Prozess um Starnberger Dreifachmord:Viele Zeugen, wenig Erkenntnisgewinn

Lesezeit: 2 min

Diffuse Aussagen und Verteidiger, die sich gegenseitig kritisieren: Der Prozess um den Starnberger Dreifachmord gestaltet sich langwierig.

Von Christian Deussing

Auch am 17. Prozesstag schweigen Maximilian B. aus Olching und der Mitangeklagte Samuel V. im Gericht des Stadelheimer Gefängnisses. Verhandelt wird der sogenannte Dreifachmord von Starnberg vor der Jugendkammer am Landgericht München II. Bei dem Verbrechen war eine Familie in der Nacht zum 11. Januar 2020 in ihrem Haus umgebracht worden. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass der 21 Jahre alte Angeklagte B. zuerst seinen 21-jährigen Freund, einen Büchsenmacherlehrling, und danach dessen Eltern erschossen hat, um wertvolle und illegale Waffen aus dem Anwesen zu stehlen. Samuel V. soll laut Anklage in den Mordplan eingeweiht gewesen sein und den Schützen zum Tatort gefahren und dort wieder abgeholt haben. Den Angeklagten werden auch Raubüberfälle und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen. Doch wusste Samuel V. tatsächlich von einem Mordplan?

Anhand von GPS-Daten seines Handys rekonstruierten die Ermittler die Wegstrecken des Autos in Starnberg, das Samuel V. in der Mordnacht gefahren haben soll. Um 2.45 Uhr habe sein Wagen drei Gehminuten vom Tatort-Anwesen geparkt, berichtete am Donnerstag eine Kripobeamtin, die auch die Chatverläufe auswertete. Zu der Zeit habe zwischen den beiden Angeklagten eine "rege Kommunikation geherrscht", sagte die Fahnderin vor Gericht.

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:Was geschah in der Nacht des Starnberger Dreifachmords?

Ein Video vom Tatort belastet Maximilian B., doch er und der zweite Angeklagte schweigen weiter. Die Verteidiger halten ein Familienverbrechen für möglich, eine frühere Schulbegleiterin soll den Sohn gar als "tickende Zeitbombe" bezeichnet haben.

Von Andreas Salch

Der Indizienprozess soll noch mindestens bis Mai nächsten Jahres dauern. Die Verteidiger von V., Alexander Stevens und Alexander Betz, haken in der Verhandlung immer wieder ein. Sie monieren "unzulässige Vernehmungsmethoden" der Kripo Fürstenfeldbruck oder rügen, dass polizeiliche Ermittlungserkenntnisse und Akten ihnen vorenthalten worden seien - was die Staatsanwälte als haltlos zurückweisen. Beide Anwälte behaupteten auch, dass das Verfahren "unfair" sei und die Verteidigung behindert werde. Sie sind von der Unschuld ihres Mandanten Samuel V. überzeugt.

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Dagegen ärgert sich Verteidiger Gerhard Bink, der den Hauptangeklagten B. vertritt, über das Verhalten seiner Kollegen. Er hielt ihnen vor, dass sie entweder den Prozess verzögerten oder ihn zum Platzen bringen wollten. Bink fragte sie, ob man eigentlich dem Mandanten oder nur dem eigenen Ego nutzen wolle?

Die Vorsitzende Richterin Regina Holstein lässt sich nicht beirren und behält die Fäden im Verfahren in der Hand. Kriminalisten und Experten erläutern unter anderem Blutspuren und DNA-Abwischungen an Patronenhülsen und an einem Pistolenabzug. Die Erkenntnisse belasten Maximilian B., der die toten Opfer auf seinem Handyvideo gefilmt hatte. Ermittler und die digitale Forensik haben ein großes Datenpaket von Chats und Videos auf den Handys einer waffenbesessenen Clique wieder sichtbar gemacht. Zu der Gruppe gehörte auch der tote Büchsenmacherlehrling.

Das Gericht vernahm Verwandte und Freunde der Starnberger Familie: Es ist von Konflikten und auch psychischen Problemen des Sohnes die Rede - von dem die Kripo zuerst annahm, dass er seine Eltern und sich selbst erschossen haben könnte. Ein Freund aus der Clique soll als "Honk" gemobbt worden sein. Der 19-Jährige hatte Amokläufe auf seinem Handy gespeichert. Der Zeuge sagte aber im Prozess nur wenig, wohl auch aus Angst vor den Blicken seiner Ex-Freunde. Vorgeführt wurden zudem frühere Mitgefangene der Angeklagten aus der U-Haft. Ein 22-Jähriger, der dort Maximilian B. begegnet war, erzählte von "geplanten Amokläufen". Man habe den Starnberger töten müssen, um dies zu verhindern. Es klang diffus und nicht stichhaltig.

© SZ vom 01.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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