Infektionen:Plötzlich ist Corona wieder ein Thema

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Nach dem Rosenheimer Herbstfest und der Münchner Wiesn haben sich die Fälle mit einer Corona-Nebendiagnose in der Ebersberger Kreisklinik gehäuft. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Schniefende Nasen und Husten: Viele Münchnerinnen und Münchner wollen wissen, ob sie Covid-19 haben. Apotheker berichten von zeitweise ausverkauften Schnelltests. Wie verbreitet ist die Infektion wirklich?

Von Ekaterina Kel

Zwanzig Kunden habe sie an diesem Tag schon vertrösten müssen, sagt Apothekerin Nuray Böck. Sie wollten alle Corona-Schnelltests - aber Böck konnte ihnen leider keine verkaufen. Die Vorräte der Hans-Mielich-Apotheke in Untergiesing seien leergekauft, erzählt die Mitarbeiterin. Nachschub wird erst am kommenden Tag geliefert.

So wie Böck geht es vielen Apothekerinnen und Apothekern in München: Die Nachfrage nach Corona-Schnelltests ist plötzlich wieder sehr hoch und man ist damit beschäftigt, mit den Bestellungen hinterherzukommen. Grund ist die momentane Erkältungswelle. "Direkt nach der Wiesn ging es los", erzählt Böck. Immer mehr Kundinnen und Kunden mit typischen Erkältungssymptomen standen bei ihr vor der Theke und wollten Medikamente gegen Husten und Schnupfen - und dazu noch ein paar Corona-Schnelltests. Sie merke, dass die Menschen wieder sensibilisiert seien für das Thema Ansteckung, viele kämen mit Maske.

Zwar habe die Apotheke im Voraus neue Tests bestellt - schließlich habe man schon gewusst, dass es nach dem Oktoberfest wieder losgeht mit der Erkältungssaison. Jedoch sei es schwierig, die richtige Menge abzuschätzen, sagt Böck.

In der Humboldt Apotheke in der Au sind die Tests zwar noch vorrätig. Aber der Inhaber Peter Schmitt muss stets die Übersicht behalten - schließlich können allein bei ihm an einem Tag auch mal 100 Tests über die Theke gehen. Er habe damit gerechnet, sagt Schmitt. Vor der Wiesn habe er 500 Tests bestellt, die seien sehr schnell weg gewesen. Bereits kurz vor dem Oktoberfest habe er ein größeres Interesse für die Schnelltests festgestellt, sagt er. Aber in den vergangenen zehn Tagen sei die Nachfrage noch einmal deutlich gestiegen.

Kein Wunder, viele kämen mit Husten und Schnupfen, aber ohne Maske zu ihm in die Apotheke, berichtet Schmitt. Seine Mitarbeiter und er seien auch vor Kurzem an Covid-19 erkrankt.

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Die Nachfrage nach Corona-Schnelltests werde noch weiter steigen, schätzt Peter Sandmann, Münchner Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands. Er beobachtet aktuell eine Preissteigerung beim Einkauf. Im Vergleich zum Sommer, als noch kein Mensch an Corona gedacht hat, habe sich der Preis "mindestens verdoppelt", so der Apotheker. Sein Zusteller sei zuverlässig, Engpässe bei den Corona-Tests gebe es bei ihm nicht, so Sandmann. Wer in Apotheken nicht mehr fündig wird kann sein Glück derzeit allerdings auch in diversen Einkaufsläden und Drogeriemärkten versuchen. Einige haben zur Grippesaison Corona-Tests nachbestellt, bei manchen Ketten, wie zum Beispiel dm, kann man die Tests auch online für den Privatgebrauch bestellen.

Sandmann weist jedoch darauf hin, dass es weiterhin Engpässe bei anderen Medikamenten gebe, etwa bei Antibiotikumsäften für Kinder. Erst kürzlich musste er einen Erkrankten nachts wegschicken, weil er auch für ihn als Erwachsenen einfach keine Antibiotika hatte.

Und was ist mit abgelaufenen Tests? Die Apotheker weisen einhellig darauf hin, dass sie keine Empfehlung für abgelaufene Tests geben können. Auch Infektiologe Christoph Spinner vom Klinikum rechts der Isar warnt davor, abgelaufene Tests zu benutzen. Es handle sich um zertifizierte Medizinprodukte, bei denen der Hersteller eben nur bis zum genannten Datum garantiert, dass sie funktionieren. Dagegen können die aktuellen Tests, die neu gekauft werden, laut Spinner genauso verlässlich wie früher den Erreger erkennen - trotz zahlreicher neuer Varianten.

Zuverlässige Corona-Zahlen für München kaum möglich

Im Abwasser der Stadt findet sich das wohl aktuellste Bild von der Corona-Lage in der Stadt. Dort suchen Wissenschaftler verschiedener virologischer Institute nach dem Coronavirus. Der aktuelle Trend ist laut dem sogenannten Abwassermonitoring Bay-Voc steigend, die Trendlinie reicht fast genauso hoch wie im vergangenen Herbst. In den offiziellen Meldezahlen, die beim Robert-Koch-Institut zusammenlaufen, spiegelt sich das nicht wider. Laut dem RKI wurden in der vergangenen Woche insgesamt 569 positive Corona-Fälle in der Stadt gemeldet, ein Plus von 127 Fällen. Jedoch ist diese Zahl sehr gering. In der gleichen Woche vor einem Jahr waren es 19 910 positive Fälle.

Die Menschen testen sich wieder mehr - aber wie viele von den positiven Testergebnissen in der Statistik landen, kann keiner sagen. Denn da landen nur Ergebnisse von PCR-Tests, die hauptsächlich in Arztpraxen gemacht werden. Das Labor Becker & Kollegen, das eines der größten in der Stadt ist, bestätigt auf Nachfrage zwar "eine leicht steigende Nachfrage hinsichtlich PCR-Tests auf Sars-CoV-2". Doch verlässliche Angaben, wie die Corona-Lage in der Stadt ist, lassen sich kaum mehr machen. So wies auch RKI-Chef Lars Schaade kürzlich darauf hin, dass die Inzidenz als Messgröße für den Pandemieverlauf keine Relevanz mehr haben wird. Diesen Herbst wird es wieder mehr auf persönliche Risikoabwägung und Rücksichtnahme ankommen.

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