Im Münchner Stadtrat braut sich Ärger zusammen über das Fan-Fest auf der Theresienwiese, mit dem am 12. Juni die zwei Tage später startende Fußball-EM eingeläutet werden soll. Grund ist ein Schreiben des Wirtschaftsreferenten Clemens Baumgärtner (CSU), in dem dieser den sechs Fraktionen vorige Woche erklärt hat, warum es keine verbilligten Tickets für Bedürftige geben wird.
Genau das hatte der Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft aber zur Bedingung gemacht, als er im November die Theresienwiese für das Fan-Fest hergab, bei dem die Weltstars Ed Sheeran und Nelly Furtado, der deutsche Sänger Mark Forster und die englische Newcomerin Dylan auftreten: "Das Referat für Arbeit und Wirtschaft wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Konzertveranstalter nach Möglichkeit ein Kontingent für Karten mit sozialverträglichen Preisen zur Verfügung zu stellen, damit es ein Fest für alle wird", heißt es im Beschluss.
Nun hat Baumgärtner in seinem Schreiben die Worte "nach Möglichkeit" fett gedruckt und unterstrichen hervorgehoben und mitgeteilt, dass bei Auslotung der Möglichkeiten ein strafrechtliches Risiko entdeckt wurde, "sofern vergünstigte Karten an bzw. über die Landeshauptstadt (an Dritte) ausgegeben werden". Die mögliche Straftat: Annahme oder Gewährung eines Vorteils. Angesichts dessen blieben nur zwei Möglichkeiten, so Baumgärtner: Entweder kaufe die Stadt Tickets zum regulären Preis und gebe sie weiter, wofür aber kein Budget existiere; oder der Veranstalter komme "aus freien Stücken dem Willen des Stadtrates in einer gangbaren Weise nach". Das sei geschehen.
Das Hamburger Unternehmen FKP Scorpio hat einen vergleichsweise tatsächlich günstigen Grundpreis von 95 Euro festgesetzt, der durch diverse Gebühren freilich auf 110 Euro anschwillt. "Viele Menschen in dieser Stadt können sich das nicht leisten", sagt die SPD-Stadträtin Simone Burger. Sie appelliert an FKP Scorpio, ein günstiges Kartenkontingent zur Verfügung zu stellen. "Rechtlich ist das kein Problem, wenn der Veranstalter das selber macht", sagt sie. Sebastian Weisenburger, Fraktionschef von Grünen/Rosa Liste, erinnert daran, "dass der Stadtratsauftrag ohnehin darauf abzielte, dass der Veranstalter das Kontingent selbst bereitstellen soll und nicht die Stadt - das wäre ja die einfachste Lösung gewesen".
Sowohl Weisenburger als auch der Linken-Fraktionschef Stefan Jagel monieren zudem Baumgärtners Vorgehen. Der beruft sich in seiner Argumentation auf ein juristisches Gutachten, das offensichtlich von FKP Scorpio stammt. Weisenburger findet das "merkwürdig, weil der aus wirtschaftlichen Gründen ja kein Interesse an sehr günstigen oder kostenlosen Karten hat". Jagel irritiert dabei, dass das Referat womöglich den Stadtratsbeschluss weitergegeben habe und daraufhin das Rechtsgutachten zurückbekam.
Dass der Konzertveranstalter "sein Geld lieber in Gutachten von Rechtsanwälten steckt, anstatt vergünstigte Karten für Bedürftige zu genehmigen", kritisiert auch Tobias Ruff, Sprecher von ÖDP und München-Liste. Er fügt hinzu: "Die Theresienwiese darf nicht dafür dienen, dass private Unternehmer ihren Profit mehren und die Allgemeinheit nur die Belastungen trägt."
Während der Konzertveranstalter allein aus dem Verkauf der 90 000 Eintrittskarten mit Einnahmen von 8,5 Millionen Euro rechnen kann, plant die Stadt für die Überlassung der Theresienwiese nur mit 60 000 Euro Einnahmen. Die setzen sich zusammen aus den Tagespauschalen für die Zeit des Auf- und Abbaus vom 31. Mai bis 17. Juni, 10 300 Euro, sowie 55 Cent für jeden am Veranstaltungstag genutzten Quadratmeter, das dürften zwischen 90 000 und 100 000 Quadratmeter sein.
Während sich die CSU/Freie-Wähler-Fraktion mit der Auskunft des Wirtschaftsreferenten zufriedengibt, haben die anderen Parteien noch Gesprächsbedarf. SPD-Frau Burger will demnächst noch einmal in den Austausch mit dem Wirtschaftsreferat gehen. "Wir hoffen, dass wir noch was bewegen können." Linken-Sprecher Jagel fordert, wenigstens 100 Tickets zu erwerben und diese dann unter Besitzern des München-Passes zu verlosen. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft habe die dafür nötigen 12 000 Euro "sicher noch irgendwo im Budget".