Pandemie-Bericht im Stadtrat:Inzidenz in München: "Wir nähern uns den ominösen 50"

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Der Leiter des städtischen Corona-Krisenstabs freut sich über sinkende Infektionszahlen. Aber: Bei den Impfungen läuft es überhaupt nicht so wie erwartet und erhofft.

Von Anna Hoben, München

Die Entwicklung der Infektionszahlen ist erfreulich, der Fortschritt bei den Impfungen hingegen höchst unbefriedigend. So lässt sich zusammenfassen, was Wolfgang Schäuble, Leiter des städtischen Corona-Krisenstabs, den Stadträtinnen und Stadträten am Mittwoch zum aktuellen Stand in der Pandemie berichtete. Das Virus beschäftigt München nun seit einem Jahr - am 27. Januar 2020 war der erste Patient in die Isolierstation im Krankenhaus Schwabing eingewiesen worden. Zum ersten Mal seit langer Zeit ist die Sieben-Tage-Inzidenz vor einigen Tagen wieder unter 100 gefallen, und sie sinkt weiter. Am Mittwoch lag der Wert laut Robert-Koch-Institut bei 71,1. "Wir nähern uns den ominösen 50", sagte Schäuble.

Am Dienstag hatte der Krisenstab zum 100. Mal getagt. Die Versorgung der Erkrankten laufe gut, berichtete Schäuble, nachdem die Situation in den Krankenhäusern um Weihnachten herum angespannt gewesen sei. An der Teststation auf der Theresienwiese sei ein deutlicher Rückgang bei den Testungen zu beobachten. Doch beim besten Schutz vor einer Infektion, dem Impfen, läuft es überhaupt nicht so wie erwartet und erhofft. 1000 Dosen werden zurzeit pro Tag verabreicht - zum Zug kommen die Angehörigen der Gruppe eins mit höchster Priorität. 120 000 Menschen umfasst sie in München, etwa acht Prozent der Gesamtbevölkerung. In dieser Gruppe ist bis dato jeder Zehnte geimpft worden. "Wenn es in dem Tempo weitergeht", so Schäuble, "dann sind wir sehr schlecht unterwegs." Oder, mal ausgerechnet: Dann wäre man Ende Oktober mit den Impfungen in Gruppe eins durch. Erst danach würden die Gruppen zwei und drei folgen (685 000 Menschen), dann die Gruppe ohne Priorität (800 000 Menschen).

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Dabei könnte man schon viel weiter sein - wenn denn genug Impfstoff vorhanden wäre. Dann wären mindestens 10 000 Impfungen am Tag möglich, so Schäuble, also zehn Mal so viel wie aktuell. Man könnte sogar auf bis zu 40 000 kommen. Doch noch ist nicht einmal daran zu denken, das extra dafür aufgebaute und seit Mitte Dezember bereitstehende Zentrum in der Messe in Riem dafür zu nutzen. Denn erst einmal müssen die mobilen Impfungen in Alten- und Pflegeheimen abgeschlossen sein. Die Erwartungen waren groß, dementsprechend groß ist bei vielen jetzt die Enttäuschung. 800 bis 1100 Anrufe gingen Tag für Tag bei der Corona-Impf-Hotline für Bürgerinnen und Bürger über 80 ein, berichtete Schäuble; doch bisher können keine Termine vergeben werden. Der Impffortschritt bleibe also "weit hinter den Erwartungen und auch hinter den Möglichkeiten" zurück. Man müsse "klarer und differenzierter" mit dem Freistaat über die Verteilung des Impfstoffs reden.

In der folgenden Debatte zeigte sich CSU-Fraktionsvize Hans Theiss ebenfalls erfreut über die sinkenden Infektionszahlen; am allerwichtigsten sei es jedoch, die Mortalität zu senken, sagte er - danach sehe es zurzeit noch nicht aus. In einem Dringlichkeitsantrag hatte die CSU gefordert, dass das Personal in Heimen täglich per Schnelltest auf eine Infektion mit dem Coronavirus untersucht werden solle. Das hielt Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek jedoch nicht für nötig. Die bisherige Strategie mit drei Tests pro Woche sei ausreichend. Testen sei zwar wichtig, noch wichtiger aber sei es, Hygienekonzepte durchzusetzen. Sozialreferentin Dorothee Schiwy ergänzte, sie habe sich bei verschiedenen Einrichtungen umgehört - diese hielten tägliche Testungen für organisatorisch nicht umsetzbar. Der Antrag erhielt dann auch keine Mehrheit, ebenso wie ein bereits zum wiederholten Mal eingebrachter CSU-Antrag zu kostenlosen oder vergünstigten Taxifahrten für Angehörige von Risikogruppen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100. Diskutiert wurde auch über die Sicherheit in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Zum Infektionsschutz im ÖPNV hatten die Fraktionen von Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt Anträge gestellt. So soll unter anderem darauf hingewirkt werden, dass das Fahrgastaufkommen entzerrt wird.

© SZ vom 28.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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