am DJ-Pult mit Clubbing der gestalterischen Superlative. Alles auf den Punkt schließlich brachte Stromae. Er schlüpfte nicht nur in die Kostümrolle eines androgynen Phantasie-Poppagen, sondern schuf sich auf großer Leinwand im Hintergrund einen Avatar, der das Geschehen kommentierte. Dabei wirkte er nahbar, charmant, wie ein Prototyp des Festivalgedankens. Und wie eine Zielvorgabe fürs kommende Jahr, mit Ernst und Augenzwinkern.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Superbloom in München
:Pop, Blitz und Donner

50 000 Menschen kommen zum ersten Superbloom-Festival im Olympiapark und sind begeistert von 60 Bands und einem engagierten Programm mit Zirkus, Mode und Wissenschaft. Doch die Stimmung wird durch Unwetter und eine Stadionsperrung getrübt.

Von Ralf Dombrowski, Anna Weiß und Michael Zirnstein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: