Annam Grill:Wo das Wichtigste im Verborgenen bleibt

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Dezente Dekoration, üppige Speisekarte: das Annam Grill. (Foto: Stephan Rumpf)

Beim vietnamesischen Annam Grill kann jeder Gast sein Fleisch und seine Meeresfrüchte selbst zubereiten - aber erst, wenn der Kellner den Tischgrill mit großem Zeremoniell freilegt.

Von Karl-Heinz Peffekoven

Peffekoven war stets ein Freund der asiatischen Küche, er mag ihren Reichtum an Würze und Geschmacksfarben, ihre Leichtigkeit. Und längst ist die Zeit ja vorüber, in der das Vorstadt-Chinarestaurant "Zum goldenen Drachen" hieß und Gerichte wie "M 38: Ente der acht Köstlichkeiten" feilbot, die genauso schmeckte wie M 37 und M 39. Einen Boom erlebt in München die vietnamesische Küche, mit ihren vielen Zutaten und Varianten auf jeden Fall eine Bereicherung.

Manchmal erschien es Peffekoven freilich, als zeichne den einen oder anderen Newcomer eine gewisse Lieblosigkeit aus; so kam es vor, dass Reservierungen nur für zwei Stunden möglich waren, weil der Wirt den Tisch eilig zwei- oder dreimal pro Abend besetzen wollte und das Essen mit entsprechender Hast bereitete. Auf der anderen, der guten Seite der Skala steht das Annam Grill in der Waltherstraße, gleich beim Goetheplatz ums Eck. Das Lokal ist einem Familienitaliener gefolgt, der eines Tages jählings verschwunden war.

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Der Annam Grill ist in geschmackvoll-dezenten Farben eingerichtet, als Sitzgelegenheit dienen bequeme grüne und lila Sessel. Höhepunkt der Dekoration ist eine Wand mit orange beleuchteten Buddhas, was kitschig klingt, aber ein, wie man heute sagt, echter Hingucker ist. Das wichtigste aber verbirgt sich auf respektive in den Tischen: die Grillplatte.

Bei einem ersten Besuch, bei dem das Lokal noch unter milden Anlaufschwierigkeiten litt, hatten die Tischgrills nicht funktioniert, die Köche ansonsten aber schon gezeigt, was sie können. So zauberten sie eine wunderbar scharfe Bun Bo Hue-Suppe, einen Klassiker, eine durch Chili, Zitronengras und Shrimps-Paste angereicherte Brühe (als Vorspeise 6,90 Euro, als Hauptspeise 12,90). Frisch und pikant war auch der Oktopussalat mit Gurken, frischen Kräutern und Peperoni (8,90). Bei den Hauptspeisen fällt die Auswahl nicht leicht, schon wegen der umfangreichen Karte. Zu empfehlen sind nach Peffekovens Erfahrung auf jeden Fall die "Gerichte zum Selber Rollen" (zwischen 14,90 und 22,90 Euro): Man füllt Reisblätter je nach Gusto mit Reisnudeln, Salat und vielem mehr und kombiniert sie mit Fisch, Huhn, Rind, Meeresfrüchten oder Tofu (die Karte bietet viele vegetarische Variationen an).

Mitkoster freute das gegrillte, saftige Seeteufelfilet mit Mangold, serviert auf einer heißen Platte mit Fisch-Limetten-Sauce (22,90 Euro). Bemängelt wurde am Tisch lediglich, dass ein auf der Karte mit drei Chilischoten als besonders scharf angepriesenes Gericht - knusprige Ente mit frischem Gemüse und Obst - eher wenig Obst und noch weniger Schärfe enthalte.

Peffekoven hingegen war selbstlos bereit, sich in Ausübung seiner Dienstpflichten zu opfern und den "Premium Grill Set" zu testen. 36 Euro sind dafür durchaus stolz (pro Person, gegrillt wird erst ab zwei Personen), aber der Gast bekommt für sein Geld wirklich etwas geboten: feinste Stücke vom Wagyu-Rind, Entrecôte, marinierte Maishähnchenbrust, Tintenfisch, Garnelen und Fisch des Tages; dazu unter anderem Reisnudeln und verschiedene köstliche Saucen. Am besten gefiel Peffekoven Nuoc Mam, eine schön scharfe Fischsauce-Limetten-Mixtur; sehr gut zum Fleisch passte auch Salz-Limette.

Der Grill ist im Tisch verborgen und zeigt sich erst, wenn der sympathisch zuvorkommende Kellner zum Zeremoniell ansetzt, die Metalldeckel anhebt, den Rost einsetzt und den Grill zu befeuern beginnt. Selber Grillen, am Tisch: Früher machte man das zu Hause. Ohne Minzebüschel. Ohne winzige Schälchen, mit Saucen gefüllt. Ohne Süßkartoffel- und Zucchinischnitze. Und ohne violett gefärbte Reisnudeln, zu appetitlichen kleinen Lappen verarbeitet und mit gerösteten Erdnüssen garniert. Man aß Fleisch, viel Fleisch. Im Annam Grill dagegen hat man die Möglichkeit, Fisch und Garnelen und Gemüse gleichzeitig auf den Rost zu legen. Drei Stunden kann man so gemeinsam verhocken. Ein bisschen streiten darüber, wer zu oft wessen Hühnchen umgedreht hat. Endlich mal viel Zeit haben. Und essen, essen, essen. Ohne sich hinterher jedoch allzu beschwert zu fühlen. Aber Achtung: Die Portionen sind groß, die Teller sehr gut gefüllt.

Das Annam Grill ist übrigens die jüngere Schwester des Annam im Herzen des Glockenbachviertels. Während das Annam mit Sonnenterrasse und kühler Szenehaftigkeit punktet und es vor lauter Nachtschwärmern auch mal hektisch zugehen kann, setzt das Annam in der Waltherstraße auf Genuss und Behaglichkeit. Bemerkenswert aufmerksam und nett ist der Service. Die Mitarbeiter erläutern gern die Gerichte und die Küche ihres Heimatlandes. Man erlebt sie hier authentisch und auf hohem Niveau - und hoffentlich noch lange Zeit.

Adresse: Waltherstraße 30 | 80337 München | Telefon: 089/72656045 und 089/12067295 | Montag bis Freitag 11.30 bis 15 Uhr, täglich 18 bis 23 Uhr | info@annamgrill.de

© SZ vom 12.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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