Serie: Grün im Grau:"Der Park ist für das Viertel in jeder Hinsicht ein großer Gewinn"

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Kühle Oase: Der Nymphenburg-Biedersteiner-Kanal fließt durch den Petuelpark. (Foto: Catherina Hess)

Der Petuelpark direkt über der gleichnamigen Röhre wird vielfältig genutzt - weniger von Touristen als vielmehr von den Menschen in seiner Nachbarschaft.

Von Lena Stawski

Auf einer vertrockneten gelben Wiese, die in diesen heißen Sommertagen an eine Steppenlandschaft erinnert, sitzt im Schatten ein junges Pärchen. Die beiden spielen Karten auf einer Picknickdecke. Am Horizont ragt im Westen der Olympiaturm in den wolkenlosen Himmel, die Luft flimmert. Unbeachtet fährt eilig ein Radfahrer nach dem anderen vorbei. Sie wollen wohl der Nachmittagshitze entfliehen. Trotz der Wärme ist auch ein Jogger unterwegs. Er quert regelmäßig den 7,4 Hektar großen Park, der die Stadtteile Schwabing und Milbertshofen verbindet. Unter einem Baum bleibt er stehen und lockert hüpfend seine Beine. Der Schweiß rinnt ihm über das Gesicht. Unter den wenigen Bäumen, durch deren karges Blätterdach der warme Sommerwind raschelt, ist es deutlich kühler als in der prallen Sonne. Aus scheinbar weiter Ferne schallt unmerklich der Verkehrslärm der Bundesstraße herüber. Schließt man die Augen, hat man beinah das Gefühl, nicht mehr in einer Millionenstadt zu sein.

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Barrierefreundlich mit Netzwerk-Charakter

Kaum zu glauben, dass an dieser Stelle in den Neunzigerjahren noch eine mehrspurige Stadtautobahn entlang führte. 2002 wurde statt der oberirdischen Verkehrsachse der Petueltunnel eröffnet. Über der darüber frei gewordenen Fläche entstand am Mittleren Ring eine langgestreckte, schmale Oase. Sie ist inzwischen Teil einer Parkmeile, welche parallel zum Nymphenburg-Biedersteiner-Kanal verläuft. Der Petuelpark besteht dabei aus mehreren Ebenen. Ein Rad- und Fußweg führt zum Plateau hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Auch wenn der obere Teil gegenüber den umliegenden Straßen erhöht ist, gilt der Grün-Streifen als gelungenes Beispiel für Inklusion: "Der Park ist sehr barrierefreundlich", sagt Werner Schwarz.

SZ-Karte: Mainka (Foto: Mapcreator.io/HERE)

Er ist Elektro-Rollstuhlfahrer und wohnt im Zentrum der Stiftung Pfennigparade. Die Stiftung, die ein Rehabilitationszentrum für Menschen mit Körperbehinderungen und anderen Beeinträchtigungen trägt, ist zugleich Namensgeber des großen Platzes im Westen des Parks, an den sie südlich angrenzt. Einmal im Jahr führt Werner Schwarz Studierende der Landschaftsarchitektur von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf durch den Park, um zu zeigen, wie ein barrierefreundlicher Park ausschauen kann. Ihm zufolge ist die Steigung der Rampen, die zum Park hinaufführen, ebenso gut durchdacht wie die Wegeführung. Außerdem gebe es auch eine Toilette für Rollstuhlfahrer.

Wichtige West-Ost-Achse: der Radweg im Petuelpark. (Foto: Catherina Hess)

Neben Rollies sind auffällig viele Radfahrer unterwegs. "Der Park ist Bestandteil des Fahrradwegs am Petuelring in Ost-West-Richtung", erläutert Fredy Hummel-Haslauer (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart. Am Spielband im Norden kreuzt der radiale Radweg eine ehemalige Straßenbahntrasse, deren Grünzug in die Wohnviertel Milbertshofens führt - ein Beispiel für den funktionierenden Netzwerk-Gedanken. "Der Park stellt eine wirklich gute Verbindung zur Spielmeile dar. Es finden sich alle Altersgruppen", äußert sich denn auch Gabriele Schlaugat. Die Sozialpädagogin ist Ansprechpartnerin für die Nutzerinnen und Nutzer des Generationengartens an der Einmündung der Milbertshofener Spielmeile in den Petuelpark und unter anderem für die Vergabe der Beete zuständig.

Es ist ein Park für alle Nachbarn

"Das Gärtnern wird immer beliebter, und unser Garten ist ein idyllischer Ort, an dem es Spaß macht, zu arbeiten. Es existiert eine rege Nachfrage und lange Warteliste", sagt sie. Der Pavillon des Gartens sei ein beliebter Ort zum Feiern, bei Festen und Veranstaltungen. Aber auch kleinere Tagungen werden dort abgehalten. Gruppen treffen sich dort regelmäßig. Dazu zählen unter anderem eine Bewegungsgruppe, eine Musik- und Bastelgruppe, sowie ein Lesezirkel, es gibt aber auch ein Ü-60-Café, einen Frauenfrühstückstreff und eine Gruppe, die zum Schafkopfspielen zusammenkommt. "Menschen orientieren sich generell stadteinwärts. Aber der Park wird trotz allem sehr stark von der Bevölkerung beider Stadtteile genutzt," sagt Fredy Hummel-Haslauer.

