Bauprojekt an der Paketposthalle:Zwei grenzwertige Türme

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Architekten beurteilen in der Stadtgestaltungskommission die neuen Pläne für die beiden Hochhäuser an der Friedenheimer Brücke überwiegend kritisch. Gut kommt dagegen an, dass die Türme für die Öffentlichkeit zugänglich werden sollen.

Von Bernd Kastner

Begeisterung klingt anders, das merkt man spätestens an Worten wie "Banalität" oder "Trivialität". Die Stadtgestaltungskommission, in der hiesige und auswärtige Architekten sowie Stadtplaner wichtige Bauvorhaben diskutieren, hat sich am Dienstagnachmittag den Entwurf für das Paketpostareal von Architekt Pierre de Meuron und seinem Kollegen Santiago Espitia Berndt vorstellen lassen. Die gute Nachricht für die Planer aus Basel lautet: Durchgefallen ist ihr überarbeiteter Entwurf nicht.

Kritik gab es vor allem an der Körpersprache der beiden 155 Meter hohen Türme mit ihren außen liegenden Schrägaufzügen. Birgit Rapp, Architektin aus Amsterdam, findet die Schrägen störend, sie ordnet sie "an der Grenze zur Banalität" ein. Auch ihre Hamburger Kollegin Karin Loosen zweifelt: Die Aufzüge hätten zwar etwas Spektakuläres, aber vielleicht auch "zu viel" davon: "Ob das sein muss", fragt sie, "ob nicht ein bisschen weniger auch gut sein könnte."

FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann, bekennender Hochhaus-Fan, bedauert, dass die Bogenform der Türme verschwunden ist im Vergleich zum ersten Entwurf. Dieser sei "filigraner" gewesen, der jetzige gefalle ihm "nicht mehr ganz so gut". Daniel Fügenschuh, Architekt aus Innsbruck, bemängelt ebenso die "massive Ausformung" der Türme, der erste Entwurf sei "eleganter, feiner, zarter" gewesen. Der Berliner Piero Bruno springt seinen Basler Architekturkollegen zur Seite: Die Komposition der Türme verändere sich, je nachdem, von wo aus man sie anschaue - "das ist schön", das habe "eine große Qualität".

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Dass die Türme oben offen für die Öffentlichkeit sein sollen, mit Restaurant oder ähnlichem, das gefällt dann schon. Die Öffentlichkeit ist überhaupt von großer Bedeutung für das ganze Projekt, vor allem unten, auf dem Boden, und innen drin. Die alte, gigantisch große Posthalle ist aber zugleich eine große Herausforderung, und so regt Matthias Sauerbruch (Berlin) an, über deren künftige Nutzung separat nachzudenken, also parallel zur architektonischen und städtebaulichen Gestaltung des ganzen Quartiers. Rapp hat zuvor noch gefragt, welche Wirkung die Bespielung der Halle mit Kultur wohl auf den Rest der Stadt haben werde: Ob dies zusätzliche Angebote schaffe oder woanders was wegnehme.

Nachgedacht werden wird noch viel, das ist auch Stadtbaurätin Elisabeth Merk wichtig, die nicht gerade enthusiastisch klingt ob der Turmskulptur. Was die hohen Häuser für die Umgebung bedeuten, das müsse man bereden. Sie ist bemüht, den aktuellen Entwurf zeitlich einzuordnen: Man befinde sich in einem Zwischenstadium, betont sie, als wolle sie sagen: Keine Sorge, so wird das nicht gleich gebaut.

© SZ vom 09.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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