Gewürzläden in München:Von Andaliman-Pfeffer bis "Sexgewürz gemahlen"

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Mehrere Geschäfte in der Münchner Innenstadt haben sich auf den Handel mit Gewürzen spezialisiert. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Schuhbecks Laden am Platzl war lange Zeit der bekannteste - aber jetzt gibt es in der Altstadt gleich an zwei neuen Orten Geschäfte, die auch auf exotische Aromen und ausgefallene Mischungen setzen.

Von Franz Kotteder

Jörg Springer ist wirklich einiges gewohnt inzwischen. Aber natürlich hat er die Frage langsam über: "Wie lange gibt es Euch denn noch?" Sicher, Alfons Schuhbeck, sein Chef, hat inzwischen eine Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung antreten müssen in Landsberg, aber der Laden am Platzl ist deshalb nicht verwaist. Der Investor Falk Raudies ist eingesprungen und hat die Mietrückstände übernommen. "Die Zukunft ist gesichert", sagt Geschäftsführer Springer.

Schuhbecks Gewürzladen am Platzl ist das Dickschiff in der Münchner Kräuter- und Gewürzarmada. Beinahe ein richtiges Kaufhaus ist er, auf zwei Stockwerken gibt es nahezu alles, was die Branche so zu bieten hat. Die Grundgewürze und die einschlägigen Kräuter natürlich. Aber auch alle Gewürzmischungen für spezielle Gerichte, die Alfons Schuhbeck in seinen beinahe schon unzähligen Büchern vorgestellt hat. Die jeweils eigenen und speziellen Mischungen sind überhaupt die Besonderheit eines jeden Gewürzladens, denn mit der Grundausstattung kommt man im Einzelhandel nicht sehr weit. Den Namen macht man sich durch die Eigenproduktionen, die den Kunden überzeugen und an den Laden binden.

Schuhbecks Gewürzladen am Platzl ist das Dickschiff in der Münchner Kräuter- und Gewürzarmada. (Foto: Alessandra Schellnegger)
(Foto: Alessandra Schellnegger)

Bei Schuhbeck wird diese Produktpalette breit ausgerollt, online und am Platzl gibt es nicht nur das "marokkanische Hähnchen- & Steakgewürz" oder das "syrische Spinatgewürz", sondern auch so Absonderlichkeiten wie ein "Nudelwassergewürzsalz" oder gar ein "Sexgewürz gemahlen". Kreiert hat diese Mischungen alle der Meister selbst, die Grundzutaten stammen allerdings praktisch alle von Gewürze Fuchs. Das Unternehmen ist ein international tätiger Konzern aus dem Teutoburger Wald, der in Supermärkten und in der Lebensmittelindustrie jährlich rund 560 Millionen Euro Umsatz macht.

Dessen Massenware würde Andrea Rolshausen allerdings ganz sicher nicht verkaufen, auch wenn sie sich zurückhält mit Äußerungen über den großen Konkurrenten. Gut, manchmal ärgert sie sich ein wenig, wenn sie solche Gespräche vor ihrem Geschäft mitbekommt: "Schau hi, da gibt's an Ingwer! Aber da gehen wir zum Schuhbeck, der kennt sich da besser aus." Andrea Rolshausens Credo lautet: "Wenn ich schon was mach', dann was Gscheits!"

Andrea Rolshausen ist mit ihrem Laden "Gewürze der Welt" schon mehrmals umgezogen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ihr Laden ist deutlich kleiner als der vom Schuhbeck, er heißt "Gewürze der Welt" und befindet sich im Ruffinihaus mit der schönen Adresse Sendlinger Straße 1. Im Juni konnte sie in die größeren Räume des früheren Haushaltswarenladens Nahr an der Ecke zum Färbergraben umziehen, der Andrang hat stark zugenommen. An manchen Tagen braucht sie zwei Verkäuferinnen, weil sie jetzt viel mehr Laufkundschaft als vorher hat, und sie will die Leute schließlich auch beraten.

"Gelegentlich ist es dann so voll und so eng, dass sich die Rucksäcke der Kunden ineinander verhaken", sagt sie und lacht. "Gewürze der Welt" gibt es als Ladengeschäft seit 2016, seitdem ist sie alle zwei Jahre umgezogen. Erst war Rolshausen beim Kaufhaus Konen ums Eck, dann beim Donisl, schließlich beim Spanischen Früchtehaus und jetzt hier: "Manche Stammkunden sagen schon: ,Macht's nur so weiter - wir finden euch trotzdem!'"

Rolshausen lebt eigentlich in Weßling, dort hat ihre Firma auch ihren Sitz und ihre erste Produktionsstätte in der eigenen Garage. Inzwischen werden die Gewürze für die Mischungen in der Dependance in Hechendorf zusammengestellt, geröstet, wenn nötig, und weiterverarbeitet. Die gelernte Übersetzerin für Französisch kam 2007 bei einem längeren Aufenthalt auf Madagaskar, der bettelarmen Gewürzinsel, auf die Idee, von dort Pfeffer, Nelken und Kardamom zu importieren. Erst über den eigenen Onlineshop, später dann in Läden in Hechendorf und in der Münchner Innenstadt, inzwischen gibt es auch einen in Nürnberg.

