Lieferdienst in der Maxvorstadt:"Damit werden Leben gefährdet"

Lesezeit: 2 min

Der Lieferverkehr am Gorillas-Logistikzentrum blockiert immer wieder die Lothstraße. Anwohner protestieren gegen diese Zustände - es wird auch das Durchkommen für Rettungsfahrzeuge erschwert.

Von David Wünschel, Maxvorstadt

"Faster than you": So lautet der Slogan des Lieferdienstes Gorillas, der seit einigen Monaten in München Lebensmittel an die Haustür bringt. Schneller als du. Schneller als der Einkauf im Supermarkt also. Beobachtet man die Situation um das Gorillas-Logistikzentrum in der Maxvorstadt, könnte man mit etwas Zynismus behaupten: Das Unternehmen mag zwar schnell sein - bremst dabei aber andere aus. Zur Erklärung: Das Geschäftsmodell von Gorillas besteht darin, dass zwischen Bestellung und Lieferung nur zehn Minuten vergehen sollen. Das Sortiment ist nicht so groß wie im Supermarkt, aber ordentlich. Um die schnelle Lieferzeit einzuhalten, betreibt Gorillas in mehreren Stadtteilen Logistikzentren. Dort werden die bestellten Waren in Rucksäcke gepackt und an Fahrradkuriere übergeben. Eines dieser Logistikzentren befindet sich an der Lothstraße in der Maxvorstadt.

Seit einigen Wochen klagen Anwohner dort über unhaltbare Zustände. Es gehe zu "wie auf einem Gewerbehof", sagt Beate Körber. Weil die Einfahrt zum Logistikzentrum zu klein sei, würden jeden Tag Lastwagen minutenlang hin- und her rangieren oder einfach auf dem Gehweg parken. Die Folge sei ein "unglaublicher Lärm": laufende Motoren, laute Bremsen, wummernde Kühlaggregate. Auf Bildern von Anwohnern ist außerdem zu sehen, wie die Zulieferer den Verkehr behindern. Durch die Straße fährt die Buslinie 153. Manchmal passe der Bus schlichtweg nicht an den Lkw vorbei, so Körber. Dahinter würden sich dann andere Fahrzeuge stauen.

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Das ist besonders problematisch, weil sich in der Nähe des Logistikzentrums eine Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr und das Deutsche Herzzentrum befinden. Mittlerweile ist das Thema auch im Bezirksausschuss (BA) Maxvorstadt angelangt. Grüne und SPD haben dort einen Antrag verabschiedet, in dem sie fordern, den Lieferverkehr umzuleiten. Die Situation in der Lothstraße sei nicht hinnehmbar, denn: "Auch Feuerwehr und Krankenwagen würden im Ernstfall nicht durchkommen. Damit werden Leben gefährdet."

BA-Mitglied Felix Lang (SPD) ist als Anwohner selbst betroffen. Von seinem Schreibtisch aus kann er den Lieferverkehr täglich beobachten. Wenn die Lkw auf dem Bürgersteig parken, müssten auch Fahrräder regelmäßig ausweichen. "Das ist verdammt gefährlich", so Lang, schließlich sei die Lothstraße Teil des Radlrings. Laut Aussagen von Anwohnern ist es schon zu mehreren Unfällen gekommen. Den Mitarbeitern der Lieferdienste will Lang keinen Vorwurf machen. Dem Unternehmen jedoch schon: Die Lothstraße sei ein Wohngebiet und als solches für einen starken Lieferverkehr nicht ausgelegt.

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Auf Anfrage bestätigt ein Sprecher von Gorillas, dass es in der Vergangenheit zu Einschränkungen im Verkehr gekommen ist und bittet um Entschuldigung. Man habe die Zulieferer angewiesen, nur noch in freien Lücken zu parken und für die letzten Meter zum Lager einen Hubwagen zu benutzen. Außerdem kooperiere man mittlerweile mit Partnern, die kleinere Lkw nutzen - und stelle sicher, dass sich alle an die gesetzlichen Ruhezeiten halten.

SPD, Grüne und Anwohner fordern dennoch, dass die Anlieferung künftig über die größere Nymphenburger Straße erfolgen soll. Dann müssten die Zulieferer ein paar Schritte mehr zurücklegen und es würde wohl einige Minuten länger dauern, bis die Waren im Lager sind. Gorillas schließt diese Alternative jedoch aus: Im relevanten Straßenabschnitt befänden sich eine Baustelle und ein Taxistandplatz. Außerdem sei man zuversichtlich, mit den bisher getroffenen Maßnahmen "einen Schritt weiter gekommen zu sein".

Sollte das Verkehrschaos weiterhin bestehen, will Körber mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn womöglich eine Bürgerinitiative gründen. Die Ansprüche gegen Gorillas könne man dann juristisch durchsetzen, sagt Körber. Dafür sei man auch bereit, einiges zu investieren: "Unsere Kampfkasse ist schon gut gefüllt."

© SZ vom 06.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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