Dänische Königin in München:Margrethe II. trifft Markus I.

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Reinste Routine, die immer begeistert und angetan aussehen muss: Königin Margrethe von Dänemark bei einigen Stationen in München am Freitag, hier im Königsbauhof der Residenz mit Gebirgsschützen. (Foto: Christof Stache/AFP)

Die Königin von Dänemark besucht München, der Ministerpräsident empfängt in der Residenz, allerdings möglichst kurz, fanfrei und abgeschirmt. Ist trotzdem zu spüren, warum die Royalen noch immer faszinieren?

Von Philipp Crone, München

Wird man sie sehen? Also nicht die Königin, die kommt ja, auch wenn es coronabedingt doch kein Bankett und keinen Fan-Aufkommen gibt an diesem grauen Freitagmittag. Aber einen königlichen Staatsempfang lässt sich Markus Söder nicht entgehen. Margrethe II. von Dänemark wird also von Markus I. von Bayern fränkisch royal in der Residenz empfangen. Insofern ist klar, dass Margrethe bei ihrem erst zweiten Deutschlandbesuch in fast 50 königlichen Regierungsjahren auch in München so royale Dinge tun wird wie königliches Aus-dem-Auto-Aussteigen, königliches Winken, königliches Teppich-Schreiten und königlich huldvolles Begrüßen, Smalltalken und Betrachten.

Das sieht man auch alles an diesem Freitag, aber sieht man auch eine brennende Zigarette bei der Kettenraucherin aus Kopenhagen? Und ist vielleicht sogar ansatzweise zu erkennen, warum selbst im Jahr 2021 Königinnen und Könige noch so interessant sind?

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Zunächst sehen die meisten relativ wenig am Eingang der Residenz. Mette Lintrup, 38, ist eine Dreiviertelstunde zu früh da. Dafür hat sie den besten Platz, kann sich die Polizisten und roten Teppich in aller Ruhe anschauen und darüber nachdenken, warum sie bei Kälte hier steht. "Margrethe ist für uns Dänen eine ganz wichtige historische und kulturelle Person", sagt sie, "und sie ist immer noch sehr hübsch!" Mit 81, davon 64 als Raucherin.

Lintrup steht da schon ein bisschen exemplarisch auf dem Max-Joseph-Platz. Sie ist eine Frau, und bei Staatsempfängen für Könige und -innen sind Frauen immer deutlich in der Überzahl. Aber gut, welcher kleine Junge will schon Prinzessin werden. Der Hang zum tollen Outfit, zum Palastleben, zum hochkulturellen Müßiggang scheint bei den Geschlechtern ungleich verteilt zu sein. So wie die Schießkompetenz der bayerischen Gebirgsschützen, nur andersrum.

Das erste, was Lintrup um 13.26 Uhr zu sehen und hören bekommt, sind rund 300 in Tracht gekleidete Menschen, darunter mindestens 30 Frauen, die mit Blasmusik in den Königsbauhof einziehen und sich rechts und links des dorthin verlegten roten Teppichs postieren, der einen in der Mitte des Hofes harrenden Poseidon umschließt. Es erinnert ein wenig an den Einzug der Wiesnwirte, ist aber mehr der Einzug der Riesenhüte, viele bayerische und ein dänischer.

"Unsere Königin steht für Vielfalt, für Aktivität, für Zusammenarbeit", sagt die Dänin Lintrup

Noch immer sind es gut 15 Minuten bis zur Ankunft der Königin, aber sämtliche Offiziellen sind längst derart angespannt, als ob sie gleich die dänische Hymne live im Bayerischen Fernsehen vorsingen müssten. Der Radiomann des Senders schaut in den Durchgang zum Max-Josph-Platz und vermeldet live: "Ja, der Ministerpräsident steht bereit." Und das so breit, dass es kein Fußballer besser nachstellen könnte. Es bleibt noch Zeit für die Frage an die Dänin Lintrup, warum sie diese ganze Royalistik so begeistert. "Unsere Königin steht für Vielfalt, für Aktivität, für Zusammenarbeit." Unsere Königin. Klingt schon anders als: unser Steinmeier.

Der Tölzer Knabenchor singt beim Besuch von Königin Margrethe von Dänemark in der Residenz München ein Lied. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Die Königin ist in Dänemark irre beliebt, noch immer. Schon die Studienauswahl ist beeindruckend: Völkerrecht, Wirtschaftswissenschaften, Staatswissenschaften, Geschichte, Jura, Volkswissenschaften und Archäologie. Allein das kann man bewundern. Aber der Reiz des Royalen ist für Fans ja meistens ein anderer. "Eskapismus", sagt eine Zuschauerin. Oder einfach die Sehnsucht nach einem sorgenfreien Leben, das einem zumindest die Insta-Accounts aller Königshäuser dieser Welt vermitteln. Aber nun, 13.43 Uhr, zwei Minuten zu früh, Auftritt Margrethe und Markus.

Sie steigt aus dem Wagen aus und wedelt exakt 15 Mal mit einer Hand in Richtung Lintrup und der weiteren 70 Zuschauer, dann schreitet sie auf dem Teppich gen Poseidon. Der Ober-Gebirgsschütze zieht vor Söder und der Königin etwas mühsam seinen Säbel und ruft: "Bitte zur Abschreitung." Er meint: Lauft los. Das macht Margrethe dann auch sehr gekonnt, es ist ja nicht ihr erster, sondern laut der dänischen Presse-Entourage bereits der 52. Staatsbesuch. Da ist man dann auch von Schützen nicht mehr beeindruckt. Während viele beim ersten der recht bombastisch knallenden Schüsse zucken, schaut die Königin in ihrem graublauen Kostüm fast gelangweilt. Dabei hallt das Geballere so herrlich, dass selbst geübte Königsreporter blinzeln müssen. Nach zehn Minuten ist der Auftritt vorbei, "sie betritt die Ahnengalerie" raunt ein Polizist in sein Headset. Viel Zeit bleibt nicht, auch nicht für eine Zigarette, denn sie muss ja gleich weiter in die Glyptothek.

Die Königin ist zu einem Rundgang durch die Glyptothek eingeladen. (Foto: Robert Haas)

Dort wartet im Eingangsbereich der "Knabe mit der Gans", sein Würgegriff passt wunderbar zum Anlass, es ist alles sehr angespannt hier, bis auf die Monarchin natürlich. Die kennt ihren Ruf, sie kennt sicher auch die Grundregeln, um interessant zu bleiben. Unbedingt erforderlich: unnahbar sein. Kriegt eine Königin mit so einem Tross natürlich problemlos hin. "No one follows the queen!" ermahnte der Mann von der Glyptothek vorher noch die Presseschar. Dabei hat sie 538 000 Follower allein auf Instagram. Ob in den Posts oder bei Besuchen, so eine skandalfreie Königin ist wie ein täglicher Werbeblock nach der Tagesschau. Margrethe, die sympathische, humorvolle, gebildete und interessierte Dänin. Da kann manch einer schon auf die Idee kommen, ob nicht vielleicht viele so sind wie sie.

Der Besuch in der Glyptothek ist dann noch enger getaktet als der bei Söder. Margrethes Ankunft dauert keine Minute, bei den späteren Stationen ist es nicht viel anders. Und wo ist sie nun, die Zigarette? "Seit vielen Jahren hat keiner mehr ein Foto von der rauchenden Königin machen können", sagt ein dänischer Fotograf. Vielleicht ist es ja ganz anders: Die öffentlichen Auftritte dürfen deshalb nicht länger sein, weil Margrethe extrem ausgiebige Rauchpausen braucht.

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