33 Mörike-Lieder:Tambour und Mägdelein

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Christian Gerhaher und Anna Prohaska singen bei den Münchner Opernfestspielen.

Von Klaus Kalchschmid, München

Noch einmal tief in den Kosmos Hugo Wolfs tauchte Christian Gerhaher mit einer neuen Partnerin während der Opernfestspiele am dritten Abend eines kleinen Zyklus ein. Nach Julia Kleiter mit dem "Spanisches Liederbuch" und Anna Lucia Richter ("Italienisches Liederbuch") wechselte er sich im Nationaltheater mit Anna Prohaska bei 33 der 53 Mörike-Lieder ab. Nicht nur war der Kontrast männlich-weiblich wieder ganz deutlich, Prohaska gelang die Quadratur des Kreises noch vollendeter als ihren Kolleginnen: sowohl perfekt zu singen, wie auch präzise in Artikulation und Deklamation den Gehalt jedes der 15 Lieder punktgenau zu treffen; zwei der berühmtesten ("Fußreise" und "Abschied" mit dem musikalisch plastisch die Treppe hinabstürzenden Kritiker) fehlten freilich in der ansonsten sehr geschickt geordneten Auswahl.

Ob zarte, feine Trauer ("Das verlassene Mägdlein"), Ekstase ("Er ist's!"), das "süß bedrängte Herz" in "An eine Äolsharfe" oder überirdischer Zauber ("Schlafendes Jesuskind") bis hin zu effektvollen Balladen wie "Der Tambour", "Die Geister vom Mummelsee", "Nixe Binsefuß" und "Lied vom Winde", mit denen der Abend endete: Anna Prohaska traf traumwandlerisch den Kern eines jeden Lieds. Ammiel Bushakevitz aber wuchs am Flügel über sich hinaus und gestaltete in jedem Detail und jeder Akkordfärbung ebenso flüssig wie akzentuiert und immer empfindungsreich mit, dass jedes Lied als kostbare Perle schimmerte.

Christian Gerhaher brauchte ein wenig, bis er zu dieser Selbstverständlichkeit fand, allzu sprachverliebt geriet ihm noch der Beginn mit "Verborgenheit", doch dann fand auch er zu immer größeren und schöneren musikalischen Bögen, so sie denn von der Komposition gefordert waren, und auch bei ihm stellte sich die Synthese aus Text und musikalischer Deutung her, etwa vor der Pause bei den verhaltenen Liedern "Um Mitternacht", "Peregrina", "Auf eine Christblume" oder "Karwoche" und natürlich am Ende beim expressiv lodernden "Feuerreiter".

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