Biologisch, fair, plastikfrei und, wenn es möglich ist, auch regional sollen die Produkte sein. (Foto: Alessandra Schellnegger)
(Foto: Alessandra Schellnegger)

Auch dort gibt es nur "was Gscheits" nach Rolshausens Kriterien, die da lauten: biologisch, fair, plastikfrei und, wenn es möglich ist, auch regional, jedenfalls keine billige Massenware aus China. In den Regalen des Ladens an der Sendlinger Straße findet man Sojasoßen und Salzzitronen von kleinen österreichischen Manufakturen, Safran aus München (den gibt es tatsächlich), Kräuter aus Franken, Öle aus Niederbayern. Aber eben auch sehr viel selbst Importiertes aus Asien, Indonesien, Sri Lanka und Afrika, aus Südamerika und von der arabischen Halbinsel, oft in kleinen Chargen, "damit immer alles möglichst frisch ist". Die Preise? Sind naturgemäß höher als im Supermarkt, ist ja klar. Aber wenn man einmal seine Nase in eines der Probierdöschen gehalten hat, weiß man auch, warum man mehr zahlt.

Das ist am anderen Ende der Sendlinger Straße auf Nummer 45 ähnlich. Dort findet sich der neueste Zuwachs, was Kräuter und Gewürze angeht. Die "Gewürzmühle Rosenheim" hat hier seit Anfang September auf knapp 60 Quadratmetern ihre Münchner Filiale aufgemacht. Ach, was heißt Filiale! Eigentlich ist es eine regelrechte Galerie. Sehr stylish, mit allerhand Industrial Design. "Das hier hinten war mal ein Regal für Autoreifen", erzählt Geschäftsführer Simon Mendel, "und das hier ein Verkaufstisch von einem indonesischen Gewürzmarkt."

Geschäftsführer Simon Mendel (rechts, hier mit Mitarbeiter Dominik Schmalhofer) betreibt die "Gewürzmühle Rosenheim", die es seit September auch in der Sendlinger Straße gibt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Mendel, 36, ist geschäftsführender Gesellschafter der Rosenheimer Gewürzmühle, die es seit mehr als 60 Jahren gibt. Auch die Mühlen und Röstmaschinen seien zum größten Teil so alt. Das habe den Vorteil, dass sie langsamer mahlten als die modernen Maschinen und nicht so heiß liefen "wie eine Kreissäge", denn das schade den Gewürzen nur, sagt Mendel. Der gebürtige Münchner hat in Frankfurt "Food, Beverage and Culinary Management" studiert und war danach beim Feinkosthaus Dallmayr für den Einkauf von Gewürzen zuständig.

Offenkundig versteht er auch viel von Marketing, sämtliche Kräuter und Gewürzmischungen sind verpackt in edle schwarze oder orangefarbene Dosen. Heimat, Handwerk und Tradition fänden in seiner Manufaktur zusammen, sagt er, aber selbstverständlich gibt es auch einen Onlineshop. Man arbeite mit Sterneköchen wie Nils Henkel zusammen und entwickele so neue Produkte und Mixturen.

Die Gewürzmühle legt auch großen Wert auf das Design der Verpackungen. (Foto: Alessandra Schellnegger)
(Foto: Alessandra Schellnegger)

So findet sich im Gewürzmühlladen nicht nur eine wahre Fülle an Pfeffersorten vom violetten Bergpfeffer aus Tasmanien bis zum indonesischen Andaliman-Zitronenstrauch-Pfeffer, sondern auch ein "Wildgewürz mit Kakao und Fichtennadeln". Die Qualität ist, keine Frage, äußerst hochwertig, und beim Einkaufen sollte man sich unbedingt den Genuss gönnen, an möglichst vielen Proben zu riechen. Es gibt aber auch Mischungen, die mutmaßlich auf ein breiteres Publikum zielen, wie das "Bratkartoffel-Kini-Gewürz". Könnte mit diesem Namen eigentlich auch von Schuhbeck stammen.

Und Jörg Springer, der Geschäftsführer von Schuhbecks Gewürzladen am Platzl, was sagt er zu der neuen Konkurrenz? "Ich glaube nicht, dass wir uns ins Gehege kommen", meint er, "wir bedienen eine unterschiedliche Kundschaft." Zwar seien die letzten Monate schwierig gewesen, das muss er zugeben, aber das lag eher an der Unsicherheit, wie es nach dem Urteilsspruch gegen Schuhbeck weitergehen sollte. Dass die Kochsendungen des Chefs wegfielen, merkte man natürlich am Umsatz. Und dann war da noch die Inflation. "Früher kauften die Leute schon mal für 80 Euro ein, dann waren es nur noch zehn oder 15 Euro", sagt Springer, "aber mittlerweile haben wir unser Geschäft wieder stabilisiert."

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