Vor der Kommunalwahl:Diese Politiker werden den Stadtrat verlassen

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Einige Politiker werden nach der Kommunalwahl 2020 nicht mehr am Rednerpult des Stadtratplenarsaals zu sehen und hören sein. (Foto: Stephan Rumpf)

Ganz gleich, wie die Kommunalwahl im März 2020 ausgeht, schon jetzt steht fest: In der Riege der Münchner Politiker werden viele bekannte Gesichter nicht mehr am Rednerpult auftauchen.

Von Dominik Hutter, München

Als Walter Zöller erstmals in den Münchner Stadtrat kam, liefen gerade die letzten Vorbereitungen für ein echtes Großereignis: die Olympischen Spiele. Bei der Kommunalwahl im Juni 1972 hatte die SPD die absolute Mehrheit errungen, Georg Kronawitter trat die Nachfolge von Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel an. Der Neuling Zöller hingegen war Mitglied der CSU, Jurist, 32 Jahre alt. Und er sollte später ordentlich Furore machen, in den Achtzigerjahren, als Kronawitter mitten in der Amtsperiode seine Mehrheit verlor und Zöller als "Schwarzer Riese" die sogenannte Gestaltungsmehrheit anführte. Offiziell war er damals Fraktionsvorsitzender der CSU, inoffiziell eine Art Regierungschef. Zöller spricht heute noch gerne über diese Zeit. Im Stadtrat ist er immer noch, 2014 wurde er zum achten Mal wiedergewählt. Und zum letzten Mal, denn im März 2020 tritt er nicht mehr an.

Wenn jemand wie Walter Zöller den Stadtrat verlässt, kann man getrost vom Ende einer Ära sprechen. Von einer Zäsur. Und Zöller ist nicht der einzige, die CSU und auch andere Parteien verlieren mit der anstehenden Kommunalwahl einige ihrer seit Jahrzehnten prägenden Köpfe. Hans Podiuk zum Beispiel, der in den vergangenen Jahren zum gefragten Fraktions-Weisen aufgestiegen ist. Der Truderinger sitzt seit 1978 für die CSU im Stadtrat, also auch schon 41 Jahre. Er gilt als einer, der immer da ist, wenn ihn seine Partei braucht. 2002 sprang er ein, als der CSU plötzlich der OB-Kandidat abhanden kam - obwohl der Posten als Rathaus-Chef eigentlich nie auf seinem politischen Wunschzettel stand. Fraktionsvorsitzender war er gleich zwei Mal - vor und nach Josef Schmid. Mit Podiuk gehen auch der liberale Strippenzieher Richard Quaas, der einst Geschäftsführer der Münchner CSU war, und Reinhold Babor, der CSU-Fraktionsälteste.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Walter Zöller ist derzeit der dienstälteste Münchner Stadtrat und Planungssprecher der CSU-Fraktion. Acht Mal ist er seit 1972 wiedergewählt worden. Nun tritt er nicht mehr an.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Auch sein Fraktionskollege Hans Podiuk zieht sich aus dem Stadtrat zurück. Er gehörte dem Gremium seit 1978 an - er war einmal OB-Kandidat und zweimal Fraktionschef der CSU.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Mit Podiuk geht auch der liberale Strippenzieher Richard Quaas, der sich vor allem in der Kulturpolitik engagiert hat.

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(Foto: privat)

Der älteste der CSU-Fraktion, Reinhold Babor, sitzt seit 1994 im Stadtrat und geht mit seinen 80 Jahren ebenfalls in den Politik-Ruhestand. Er kümmerte sich besonders um Seniorenthemen.

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(Foto: Florian Peljak)

Münchens Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) hört aus privaten Gründen auf. Die 58-Jährige zählt zu den renommiertesten Bildungs- und Sozialpolitikerinnen im Rathaus, im Stadtrat ist sie seit 1990, das Bürgermeisteramt hat sie seit 2006 inne.

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(Foto: privat)

Von 1998 bis 2008 war Helmut Schmid Fraktionschef der SPD. Nun tritt der erklärte Wiesn-Fan höchstwahrscheinlich nicht mehr an.

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(Foto: Toni Heigl)

Auch auf den Gewerkschafter Horst Lischka, der im Hintergrund gerne die Fäden zieht, muss die SPD-Fraktion im Stadtrat künftig verzichten. Er ist in der IG Metall engagiert.

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(Foto: privat)

Ulrike Boesser kandidiert ebenfalls nicht mehr. Sie vertritt die SPD im Kommunalausschuss.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Hans Dieter Kaplan zählt zu den Finanzexperten im Stadtrat. Auch er zieht sich zurück.

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(Foto: privat)

Genauso wie Bettina Messinger, die im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft sowie im Planungsausschuss sitzt und sich für Fahrradfahrer einsetzt. Sie will nach eigenen Angaben wieder mehr Zeit für sich haben.

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(Foto: Florian Peljak)

Heide Rieke steht der SPD-Fraktion künftig auch nicht mehr zur Verfügung. Sie ist die Planungssprecherin.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Bei den Grünen verabschiedet sich eine frühere OB-Kandidatin: Sabine Nallinger war die Hoffnungsträgerin bei der Kommunalwahl 2014.

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(Foto: Jakob Berr)

Auch der städtische Behindertenbeauftragte Oswald Utz (Grüne) taucht nicht mehr auf der Stadtratsliste seiner Partei auf.

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(Foto: privat)

Gleiches gilt für den hartnäckigen Planungs-Nachhaker Herbert Danner.

