Null Acht Neun:Münchner Flower Power

Null Acht Neun: Auch die Bienen freuen sich, dass nach den anhaltenden Regenfällen so viel blüht.

Auch die Bienen freuen sich, dass nach den anhaltenden Regenfällen so viel blüht.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Stadt feiert ein Festival, das nicht lärmt, keinen Dosenbier-Kater provoziert und Groß wie Klein fröhlich stimmt - zumindest bis ein Mähroboter ums Eck biegt.

Glosse von Laura Kaufmann

Statt "München leuchtet", wie es einst Thomas Mann geschrieben hat, müsste es derzeit heißen: "München blüht." Das Flower Power Festival mag mit seinen Ausstellungen, Partys und Aktionen seit Februar laufen, seinen Höhepunkt hat es jetzt. Nach der nicht enden wollenden Regenzeit feiern die Pflanzen von Giesing bis Schwabing ein farbenfrohes Holi-Fest, recken die Kastanien ihre Kerzen in die Höhe, sind die Wiesen des Olympiaparks gelb und blau gesprenkelt. Blumen - das zeigen Studien in schöner Regelmäßigkeit - haben schon in niedriger Dosierung, etwa als Strauß, eine positive Wirkung auf den Menschen, reduzieren Stress, kurbeln Glückshormone an. Mannheimer Forscher haben einmal den Effekt auf psychisch labile Großstädter erforscht, deren Wohlbefinden sich mit viel Exposition zu blühenden Beeten und baumreichen Parks steigerte.

Die ganze Stadt feiert also ein Festival, und was für ein zeitgemäßes. Eines, das sich positiv auf die Gesundheit auswirkt, statt einen Dosenbier-Kater zu provozieren. Lärm macht es keines, und statt Mülleimer mit Fast-Food-Verpackungen überquellen zu lassen, schützt es die Umwelt: Im Englischen Garten sollen sich einige Grünflächen mit Wiesen-Margeriten, Rotem Lein, Ackerrittersporn und Wilder Möhre in den wilden Zustand des 19. Jahrhunderts zurückverwandeln.

Die Bienen freut es, und nicht nur die. Eine knapp zweijährige Münchnerin ist ganz entzückt von den vielen "Bummen", die auf dem Spielplatz sprießen, und ihre Mutter - war die doch gerade in der Festival-Ausstellung in der Kunsthalle, in der ein Werk entlarvt, wie wenig Pflanzen- und wie viele Markennamen der Betrachter kennt - bemüht sich beflissen, die Gänseblümchen, die Butterblumen und, äh, diese kleinen blauen - bei uns hießen die Gewitter- oder Leberblümchen? - korrekt vorzustellen.

Des Töchterchens größte Freude ist es, die Blumenköpfe auszureißen und bis zur Unkenntlichkeit zu zerfieseln, was die Mutter schließlich unterbinden will. Sind Kinder nicht zarte Saat, in die es gilt, die richtigen Ideen einzupflanzen, auf dass sie zu ihrer prächtigsten Flower Power gedeihen? Nichts ausreißen soll das Kind also. Na gut: Die noch, nach der ist jetzt aber Schluss. Wir und alle anderen wollen uns an der Blütenpracht erfreuen, auch morgen noch und übermorgen, richtig?

Als Mutter und Tochter, mitsamt magerer, zerfieselter Beute in der kleinen Faust, den Heimweg antreten, springt das Kind erschrocken auf den Arm der Mutter: Zwei finster dreinblickende Gestalten biegen auf einem knatternden Mähroboter ums Eck. Raspelkurzer, blumenloser Rasen hinter ihnen. Ein Gänseblümchen macht wohl noch lange keine Wiesen-Margerite.

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