Nach Kritik vom Rechnungshof:Ermittlungen gegen die LMU

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Bei einer Prüfung des Reisekostenwesens der Ludwig-Maximilians-Universität fielen von Herbst 2017 an fünf umstrittene Vorgänge auf. (Foto: Catherina Hess)

Die Landesanwaltschaft prüft, ob die Verschwendung von öffentlichem Geld an der Münchner Universität Anlass für ein Disziplinarverfahren gibt. Der Anstoß kam vom Wissenschaftsministerium.

Von Sebastian Krass

In der Affäre um mehrere Fälle von Verschwendung öffentlicher Gelder an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) hat das Wissenschaftsministerium die Disziplinarbehörde der Landesanwaltschaft eingeschaltet. Ein Sprecher der Behörde, die auch für dienstrechtliche Vergehen von Beamten zuständig ist, bestätigt auf Anfrage entsprechende Informationen der SZ. Man habe vom Wissenschaftsministerium "vor kurzem die einschlägigen Verwaltungsunterlagen" übermittelt bekommen, "mit der Bitte um Prüfung und gegebenenfalls Einleitung eines Disziplinarverfahrens", erklärt der Sprecher der Landesanwaltschaft. "Derzeit werden die Unterlagen gesichtet und mit Blick auf ihre disziplinarrechtliche Relevanz ausgewertet." Da es sich um "umfangreiche Unterlagen" handele, werde das "noch einige Zeit in Anspruch nehmen". Weitere Auskünfte, etwa zum Personenkreis, um den es geht, könne man nicht geben, "wir befinden uns im Stadium von Vorermittlungen".

Zuvor hatte das Ministerium bestätigt, dass es bei mehreren vom Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) aufgedeckten Ausgaben für Dienstreisen, Taxifahrten und Restaurantbesuche zu "fehlerhaften Mittelverwendungen" gekommen sei, bei denen Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Umgang mit Steuergeld "nicht ausreichend beachtet wurden".

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Taxifahrten für 64 000 Euro, Mittagessen in edlen Lokalen: Die LMU soll für Restaurantbesuche und Dienstreisen übermäßig viel Geld ausgegeben haben, kritisiert der Rechnungshof. LMU-Präsident Huber widersprach dem.

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Der ORH hatte im Sommer fünf Fälle öffentlich gemacht, die bei einer Prüfung aufgefallen seien: Erstens Taxikosten von 64 000 Euro über zehn Jahre, verursacht durch einen Vizepräsidenten für Fahrten von München in seinen Heimatort. Zweitens in einer Fakultät geleistete Erstattungen von 21 000 Euro für Mittagessen, teils "in Restaurants der gehobenen Klasse". Drittens eine viertägige Tagung des LMU-Präsidiums mit elf Teilnehmern in Venedig für 14 800 Euro, davon 2000 Euro für ein Abendessen - dieser Angabe widerspricht die LMU inzwischen. Viertens eine dreitägige Fortbildung für 20 Mitarbeiter einer Fakultätsgeschäftsstelle in Venedig für 17 000 Euro. Fünftens die Verabschiedung eines Dekans in der Gastronomie auf dem Wendelstein mit 116 Teilnehmern für 12 000 Euro. Der ORH betonte, dass die Ergebnisse vorläufig seien, weil eine Stellungnahme des Ministeriums ausstehe. Die ist inzwischen eingegangen und wird beim ORH geprüft. Das Ministerium macht mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben, bei wie vielen der fünf Vorgänge "fehlerhafte Mittelverwendung" vorliege.

LMU-Präsident Bernd Huber ließ eine Sprecherin im Sommer erklären, aus den Empfehlungen eines eigens eingesetzten Ermittlers habe sich "kein Handlungsbedarf gegen Mitglieder der LMU in (...) dienstrechtlicher Hinsicht" ergeben. Das sieht das Ministerium nun offenbar anders. Zudem erklärte Hubers Sprecherin, von Verschwendung könne "keine Rede sein, ganz im Gegenteil: Die LMU geht sorgsam mit öffentlichen Geldern um". Wie bewertet Huber, dass das Ministerium die Vorwürfe des ORH zumindest teilweise bestätigt hat und ihm so widerspricht? Sieht er eine Verantwortung bei sich und seinen Vizepräsidenten für unangemessene Ausgaben? Auf diese und weitere Fragen antwortet die LMU-Sprecherin am Mittwoch, dass es "derzeit keine Grundlage" gebe, die "gestellten Fragen zu beantworten", da das Ministerium selbst von einem "noch nicht abgeschlossenen Vorgang" spreche.

Überdies dementiert die LMU-Sprecherin den ORH-Vorwurf, dass es bei der Tagung des Präsidiums in Venedig ein Abendessen für 2000 Euro gegeben habe. "Das hat es in der Größenordnung nicht gegeben." Die Summe war in mehreren Anfragen und Artikeln genannt, bisher hatte die LMU die Zahl unwidersprochen gelassen. Der ORH korrigierte am Mittwochnachmittag seine Angabe dazu: Es habe sich um vier Abendessen für 2000 Euro gehandelt.

Inzwischen zeichnet sich ab, dass das Thema auch die Politik und den Hochschulrat, eine Art Aufsichtsrat der LMU, beschäftigen wird. Verena Osgyan, die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, sagt: "Das Thema wird auf jeden Fall im Landtag behandelt werden." Die Prüfungsergebnisse des ORH seien ein Thema für den Finanzausschuss, ihre Fraktion wolle das dort thematisieren. "Und es kommt auch in den Wissenschaftsausschuss. Wir wollen wissen: Wie sind die Compliance-Regeln in den bayerischen Hochschulen? Gibt es noch Handlungsbedarf?" Die Grünen-Fraktion habe, ausgelöst von den Vorwürfen gegen die LMU, einen Bericht des Wissenschaftsministeriums angefragt, der noch ausstehe.

Der Konvent der wissenschaftlichen Mitarbeiter der LMU erklärt, man gehe davon aus, dass Präsident Huber in seinem turnusgemäßen Rechenschaftsbericht während der nächsten Hochschulratssitzung, die für den 17. November terminiert sei, auf das Thema eingehe - und dass das Gremium "auch in dieser Sache seiner Aufsichtspflicht nachkommt".

© SZ vom 22.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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