Was läuft in der Literatur?:Die Regeln des Erfolgs

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Barbi Markowić, hier kürzlich bei der Verleihung des Carl-Amery-Preises im Literaturhaus, wird am 17. Mai erneut nach in München reisen - und womöglich den nächsten Preis gewinnen. (Foto: Robert Haas)

Wer besteht im Literaturbetrieb? Darüber kann man in der zweiten Mai-Hälfte ausgiebig nachdenken, bei Münchner Lesungen von Anne Freytag bis Karl Ove Knausgård.

Von Antje Weber

Wie sieht Erfolg in der Literaturbranche aus? Rebecca F. Kuang kennt sich damit aus. In ihrem neuen Roman "Yellowface" ist ihre Ich-Erzählerin eine Autorin, die mit unlauteren Mitteln dem Erfolg nachjagt. "Der Literaturbetrieb", so denkt sie desillusioniert, "sucht sich einen Gewinner oder eine Gewinnerin aus - attraktiv genug, cool und jung und, mal ehrlich, wir denken es doch alle, also sprechen wir es doch aus, ,divers' genug - und überschüttet diese Person mit Geld und Unterstützung. Es ist so verdammt willkürlich."

Ganz so willkürlich ist es allerdings wohl doch nicht, Kuang ist selbst ein gutes Beispiel dafür. Die Autorin aus den USA, der zuletzt mit "Babel" ein Bestseller gelang, hat mehr als Attraktivität oder Coolness zu bieten; ihre Münchner Lesung aus "Yellowface" (15. Mai, Hugendubel) ist nicht zufällig längst ausverkauft. Und Kuang ist nur eine von etlichen prominenten Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die in den nächsten Wochen in München vor vollen Sälen lesen werden.

Um die ausverkauften Lesungen schnell abzuhaken: Auch für Nobelpreisträger Orhan Pamuk (14. Mai, Allerheiligen Hofkirche) gibt es keine Karten mehr. Wer dagegen Karl Ove Knausgård hören will, hat noch Chancen; der norwegische Bestsellerautor stellt seinen Roman "Das dritte Königreich" vor (16. Mai, Große Aula der LMU).

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Wem Bestseller-Listen weniger bedeuten als intellektuelle Höhenflüge, der könnte am 16. Mai auch das Lyrik Kabinett ansteuern: Der Dresdener Schriftsteller Durs Grünbein trifft dann auf seine britische Übersetzerin Karen Leeder, die das Münchner Publikum bereits anlässlich ihres Villa-Waldberta-Stipendiums vor zwei Jahren kennenlernen konnte. Seit mehr als einem Jahrzehnt sind die beiden im Austausch, und es wird interessant sein zu hören, wie Leeder etwa folgende Zeilen Grünbeins übersetzt und ihre Version begründet: "Dazusein, mitten im Irrsinn - meistens am falschen Ort. / Das Gehirn ist kein Bunker, aber draußen herrscht Krieg / Um alles, was maßlos ist: Glaube, Geschlechterglück, Geld. / Das Hirn gibt nie Ruhe, es protestiert, prozessiert immerfort."

Wessen Hirn nie Ruhe gibt, der ist auch bei Poetik-Vorlesungen der Münchner Schriftstellerin Slata Roschal richtig (15./23./29. Mai, LMU). Oder bei einer Lesung der ukrainisch-deutschen Autorin Lana Lux, die ihren Roman "Geordnete Verhältnisse" vorstellt (16. Mai, Glockenbach-Buchhandlung). Oder bei Lukas Bärfuss' viertem Abend der Reihe "Erde, Feuer, Wasser, Luft", an dem er auf den Grünen-Politiker Anton Hofreiter trifft ( 29. Mai, Kammerspiele).

Wer die Entwicklung von Erfolg begleiten will, könnte außerdem das neue interaktive Format "Keils Literaturrausch" ausprobieren, bei dem der Kritiker Günter Keil mit den Bestsellerautorinnen Anne Freytag, Yasmin Shakarami und Alexandra Blöchl spricht (15. Mai, Heppel & Ettlich). Oder am 17. Mai in den Kammerspielen sitzen: Dort stellen sich Barbi Markowić , Dana Vowinckel und Wilke Weermann vor, die das Finale des Literaturpreises "Text & Sprache" des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft bestreiten. Am Morgen nach ihrer Präsentation entscheidet die Jury, wer das Preisgeld von 20000 Euro mit nach Hause nehmen darf. Wen sie, wenn man die Kriterien von Kuang ansetzen will, wohl als attraktiv, cool, jung und divers genug einstuft?

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