MVV:Bürgerbegehren für 365-Euro-Ticket

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Gruppenfoto zum Auftakt: Die Initiatoren stellten am Montag ihren Plan für ein Bürgerbegehren zum Nahverkehr vor. (Foto: Dominik Parzinger)

Eine Initiative will 33 000 Unterschriften für einen günstigeren Nahverkehr in München sammeln. Die grün-rote Mehrheit im Stadtrat hatte die Einführung des Tickets zuletzt aus finanziellen Gründen abgelehnt.

Von Andreas Schubert

Für einen Euro am Tag den öffentlichen Nahverkehr nutzen: Was in Wien schon längst Realität ist und etwa in Nürnberg 2023 kommen soll, will eine Initiative, der auch die Partei Die Linke angehört, nun auch in München mit einem Bürgerbegehren durchsetzen. Seit Montag sammelt die Initiative dafür Unterschriften. Damit es einen Bürgerentscheid gibt, bräuchte sie davon rund 33 000, die sollen binnen eines halben Jahres zusammenkommen.

Zunächst soll nach den Plänen der Initiatoren zum 1. Januar 2023 ein 365-Euro-Ticket für das Stadtgebiet eingeführt werden, die Stadt solle sich als Gesellschafter des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) aber verpflichtend dafür einsetzen, dass das Ticket im gesamten MVV-Gebiet gelten soll. Zudem sieht das Begehren die Einführung eines ermäßigten Monatstickets für 15 Euro für Schüler, Studierende und Inhaber des München-Passes vor. Finanziert werden soll das Ganze etwa durch neue Parkgebühren, Mehreinnahmen durch mehr Ticketverkäufe, Mittelumschichtung vom Straßenbau hin zum öffentlichen Nahverkehr und eine Beteiligung der Unternehmen durch eine leichte Anhebung der Gewerbesteuer.

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Zur Erinnerung: Obwohl sich die Fraktionen im Stadtrat parteiübergreifend zu einem 365-Euro-Ticket für alle bekennen, lehnte die grün-rote Mehrheit im Juni einen gemeinsamen Antrag von CSU, ÖDP/Freie Wähler und Linke ab, das Ticket einzuführen - aus finanziellen Gründen. Nicht die Stadt, so hießt es damals, sei in der Pflicht, sondern der Freistaat, da Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Ticket im Wahlkampf 2018 gefordert habe.

110 Millionen Euro werde die Einführung des Tickets die Stadt kosten, schätzen die Initiatoren. Stefan Jagel, Vorsitzender der Stadtratsfraktion Linke/Die Partei, ist der Meinung, dass sich das die Stadt leisten kann und sollte, auch angesichts der durch die Corona-Krise verursachten angespannten Haushaltslage. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens betrachten es als einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, mehr Menschen für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen und so den Autoverkehr zu reduzieren. Von weniger Stau würden dann jene profitieren, die auf das Auto angewiesen bleiben. Auch diese Haltung ist im Stadtrat unstrittig. Die ÖDP signalisiert Unterstützung, die CSU gibt sich dagegen zurückhaltend: Man fordere das 365-Euro-Ticket schon lange, erklärt CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Nun gelte es, den Text des Bürgerbegehrens zu prüfen und dann das weitere Vorgehen in Partei und Fraktion abzustimmen, über welchen Weg das Ziel eines 365-Euro-Tickets am besten erreicht werden könne.

Skeptisch äußert sich SPD-Fraktionschef Christian Müller: Das 365-Euro-Ticket für alle müsse zwar kommen, aber nicht nur im Stadtgebiet. "Wir wollen, dass alle Menschen in München und dem Umland von einer solchen Jahreskarte profitieren können." Eine Einführung nur in der Stadt sei schwer möglich, weil in der kleinsten Zone, der M-Zone, mehr als zehn Gemeinden außerhalb Münchens lägen. Alle MVV-Partner müssten eine Finanzierung für ein 365-Euro-Ticket verhandeln, "vor allem auch mit dem Freistaat, der hauptsächlich in der Verantwortung steht". Dabei müsse sichergestellt werden, dass das Ticket nicht zu Lasten der notwendigen Investitionen in den Nahverkehr gehe.

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Grünen Verkehrsexperte Paul Bickelbacher wittert in dem Vorstoß Wahlkampftaktik und spricht von "Versprechen, die derzeit nicht eingehalten werden können". Beim 365-Euro-Ticket für alle müsse "ein Schritt vor dem nächsten" kommen. Zunächst müsse das Bus- und Bahnangebot ausgebaut werden. Durch den Corona-Haushalt habe man ohne finanzielle Unterstützung des Freistaats derzeit keinen Handlungsspielraum.

Auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) lehnt das Ticket ohne vorhergehenden Ausbau des Angebots ab. Letzterer habe in Wien zu höheren Fahrgastzahlen geführt, und zwar vor der Einführung des 365-Euro-Tickets. Dieses habe den Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr nicht mehr nennenswert verändert. Durch die geplanten Aus- und Neubauvorhaben bei U-Bahn, Tram und Bus stiegen die Kosten für den öffentlichen Verkehr weiter an. Bei einem 365-Euro-Ticket vergrößere sich die Finanzierungslücke, die mit anderen Einnahmequellen geschlossen werden müsse, immer weiter - zumal sich der Preis von einem Euro pro Tag in den Köpfen festsetze und daher langfristig nur schwer wieder veränderbar sei.

© SZ vom 07.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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