Wahlkampf in München:Bekenntnisse auf der Dachterrasse

Lesezeit: 2 min

Ministerpräsident Markus Söder und Susanne Hornberger, die CSU-Direktkandidatin für den Stimmkreis München-Mitte, diskutierten auf der Dachterrasse des Hotels Deutsche Eiche über die Belange der queeren Community. (Foto: Robert Haas)

An einem symbolträchtigen Ort bekräftigt Ministerpräsident Markus Söder, dass es endlich auch in Bayern einen Aktionsplan für die LGBTIQ-Community geben wird - aber erst nach der Landtagswahl.

Von Joachim Mölter

Wenn das so weitergeht, wird die Deutsche Eiche in der Reichenbachstraße noch zum Stammlokal des CSU-Kreisverbands München-Mitte. Bereits zum zweiten Mal in diesem Sommer hatte Kreischef Hans Theiss zu einer Veranstaltung auf die Dachterrasse des als Treffpunkt der schwul-lesbischen Szene bekannt gewordenen Hotels geladen. Erstmals im Juni, um die Wogen zu glätten, die er mit seiner Kritik an einer Drag-Lesung für Kinder in der Stadtbibliothek ausgelöst hatte. Und nun am Dienstag, um zu demonstrieren, dass die Münchner Großstadt-CSU sich ernsthaft mit der queeren Community auseinandersetzen will: Verkörpert wurde dieses Bestreben durch niemand geringeren als Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder.

Der mit Jeans, einem Reißverschluss-Polo und einem Freizeitsakko betont leger auftretende Söder beeilte sich umgehend zu versichern, dass er nicht zum ersten Mal auf dieser Terrasse sei, "eine der coolsten Locations, die wir hier in München haben". Er habe sich dort schon einmal mit Dietmar Holzapfel getroffen, dem Besitzer der Deutschen Eiche und Vorkämpfer der Münchner Homosexuellen-Bewegung, erzählte Söder. Und dass er doppelt so lange geblieben sei wie geplant; "das lag am Essen", das Holzapfel servieren ließ, einem sauren Lüngerl.

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Er habe sich lange nicht vorstellen können, dass er mal einen bayerischen Ministerpräsidenten mit Handschlag in seinem Gasthaus begrüßen würde, gab Dietmar Holzapfel zu. Man sah ihm den Stolz an, "das war auf jeden Fall ein symbolträchtiger Auftritt", sagte er am Dienstagabend, als sich Söder wieder verabschiedet hatte. Die Münchner CSU bemüht sich ja seit Jahren, mit einem Wagen beim Christopher Street Day mitfahren zu dürfen, dem jährlichen Umzug der queeren Community. Bislang wurde ihr das immer verwehrt, selbst nachdem sie 2022 ein für die Parteiverhältnisse progressives Positionspapier zur LGBTIQ-Politik veröffentlichte, half das nicht: Der Ausschluss wurde dann halt mit dem Hinweis auf das konservative Grundsatzprogramm der Gesamtpartei begründet. Nun hofft Theiss auf größere Akzeptanz: "Man hat gesehen, dass Markus Söder keine Berührungsängste hat."

Der CSU-Chef hatte selbst einen queeren Aktionsplan für Bayern ins Gespräch gebracht, als er Holzapfel im März in seiner Podcast-Reihe "Auf eine weiß-blaue Tasse" zu Gast hatte. "Wir hätten das schon viel eher machen können", gab Söder zu. Tatsächlich ist Bayern das einzige Bundesland, das noch keinen Plan hat, wie das Leben der LGBTIQ-Angehörigen zu verbessern ist, wie also Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle sowie queere Menschen sorgloser in der Gesellschaft leben können.

Im Sommer fing Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) mit ersten Gesprächen über Inhalte des Plans an. Nun war das dicht gedrängte Publikum auf der Dachterrasse gespannt, ob Markus Söder schon etwas Konkretes zu verkünden habe.

Das hatte er allerdings nicht, er beließ es bei allgemeinen Versicherungen ("auch Minderheiten werden von mir geschützt"), pries die bayerische Liberalität ("jeder soll sich frei entwickeln können") und ermunterte Bedenkenträger, auf die queere Gemeinschaft zuzugehen ("Reserviertheit ist völlig unpassend"). Selbst auf Nachfragen der örtlichen CSU-Landtagskandidatin Susanne Hornberger, die das knapp einstündige Gespräch moderierte, wich Söder aus. "Wir sind bei der Arbeit", sagte er, "aber wir haben auch einen Koalitionspartner, mit dem werden wir den Plan nach der Wahl abstimmen."

Trotz der nur vagen Aussagen zum queeren Aktionsplan fand Hans Theiss die Veranstaltung gelungen: "Er hat die Hand drauf gegeben, dass der Plan kommt", resümierte der CSU-Stadtrat und bekräftigte im Hinblick auf die queere Community: "Die Hand ist ausgestreckt."

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