"Querdenker"-Demo:Gutes Recht - mit klaren Grenzen

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Statt auf dem Odeonsplatz wird nun auf der Theresienwiese demonstriert. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Es ist richtig, dass in München Menschen gegen die Corona-Regeln demonstrieren können. Nun kommt es auf die Vernunft der Teilnehmer an und im Notfall auf die Polizei - damit die Demo ein Beleg für die Stärke der Demokratie wird.

Kommentar von Bernd Kastner

Es ist gut so. Auf diese Formel lässt sich bringen, was diesen Samstag in München geplant ist. Bürger wollen gegen die Corona-Politik demonstrieren, und dürfen das auch. Viele werden Reden halten und Plakate zeigen, die der Meinung der großen Mehrheit widerspricht. Aber das ist in Ordnung, das ist Demokratie. Ob dann auch wirklich gut wird, was jenseits der Planung tatsächlich passiert, hängt von der Vernunft der Demonstranten ab - und von der Polizei.

Die Stadt hat richtig entschieden, indem sie die vor der Feldherrnhalle für 5000 Menschen angemeldete Demo verboten hat. Zu beengt wäre es dort, zu groß die Gefahr, dass sich die Kundgebung zu einem Corona-Hotspot entwickelt, weil der Abstand kaum einzuhalten wäre. Auf der Theresienwiese dagegen ist Platz. Dort könnten auch mehr als die erlaubten 1000 Teilnehmer mit Abstand demonstrieren.

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Die angekündigte Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen mit 5000 angemeldeten Teilnehmern darf stattdessen unter strikten Auflagen auf der Theresienwiese stattfinden.

Von Heiner Effern und Bernd Kastner

Dass wie in Berlin Zehntausende gegen die Corona-Auflagen protestieren, ist nicht zu erwarten. Aber doch, dass viele Demonstranten versuchen werden, die Auflagen zu missachten: kein Abstand, keine Maske. Dann muss die Polizei konsequent einschreiten. Das muss nicht zwangsläufig die Auflösung der Demo bedeuten; aber es sollte die Regel-Ignoranten teuer kommen. Nicht, um ihre politische Meinung abzustrafen, sondern weil sie die Gesundheit vieler gefährden.

Politisch bedeutsam ist das Agieren der Polizei dort, wo es gemäß Stadt gar keine Demo geben darf. Vor der Feldherrnhalle zum Beispiel sowie an den anderen Orten, die durch ihre NS-Vergangenheit vorbelastet oder, wie der Landtag, Symbol der Demokratie sind. Dort also, wo es Leute hinziehen dürfte, die sich mit einer Reichsflagge fotografieren lassen wollen. Nach dem Desaster von Berlin, wo vor zwei Wochen rechte Demonstranten die Stufen vor dem Reichstagsgebäude besetzten, muss die Münchner Polizei notfalls mit großem Aufgebot verhindern, dass auch die Feldherrnhalle zum Ort des Triumphs für Reichsbürger und Rechtsextremisten wird. Dieser Samstag hat politisches Potenzial. Er kann Gefahr für die offene, freiheitliche Gesellschaft sein - oder Beleg für die Stärke der Demokratie.

© SZ vom 11.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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