Oktoberfest:Bierpreis-Erhöhungen dürfen einen Wiesn-Chef nicht überraschen

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Doch wieder: Wartenberger Bürgerinnen und Bürger, die zum Seniorentag am Volksfest eingeladen sind, bekommen ein Freizeichen für eine Mass Bier. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Clemens Baumgärtner hat Angst, dass eine Mass Bier auf dem Oktoberfest in diesem Jahr mehr als 14 Euro kosten könnte. Er muss hellseherische Fähigkeiten besitzen.

Glosse von Franz Kotteder

So ein Wiesn-Chef hat's auch nicht leicht. Bei den Kollegen von der Boulevardpresse schüttete Clemens Baumgärtner (CSU) dieser Tage sein Herz aus: Es sei mit einer Erhöhung des Bierpreises bei der diesjährigen Wiesn zu rechnen, unkte er, "es ist zu befürchten, dass die 14-Euro-Grenze fällt". Das bereite ihm große Bauchschmerzen, sagt er weiter.

Was man ihm wirklich nicht wünschen möchte, denn Baumgärtners Bauch ist phänotypisch urbayerisch und bietet somit sehr viel Raum für Schmerzen. Immerhin hat Baumgärtner aber auch eine frohe Botschaft parat: Die Wiesn werde heuer auf jeden Fall stattfinden, und er wird zitiert mit den Worten: "Ernsthafte Zweifel kann da nur Karl Lauterbach haben - aber Killerviren-Kalle nimmt ja niemand mehr ernst."

Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (Foto: dpa)

Fragt sich nun allerdings, ob der Wiesn-Chef noch ernst genommen werden will. Weniger, weil ausgerechnet am Tag der Veröffentlichung seiner Sentenzen das Robert-Koch-Institut für München 387 neue Corona-Fälle und fünf weitere Todesfälle gemeldet hat. Sondern weil Bierpreiserhöhungen einen Wiesn-Chef nicht überraschen dürften.

Schließlich ist es völlig normal, dass der Preis für die Mass jedes Jahr wieder, von Wiesn zu Wiesn, um etwa 30 Cent steigt - schon wegen steigender Transport-, Personal- und Materialkosten. Und einem Wirte-Bonus, versteht sich. Insofern braucht man keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu kapieren, dass der Höchstpreis von 13,80 Euro im vergangenen Jahr auf über 14 Euro steigen wird. Alles andere wäre ein Wunder, erst recht nach einem Jahr der Rekordinflation. Baumgärtners Bauchweh dürfte also anhalten.

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Nun ist es zwar generell nicht verkehrt, den Wiesnwirten keinen Freibrief für Preiserhöhungen auszustellen. Aber es beschleicht einen doch leise der Verdacht, dass sich da jemand dümmer stellt, als er ist. Geht's vielleicht eher darum, sich zu positionieren als unerschrockener Kämpfer für einen niedrigen Bierpreis?

Einen gewissen Hang zum Populismus bewies Baumgärtner ja schon, als er ein gigantisches Silvesterkonzert auf der Theresienwiese für die extrem beliebte Rockgruppe Rammstein ins Gespräch brachte - allerdings ohne die Band zu fragen. Und sein Vorgänger als Wiesn-Chef, Josef Schmid, hatte bereits 2017, recht durchsichtig auf Beifall bedacht, eine Bierpreisbremse gefordert. Teurer wurde die Mass trotzdem. Und wir trauen uns schon jetzt zu prophezeien: Auch 2023 wird sie nicht billiger.

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