Haidhausen:Warten aufs Unionsbräu

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Das Unionsbräu in der Einsteinstraße bleibt vorerst geschlossen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Zerdepperte Scheiben, verwaiste Baustelle: Es fließt schon lange kein Bier mehr im Unionsbräu. Um die große Traditionsgaststätte an der Einsteinstraße ist ein erbitterter Rechtsstreit entbrannt.

Von Patrik Stäbler

Von dem prächtigen Metallschild am Eingang strahlt das Münchner Kindl auf die Einsteinstraße hinab und reckt lachend den Masskrug - was so gar nicht zur aktuellen Situation der Traditionsgaststätte Unionsbräu in Haidhausen passen will. Zum einen gibt das denkmalgeschützte Gebäude einen jämmerlichen Eindruck ab: Im Eingangsbereich wehen alte Zeitungen umher, auf dem Briefkasten sind Aufkleber und Schmierereien, eine der Scheiben ist zerdeppert, und beim Blick durchs Fenster zeigt sich eine offenbar seit Längerem verwaiste Baustelle. Zum anderen ist hinter den Kulissen des geschichtsträchtigen Hauses, in dem einst eine der größten Brauereien Münchens residierte, ein erbitterter Rechtsstreit entbrannt.

So hat die Stadt als Inhaberin der Gaststätte dem Wirt im August gekündigt - noch ehe dieser das Lokal auch nur einen Tag öffnen konnte. Als Gründe seien dabei nicht gezahlte Mieten sowie ungenehmigte Umbauten angeführt worden, sagt Sandro Wendnagel, der Anwalt des Mieters. Ihm zufolge will sein Mandant gegen die Kündigung vorgehen. Derweil hat die Stadt eine Räumungsklage eingereicht. Das Kommunalreferat teilt mit: "Das Gebäude weist einen erheblichen Wasserschaden auf, weshalb die Stadt dem Pächter gekündigt hat." Und weiter: "Zum Schaden und zur Räumung des Objekts befindet sich die Stadt mit dem Pächter im Rechtsstreit und darf zum laufenden Verfahren keine Angaben machen."

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Dabei war die Zuversicht allseits noch groß, als im November 2015 - nach drei Jahren Leerstand - Leben ins Unionsbräu zurückkehrte. Man sei sehr froh, sagte damals Kommunalreferent Axel Markwardt, in Igor Divjak einen Wirt gefunden zu haben, "der aus dem Unionsbräu für Haidhausen wieder einen äußerst gastlichen Ort gemacht hat, wo alle von 18 bis 80 gerne zum Essen, Trinken und Ratschen zusammenkommen".

Der vorherige Wirt gab auf, "weil ich mit der Stadt nur Stress und Ärger hatte"

Der so Gepriesene hatte in dem Lokal die Nachfolge von Wiesnwirt Wiggerl Hagn angetreten, nachdem dieser 2012 das Handtuch geworfen hatte - nach 20 Jahren im Unionsbräu. Das Lokal sei für ihn ein andauerndes Verlustgeschäft gewesen, sagte Hagn damals. Als problematisch erwies sich vor allem die Größe der Gaststätte, zu der nebst der Wirtschaft im Parterre auch ein Saal und Konferenzräume im ersten Stock sowie zwei Kellergeschosse gehören. Dazu kommen eine schwierige Parkplatzsituation sowie eine Vereinbarung, wonach im Unionsbräu bloß Getränke von Löwenbräu ausgeschenkt werden dürfen.

Ungeachtet dieser Erschwernisse habe er nach der Übernahme "gute Umsätze geschrieben", sagt Igor Divjak. Dennoch gab er das Unionsbräu nach fünf Jahren wieder auf, "weil ich mit der Stadt nur Stress und Ärger hatte". Dieser Zwist wurde auch vor Gericht ausgefochten; im Oktober 2018 ging es dabei um Zahlungsrückstände und Untervermietungen. So wollte Divjak im Unionsbräu neben dem Gaststättengeschäft auch sogenannte Escape Rooms etablieren, in denen Gruppen gemeinsam Rätsel lösen. "Eine Veranstaltungsstätte mit 800 Plätzen füllt man nicht, wenn man nur Bier ausschenkt", sagt Divjak. "Diese Zeiten sind längst vorbei."

Infolge der Auseinandersetzung mit der Stadt - beziehungsweise der fürs Unionsbräu zuständigen städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG - habe er die Gaststätte Anfang 2020 abgegeben, sagt Divjak, der in Laim das Restaurant Huiras betreibt. Hierfür habe er die GmbH veräußert, die als Mieterin des Unionsbräu auftritt. Der Käufer war jener Mandant von Sandro Wendnagel, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will und sich über seinen Anwalt äußert. Dieser gibt an, dass der neue Mieter nach der Übernahme - und in Zeiten des Corona-Lockdowns - die Gaststätte modernisiert habe. "Er hat viel Geld in die Hand genommen, um die Bäder und die Terrasse neu zu machen", sagt Wendnagel. Ende 2020 sei dann aber ein Wasserschaden festgestellt worden. Wobei dieser, das betont der Anwalt, in keinem Zusammenhang zu den vorherigen Modernisierungen stehe.

Die Stadt hat eine Kündigung ausgesprochen - und um die wird nun vor Gericht gestritten

Das Kommunalreferat spricht in dem Zusammenhang von einem "erheblichen Wasserschaden", dessen Ausbreitung man durch "Akutmaßnahmen" zu verhindern suchte. Tatsächlich sei bis zum Frühjahr in dem Gebäude gearbeitet worden, berichtet Wendnagel. Unter anderem seien die Böden und die komplette Küche herausgerissen worden. "Doch seit Mai steht die Baustelle still", hadert der Anwalt. "Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mein Mandant herausgedrängt werden soll."

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Wieso sich im Unionsbräu nichts tut? Diese Frage lässt das Kommunalreferat unbeantwortet - mit Verweis auf das laufende Verfahren. Eine Sprecherin teilt lediglich mit, dass zunächst eine "einvernehmliche Vertragsauflösung" mit dem Mieter angestrebt wurde. Nachdem man sich nicht habe einigen können, sei dann die Kündigung ausgesprochen worden.

Deren Rechtmäßigkeit wird nun also ein Gericht bewerten müssen. Laut Anwalt Sandro Wendnagel ist sein Mandant weiterhin gewillt, das Unionsbräu zu betreiben: "Es ist sein großer Traum, so ein großes Lokal zu führen." Unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits wird es aber sicher noch einige Zeit dauern, bis das Unionsbräu wieder öffnen kann. Man untersuche den "erheblichen Sanierungsaufwand im Objekt", heißt es vonseiten des Kommunalreferats. "Der Umfang und die Dauer der Sanierungsmaßnahmen kann erst nach Abschluss dieser Prüfungen festgelegt werden."

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