Ein Autofahrer, der im Färbergraben vergeblich aufs Durchkommen zum Oberanger wartete, drückte schon nach zehn Minuten ungeduldig auf die Hupe - aber da war der Spuk längst noch nicht vorbei, der gerade durch die Sendlinger Straße zog. Eine Horde erschreckender Gestalten war am Sonntagnachmittag beim Krampuslauf in der Innenstadt unterwegs, und als der Autofahrer hupte, harrten am Ende der Dultstraße immer noch etliche Teilnehmer darauf, endlich loslaufen und in die Sendlinger Straße abbiegen zu dürfen.
Mehr als 400 Teilnehmer von 31 Brauchtumsgruppen aus Deutschland, Österreich und Südtirol seien in diesem Jahr mit von der Partie gewesen, berichtete der Organisationschef Tom Bierbaumer. Das waren deutlich mehr als 2022, als das Ritual nach coronabedingter Unterbrechung mit knapp 300 Teilnehmern aus 20 Gruppen wiederbelebt wurde.
Bierbaumer ist Obmann von "Sparifankerl Pass". Der Name steht mundartlich für "Teufelsgruppe", und so sehen die Gestalten auch aus, die am Sonntag die Stadt heimsuchten: eingemummt in dicke, zottelige Felle, maskiert mit zähnefletschenden Fratzen aus Holz und gedrechselten Hörnern auf dem Kopf, ausgestattet zudem mit scheppernden Glocken auf dem Rücken.
Seit 2001 bemüht sich Sparifankerl Pass um die Pflege des vor allem im Alpenraum verbreiteten Adventsbrauchs. Während der Nikolaus die braven Kinder belohnt, bestraft der Krampus die bösen. Wobei der Krampus nicht allein auftritt, sondern in Rudeln, ganz im Gegensatz zum vergleichsweise harmlosen Knecht Ruprecht, der vor allem in Norddeutschland als Nikolaus-Begleiter bekannt ist.
In diesem Jahr flankierten erneut mehrere Tausend Menschen den Weg der wilden Horde und leiteten deren Treiben in halbwegs geordnete Bahnen, von der Sendlinger Straße über Rinder- und Kripperlmarkt, um den Alten Peter zum Marienplatz und hinein in die Kaufingerstraße bis zum Dom.
Brauchtumsexperten erkannten in der Menge der zotteligen Ungeheuer freilich nicht nur Krampus-Figuren, sondern auch sogenannte Perchten, zu unterscheiden vor allem an den Hörnern.
"Die Perchten dürften streng genommen gar nicht mitlaufen", sagt Organisator Bierbaumer: Die erscheinen für gewöhnlich nur in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Dreikönig, um den Winter zu vertreiben. Nach dem massiven Schneefall des vorigen Wochenendes waren sie freilich sehr willkommen.