75 Jahre Max-Planck-Gesellschaft:"In jeder Forschung steckt eine ganze Welt"

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Fühlt sich wohl unter forschenden Menschen: Ex-Bundespräsident Joachim Gauck spricht bei der 75-Jahr-Feier der Max-Planck-Gesellschaft. (Foto: Robert Haas)

Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck gratuliert der Forschungseinrichtung bei einem Festakt im Deutschen Museum. Wissenschaft, sagt er, müsse auch gegen die "Sorglosigkeit der Politik" angehen.

Von Stephan Handel

Dass die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ihren 75. Geburtstag in München feierte, mit einem Festakt am Sonntagvormittag im Deutschen Museum, das hat schon seine Berechtigung: Fünf Institute betreibt die wissenschaftliche Gesellschaft in der Stadt, dazu noch vier in Garching und zwei in Martinsried sowie eins in der Gemeinde Pöcking im Landkreis Starnberg - in keiner Region Deutschlands ist sie stärker vertreten. 1948 wurde die Gesellschaft als Nachfolgerin der "Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften" gegründet und ist seitdem eine der erfolgreichsten wissenschaftlichen Gesellschaften weltweit - allein 30 Nobelpreisträger zählt sie zu ihren Mitgliedern.

Mit entsprechendem Selbstbewusstsein ging also Martin Stratmann zur Begrüßung der Festakt-Gäste ans Rednerpult, deren prominenteste die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger war. Stratmann sprach von der intellektuellen Erfüllung und der unstillbaren Neugier, die ein Forscherleben ausmachten, und von den Prinzipien der Max-Planck-Gesellschaft: Persönlichkeiten statt Programme, High Risk statt Mainstream.

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Da hatte er den Geschmack des Festredners getroffen, des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, selbst Mitglied im Senat der MPG: Er fühle sich immer wohl "in der Umgebung forschender Menschen", sagte Gauck zum Auftakt, gerade in einer Zeit und einer Gesellschaft, die die "Unkultur der Betrübnis und der Tragik" pflegt.

Deutschland sei arm an Rohstoffen, aber reich an Forschern, sagte Gauck: "Wissenschaftliche Erkenntnis ist der wichtigste Rohstoff unseres Landes." Die Max-Planck-Gesellschaft sei dabei ein "Ort des Gelingens" - wenn sie "Mut bei Investitionen in innovative Projekte" zeige und keine Angst vorm Scheitern habe. Zuvor schon hatte Martin Stratmann, der Präsident, die Standorte Martinsried und Garching als Beispiele dafür genannt, wie wissenschaftliche Erkenntnis in ökonomischen Fortschritt umgesetzt werden: indem Forschungsergebnisse in praktische Anwendungen für die Gesellschaft umgesetzt werden.

Nicht der Friseur, die Wissenschaft erklärt uns die Welt

Der Bundespräsident a.D. sagte, gerade die letzten Jahre - Pandemie, Krieg in der Ukraine, Klimakrise - hätten gezeigt, dass Wissenschaft notwendig sei zum Verstehen und Bewältigen von Krisen - sie müsse den Menschen erklären, was zu tun sei, nicht die Menschen, "die kulturell aktiv sind oder uns die Haare schneiden". Er paraphrasierte einen Satz des Namensgebers der Gesellschaft - der hatte gesagt: "Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen." Daraus machte Gauck: "Dem Wandel muss das Verstehen vorausgehen." Deshalb müsse die Wissenschaft noch stärker den Dialog mit der Gesellschaft suchen, gegen "schrille Apokalyptik", gegen Hysterie und Panik und gegen die "Sorglosigkeit der Politik". Denn: "Kommunikation ist die Grundlage guter Politik."

Wissenschaft sei "Suchbewegungen ins Offene", bei denen Zweifel "kein Systemfehler, sondern Grundlage" seien, denn: "In jeder Forschung steckt eine ganze Welt." Und so schloss Gauck seinen Vortrag mit einer Gratulation für 75 Jahre "Forschen, staunen und erkennen".

Den Festvortrag hielt Jürgen Kocka vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung. Er bezog sich auf Adolf Harnack, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Anstoß zur Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gegeben hatte: Kocka stellte die Frage, welchen Einfluss die Thesen Harnacks bei der Entwicklung der Max-Planck-Gesellschaft von 1948 bis heute gespielt hatten.

Um ihre Leistungen ansprechend herauszustellen, hat die Max-Planck-Gesellschaft eine Wanderausstellung zusammengestellt, in der es um die Leistungen ihrer Nobelpreisträger geht, von Albert Einstein bis zu Svante Pääbo, der im vergangenen Jahr den Medizin-Nobelpreis erhielt. Sie ist bis 10. April im Deutschen Museum zu sehen.

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