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(Foto: Robert Haas)

Fehlen wird auch Jutta Koller, die zu den engagiertesten Sozialpolitikerinnen der Grünen zählt.

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(Foto: Lukas Barth)

Die Umwelt-Fachfrau Sabine Krieger hat ihre Kandidatur zurückgezogen, nachdem sie von den Grünen nicht auf den gewünschten Listenplatz gewählt worden war.

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(Foto: Robert Haas)

Michael Mattar ist für eigenwillige und kontroverse Diskussionsbeiträge bekannt und wird dafür auch von den politischen Gegnern geschätzt. Der FDP-Politiker ist zwar auf dem elften Listenplatz vertreten, rechnet aber selbst nicht mehr mit seiner Wiederwahl.

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(Foto: oh)

Çetin Oraner sitzt für die Linke im Stadtrat, ist aber Mitglied der DKP - und der Grund dafür, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter 2014 keine Koalition mit den Linken eingehen wollte. Er wollte die Stadtratsliste der Partei für die Wahl 2020 anführen, scheiterte aber.

Aber nicht nur die CSU wird sich verändern. Der gesamte Stadtrat, das lässt sich schon jetzt unabhängig vom Wahlergebnis sagen, wird völlig anders aussehen als in den vergangenen Jahren. Die SPD verliert ihre Bürgermeisterin Christine Strobl, die am Marienplatz zu den renommiertesten Bildungs- und Sozialpolitikerinnen gehört. Die 58-Jährige hört aus privaten Gründen auf, sie war eigentlich als Listenplatz zwei nach Dieter Reiter eingeplant. Ebenfalls nicht mehr auf der Kandidatenliste vertreten ist wohl Helmut Schmid, der seit 1984 im Stadtrat sitzt und zehn Jahre lang, von 1998 bis 2008, Fraktionschef der SPD war. Die SPD hat ihre Liste noch nicht final erstellt. Schmid ist aber bei den Vorreihungen nicht mehr angetreten - obwohl ihm innerparteilich nachgesagt wird, sich mit dem Abschied sehr schwer zu tun. Auch der Gewerkschaftler Horst Lischka, der gerne im Hintergrund die Fäden zieht und dem viel Einfluss nachgesagt wird, hört auf. Viel Expertenwissen geht mit den bisherigen Mandatsträgern Ulrike Boesser (Kommunalausschuss), Hans Dieter Kaplan (Finanzen), Bettina Messinger (Arbeit und Planung) sowie Heide Rieke (Planung) verloren.

Bei den Grünen verabschiedet sich eine frühere OB-Kandidatin: Sabine Nallinger, die große Hoffnungsträgerin von 2014. Um sie war es, als die Grünen plötzlich in die Opposition mussten, sehr schnell sehr still geworden. Auch der städtische Behindertenbeaufragte, Oswald Utz, tritt nicht mehr an, ebenso wie der hartnäckige Planungs-Nachhaker Herbert Danner, die anerkannte Sozialpolitikerin Jutta Koller sowie die Umwelt-Fachfrau Sabine Krieger. Rechnet man mit ein, dass schon nach der Landtagswahl 2018 so erfahrene Politiker wie Ex-Bürgermeister Hep Monatzeder und die frühere Fraktionsvorsitzende Gülseren Demirel ausgeschieden sind, präsentieren sich die Grünen nach dem März 2020 als ziemlich runderneuerte Truppe. Obendrein dürfte nach allen Prognosen die neue Fraktion deutlich größer sein als die bisherige.

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Von Dominik Hutter

Wer kontroverse Stadtratsdebatten mag, wird bald Michael Mattar vermissen. Der FDP-Frontmann, der es geschafft hat, nach der Wahl 2014 aus seinen Liberalen, den Piraten und der Wählergruppe Hut eine Fraktion zu schmieden, ist zwar noch auf Listenplatz 11 seiner Partei vertreten. Er selbst rechnet aber nicht mehr mit einem Einzug ins Rathaus und zeigt auch keinerlei Bedauern darüber. Der Unternehmensberater Mattar ist seit Jahren immer für Positionen abseits der Mehrheitsmeinung gut - wohl begründet und daher meist auch bei der Konkurrenz anerkannt. Mattar, und das trifft vermutlich nur auf wenige Münchner Kommunalpolitiker zu, hat auch schon im Stadtrat einer anderen Stadt gewirkt, in Mainz nämlich. Von 1979 bis 1984.

Als kleine Opposition, das hat schon viele Stadträte frustriert, kann man im Rathaus zumeist nur wenig bewirken. Çetin Oraner, Mitglied der zweiköpfigen Gruppe der Linken, hat trotzdem unfreiwillig eine wesentliche Richtungsentscheidung beeinflusst, die sechs Jahre Stadtratsarbeit geprägt hat. Als nämlich nach der Wahl 2014 herauskam, dass Oraner Mitglied der DKP ist und auf einem offenen Platz der Linken-Liste kandidiert hatte, kam für den damals frisch gewählten OB Reiter eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken nicht mehr in Frage. Gut möglich, dass dies heute anders entschieden würde - der damals im Rathaus noch unbekannte Oraner entpuppte sich dann doch nicht als radikaler Ideologe, sondern eher als freundlicher und durchaus konstruktiv agierender Kollege. Auf dem Spitzenplatz ihrer Liste für 2020 wollten ihn die Linken aber trotzdem nicht sehen. Der gescheiterte Bewerber zog daraufhin seine Kandidatur für eine weitere Stadtratsperiode zurück.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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