Prozess in München:"Ich mach' das nur wegen meiner Kinder"

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  • Im April 2019 soll der hoch verschuldete Sascha M. eine Sparkasse überfallen und 10 000 Euro erbeutet haben.
  • Eine Überwachungskamera hat die Tat aufgezeichnet, schnell stießen die Ermittler auf M.
  • Nun steht der 40-Jährige vor Gericht - und beteuert, dass er den Überfall nur begangen habe, um seiner Familie zu helfen. Er muss mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen.

Von Andreas Salch

Sascha M. war verzweifelt. Anfang 2019 befand er sich in einer finanziell desaströsen Lage. Er hatte einen Schuldenberg von 70 000 bis 80 000 Euro angehäuft, seine Firma für Personalvermittlung in Neuried war so gut wie pleite. Er habe Schluss machen wollen, sagt der 40-jährige Familienvater. Er habe an einem Küchentisch in seiner Firma gesessen, sich seine Pistole an die Schläfe gehalten und Fotos von seiner Frau und den Kindern angeschaut. "Ich konnte es einfach nicht tun", sagt der Kaufmann aus Tittmoning. "Ich habe einen Ausweg gesucht aber keinen anderen gesehen", erklärt der 40-Jährige am Mittwoch vor dem Landgericht München I. Der "Ausweg", den Sascha M. wählte, war ein Banküberfall am 5. April auf eine Filiale der Kreissparkasse in Neuried.

Für den Prozess vor der 29. Strafkammer hat sich der Vater von vier Kindern vorgenommen, reinen Tisch zu machen. Noch am Dienstag, so berichtet sein Verteidiger, Rechtsanwalt Werner Kränzlein, habe sein Mandant die Tat bestritten, weil er sich vor "seiner Frau sehr geschämt" habe. Nun aber könne er dem "Druck des Verheimlichens" nicht länger standhalten, sagt er zu Richterin Nicole Selzam. Sascha M.s Frau sitzt im Zuschauerraum des Sitzungssaals im Strafjustizzentrum. Ihr Mann schaut sie immer wieder an.

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Gegen 12.30 Uhr an jenem 5. April betrat der Kaufmann die Bankfiliale der Kreissparkasse. Er trug eine schwarze Skimütze mit Sehschlitzen über dem Kopf und schwarze Lederhandschuhe. Bewaffnet hatte er sich mit seiner Pistole. Als er diese auf eine Mitarbeiterin im Servicebereich richtete, sagte er zu ihr, dass er die Bank "leider" überfallen müsse - und forderte Geld. Als die Angestellte fragte, ob er das wirklich machen wolle, erwiderte Sascha M., dass er das Geld dringend benötige.

"Ich wäre so gerne gegangen", versichert der 40-Jährige Richterin Selzam und ist den Tränen nahe. Seine Pistole sei nicht geladen gewesen. Er habe sie nur kurz vorgezeigt und dann wieder eingesteckt. "Ich wollte nicht, dass die Angst haben", beteuert er. Als die Angestellte begonnen habe zu zittern, habe er sie berührt und ihr gesagt, sie solle keine Angst haben. "Ich mach' das nur wegen meiner Kinder", habe er erklärt.

Die Filialleiterin bot Sascha M. schließlich an, 5000 Euro aus einem Geldautomaten auszuzahlen. Er wollte aber 10 000 Euro - und bekam den Betrag. Dann flüchtete er mit der Beute. Wenig später habe er mit einem Teil des Geldes einen Mitarbeiter ausgezahlt. Knapp 5000 Euro habe er auf sein eigenes Konto überwiesen. Und mit dem Rest habe er Essen für seine Familie gekauft.

Nach dem Überfall fahndete die Polizei öffentlich nach dem Bankräuber. Die Tat war von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden. Seine Mutter habe ihm über Whatsapp Fotos aus der Zeitung von dem Überfall geschickt, berichtet M. "Sie war sehr überzeugt, dass ich es nicht war", sagt der 40-Jährige zu Richterin Selzam.

Als Jugendlicher war Sascha M. schon einmal an einem Banküberfall beteiligt. Er saß deshalb sogar in Untersuchungshaft. Da er bei der Tat jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielte, kam er seinerzeit mit einer Bewährungsstrafe davon. Diesmal muss er nun mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen. Seine finanzielle Situation sei nach dem Überfall doch auch nicht viel besser gewesen als zuvor, sagt Staatsanwalt Laurent Lafleur zu Sascha M. Dessen Antwort: "Ja."

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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