Die Nachbarschaft der einstigen Stadtautobahn hat durch die Umgestaltung erheblich gewonnen. (Foto: Catherina Hess)
Roman Signers Stiefelbrunnen speit meterhohe Fontänen. (Foto: Catherina Hess)
Eine Entenfamilie schwimmt vorbei. (Foto: Catherina Hess)

Den Bürgern ist auch der Petuelpark zu verdanken. Park- und Tunnelbau waren nicht gerade ein Schnäppchen. Allein der Petueltunnel kostete 205 Millionen Euro. In einem Bürgerentscheid sprach sich die Mehrheit 1996 für den Bau neuer Röhren am Ring aus, also begannen die Bauarbeiten. Heute plätschert auf der unteren Parkebene das Wasser des Nymphenburg-Biedersteiner-Kanals. Dort ist es grüner als auf der oberen Ebene. Das Ufer ist mit Stauden bewachsen. Hohe Bäume und dichte Sträucher spenden einigen Menschen in Badekleidung, die am Kanal ein Nickerchen machen, reichlich Schatten. Kinder spielen im Wasser. Auch ein Hund gönnt sich eine Abkühlung. Enten ziehen paddelnd vorbei. "Der Park ist für das Viertel in jeder Hinsicht ein großer Gewinn", sagt Uschi Weins-von Schamann aus dem Nachbar-Stadtbezirk Schwabing-Freimann, die mit einer Freundin spazieren geht. Aus dem sogenannten Stiefelbrunnen, einer Skulptur des Künstlers Roman Signer, sprudeln meterhohe Fontänen. "Der Petuelpark ist damals so gestaltet worden, dass er ganzjährig genutzt werden kann", erläutert Jennifer Becker, Sprecherin des Kulturreferats der Stadt. Die von Stephan Huber kuratierten künstlerischen Elemente in dem von den Landschaftsarchitekten Otto Bertram und Stefanie Jühling gestalteten Park stünden für sich und bildeten zugleich ein Gesamtensemble.

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Kein Veranstaltungsort der Superlative

Auf den Parkbänken im Schatten haben es sich Senioren aus einem nahe gelegenen Heim gemütlich gemacht. Sie beobachten das geschäftige Treiben der Kellner im vollen Biergarten vor dem Café Ludwig und lauschen der Musik aus dem Zirkuszelt. Es ist Stadtteilfest, ein eher seltenes Ereignis an dieser Stelle. Denn laut Fredy Hummel-Haslauer gibt es hier sehr selten Events. "Der Petuelpark hat seine Besonderheiten, was Veranstaltungen angeht. Er ist schmal, langgezogen und hat viele Wegebeziehungen, das begrenzt mögliche Veranstaltungsflächen", erklärt dazu Jennifer Becker. Immerhin 2013 und in diesem Jahr gab es dort Stadtteilveranstaltungen. "Es war uns wichtig, den Park anlässlich der Jubiläums '50 Jahre Olympische Spiele in München' wegen seiner Nähe zum Olympiagelände einzubeziehen", sagt die Sprecherin.

Stadtteilfeste, wie hier mit Zelt, sind selten im Petuelpark. (Foto: Catherina Hess)
Für die Nachbarn war das Ereignis eine Gelegenheit für Treffs und Spiele. (Foto: Catherina Hess)

Auf der Höhe des von der Künstlerin Pia Stadtbäumer gestalteten Reiterstandbildes "Go !" sind Zelte aufgebaut. Klappstühle stehen herum. Ein paar Kinder spielen auf der Freifläche Fußball oder beteiligen sich an den verschiedenen Aktionen. Viel los ist bei den Ständen jedoch nicht. Die Besucher zieht es bei der Hitze scheinbar eher in den Biergarten oder an andere Ecken. "Das Stadtteilfest 'München 2022' hat in erster Linie die Nachbarschaft angesprochen. So war es gedacht", so die Kulturreferat-Sprecherin. Der Erfolg der Veranstaltung werde in erster Linie an der Zufriedenheit der Anwesenden gemessen, nicht so sehr an einem maximal hohen Besucheraufkommen. "Mit den Rückmeldungen der Gäste, die da waren, sind wir zufrieden", sagt Jennifer Becker.

Die Spielplätze sind beliebt und viel genutzt

Vom Streetballplatz erklingt das rhythmische "Damm-Damm" eines Basketballs. Zwei dreizehnjährige Jungen dribbeln abwechselnd den Ball auf das Netz zu. Die beiden Milbertshofener kommen jeden Tag nach der Schule in den Petuelpark, um ein paar Körbe zu werfen. Neben dem Basketballplatz hangeln sich zahlreiche Kinder durch die Seile eines großen Klettergerüstes. "Die Spielplätze des Parks werden viel genutzt", sagte Gesa Tiedemann (Grüne), Vorsitzende des Bezirksausschusses Schwabing-West.

Der Park hat seinen Charme. Eine Touristenattraktion ist er jedoch nicht. Aber er funktioniert auch so. Vielleicht macht gerade das seinen Charakter aus: Der schmale Streifen ist sowohl Knotenpunkt als auch grüne Straße - für diejenigen, die ihn täglich queren, ebenso wie als Ort der Begegnung für seine Nachbarn.

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