Wohnen in München:Leerstand in bester Lage

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Dieses Haus an der Occamstraße 1 ist zum Symbol geworden für Leerstand von Wohnraum - und dafür, wie wenig die Stadt dagegen machen kann. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Seit Jahren ist ein Haus an der Occamstraße fast komplett unbewohnt. Nun setzt ein Investor eine Gastronomie-Nutzung im Erdgeschoss durch - gegen den Willen der Stadt.

Von Sebastian Krass

Unten ein Kiosk und ein Nagelstudio, oben seit Jahren nur noch eine von zehn Wohnungen bewohnt - das Haus an der Occamstraße 1 ist eine triste Erscheinung. Eine Erscheinung, die so gar nicht hierhin passt zum Wedekindplatz in Schwabing, wo sich Occam- und Marktstraße mit der Feilitzschstraße treffen und wo ständig Leben ist, tagsüber und erst recht abends.

Doch dieses Haus an der Occamstraße 1 ist über die Jahre zu einem Symbol geworden für Leerstand von Wohnraum - und dafür, wie wenig die Stadt dagegen machen kann. Vergangene Woche nun hat sich das Verwaltungsgericht München mit dem Gebäude beschäftigt und mit einer Klage der Firma, der das Grundstück gehört, gegen die Stadt, die dabei teilweise eine Niederlage hinnehmen musste.

Im Jahr 2022 hat die Altschwabing Projekt GmbH, hinter der als Geschäftsführer und Haupt-Gesellschafter der Bogenhausener Anwalt Michael Georg Sachs steht, bei der Lokalbaukommission (LBK) einen Antrag auf Vorbescheid gestellt. Das ist eine Vorstufe zur Baugenehmigung, bei der die Grundzüge eines Projekts auf ihre Zulässigkeit hin geprüft werden.

Die LBK hat diesen Antrag weitgehend zurückgewiesen. Sie lehnte einen Anbau im Hinterhof ebenso ab wie die Umnutzung des Erdgeschosses für ein Geschäft und eine Gastronomie. Auch denkmalschutzrechtlich hielt die Stadt den groß angelegten Umbau für nicht zulässig. Die Occamstraße 1 ist zwar selbst kein Denkmal, aber laut Stadtverwaltung "ein wichtiger Bestandteil des Ensembles Alt-Schwabing". Die LBK hielt das Mansarddach zum Hof hin und die Terrasse auf der zweiten Ebene des Dachgeschosses für unverträglich mit dem Denkmalschutz.

Den geplanten Anbau und die Umnutzung des Erdgeschosses allerdings erklärte das Gericht für zulässig. Bei einem Ortstermin habe man festgestellt, dass in der Nachbarschaft die Gebäudetiefen ähnlich seien, wie sie an der Occamstraße 1 mit einem Anbau würden, erläuterte der Vorsitzende Richter Uwe Schöffel in der mündlichen Verhandlung. Und angesichts der zahlreichen Kneipen in der direkten Umgebung müsse die LBK auch an dieser Stelle eine Gastronomie zulassen. In seinem Urteil verpflichtete das Gericht die Stadt, den Vorbescheid entsprechend anzupassen.

Für die Zulässigkeit des Vorhabens entscheidend werde aber "der Denkmalschutz sein", betonte Richter Schöffel. Diesen Aspekt jedoch hatte der Anwalt des Klägers kurz vor der Verhandlung zurückgezogen. Damit werde man sich also vermutlich zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal beschäftigen, sagte Schöffel. Was der Grund dafür war, dass der Kläger die Denkmalfrage diesmal nicht vom Gericht geklärt wissen wollte, blieb offen. Sein Anwalt wollte im Flur des Gerichts keinen Kommentar dazu abgeben, sein Auftraggeber Sachs ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Die Altschwabing Projekt GmbH übernahm das Haus im Jahr 2018 von zwei Personen, die das Gebäude geerbt hatten, Kaufpreis damals: neun Millionen Euro. Der Bodenwert des Grundstücks, den die Stadt regelmäßig erhebt, ist seitdem noch einmal deutlich gestiegen: Ende 2018, dem Jahr des Verkaufs, lag er bei 16 000 Euro pro Quadratmeter (dabei eingerechnet ist ein gewisses Maß der möglichen Bebauung), drei Jahre später betrug der Wert schon 19 500 Euro - ein Plus von knapp 22 Prozent. Ob sich die seither aufgezogene Immobilienkrise negativ auf den Bodenrichtwert für dieses Grundstück auswirkt, ist noch abzuwarten. Im Sommer will die Stadt die neuen Werte publik machen.

Offen ist nun auch, wie es mit dem Gebäude weitergeht. Zwar hatte das Sozialreferat im Jahr 2020 auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke/Die Partei zur Occamstraße 1 mitgeteilt, dass man mit den Mitteln des Zweckentfremdungsrechts gegen den Hauseigentümer vorgehen wolle. Auf eine aktuelle Anfrage der SZ hin teilt das Referat aber mit, ein solches Vorgehen sei wegen des laufenden Gerichtsverfahrens derzeit nicht möglich.

Sanierung, Umbau und dann eine neue Wohnnutzung des Hauses sind allerdings nach derzeitigem Stand nicht absehbar. Und die Frage, ob er die leerstehenden Wohnungen vielleicht zumindest vorübergehend wieder vermieten würde, ließ der Geschäftsführer der Eigentümerfirma unbeantwortet. Immerhin sagte er kürzlich der Abendzeitung, dass er derzeit nicht beabsichtige, den letzten verbliebenen Mieter "vor die Tür zu setzen".

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