Hotel- und Gaststättengewerbe:Bekommt München eine Bettensteuer?

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Die Stadt München will eine Übernachtungsgebühr in Höhe von fünf Prozent einführen, der Freistaat hat das kurzerhand verboten. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der Stadtrat will die Einführung der neuen Übernachtungsgebühr beschließen - auch wenn absehbar ist, dass der Landtag eine solche Abgabe verbieten wird. Dagegen will die Stadt vor Gericht ziehen.

Von Anna Hoben

Wer nach Dresden, Münster oder Frankfurt am Main reist, bezahlt sie schon: eine Übernachtungssteuer, auch Bettensteuer genannt. Touristen profitieren von der Infrastruktur einer Stadt, also können sie sich auch ein wenig daran beteiligen - so der Gedanke dahinter. Auch München will eine solche Abgabe einführen, als erste Kommune in Bayern, am liebsten schon von September an. Fünf Prozent vom Übernachtungspreis schlägt die Kämmerei vor, 60 bis 80 Millionen Euro Mehreinnahmen pro Jahr erhofft sie sich davon. Am Dienstag soll die Einführung der Steuer im Finanzausschuss des Stadtrats beschlossen werden.

Dass sie tatsächlich bald kommen wird, heißt das aber noch nicht. In der Wirtschaft waren die Pläne von Kämmerer Christoph Frey (SPD) im vergangenen November auf scharfe Ablehnung gestoßen. Die CSU-geführte Staatsregierung verkündete daraufhin prompt, die Steuer verbieten zu wollen - und dazu das Kommunalabgabengesetz zu ändern. Mittlerweile hat der Innenausschuss des Landtags für das Verbot gestimmt. Im Plenum steht das Thema am kommenden Donnerstag auf der Tagesordnung.

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Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat bereits Ende vergangenen Jahres angekündigt, dass die Stadt gegen das geplante Verbot klagen werde. Die Stadt rechnet sich gute Chancen aus, weil das Bundesverfassungsgericht zuletzt mehrere Beschwerden gegen die Bettensteuer abgelehnt hat.

Diese Sichtweise stützt nun auch ein juristisches Gutachten für die Kämmerei. "Es sprechen gute Gründe dafür, dass ein landesgesetzliches Verbot einer Übernachtungssteuer mit der gemeindlichen Finanzhoheit unvereinbar wäre", heißt es da. Ein Verbot könnte zudem "unverhältnismäßig" sein.

Die Regierung von Oberbayern drängt darauf, dass die Stadt Einnahmen generiert

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hatte die geplante Einführung der Bettensteuer Ende vergangenen Jahres als "Vertrauensbruch" bezeichnet. Kritik kam auch von der Tourismus Initiative München (TIM), einem Verein zur Mitgestaltung der touristischen Vermarktung Münchens. "Wir sind ziemlich vor den Kopf gestoßen worden", sagt TIM-Geschäftsführer Michael Höflich. Seitdem habe man mit den Fraktionen im Stadtrat Gespräche geführt, diese hätten jedoch "keine zählbaren Ergebnisse für uns gebracht". Sollte die Steuer beschlossen werden, habe man keine andere Wahl, als den Kooperationsvertrag zwischen der Stadt und TIM zu kündigen. Darin ist geregelt, wie Privatwirtschaft und Stadt beim Tourismus-Marketing zusammenarbeiten.

Gleichwohl will die TIM "sicher nicht alle Türen zuschlagen". Denn eigentlich, so Höflich, arbeite man sehr gut mit der Stadt zusammen. Eine Bettensteuer lehnt die Initiative aber nach wie vor ab. Nicht so sehr wegen der privaten Touristen, sondern vor allem wegen des Veranstaltungsbereichs: Bei Kongressen, Konferenzen, Messen und Events spiele der Übernachtungspreis seit der Pandemie eine deutlich größere Rolle, zumal die Preise in München ohnehin hoch seien. Veranstalter rechneten da sehr genau.

Die Grünen wollen nun bei der Steuer eine Bagatellgrenze von 50 Euro einführen; Jugendherbergen sollen ausgenommen werden, wie Stadtrat Beppo Brem erklärt. Ein Entgegenkommen für kleinere Häuser sei das, findet TIM-Geschäftsführer Höflich - aber in der Summe spielten solche Ausnahmen keine große Rolle.

Die Grünen wollen über Details diskutieren, die SPD wundert sich darüber

Der Koalitionspartner im Rathaus wundert sich indes, warum nun über solche Details diskutiert werden soll, wenn absehbar ist, dass der Landtag kurz darauf die Steuer generell verbieten wird. Mit der SPD-Fraktion hätten die Grünen diese Änderungswünsche jedenfalls nicht besprochen, sagt deren finanzpolitischer Sprecher Christian Köning.

Der Münchner Abgeordnete und Fraktionsvize der Grünen im Landtag, Florian Siekmann, wollte kürzlich per Anfrage von der Staatsregierung mehr zu den befürchteten Auswirkungen der Bettensteuer erfahren. Die Antwort zeige, dass die Staatsregierung gar keine Folgenabschätzung gemacht habe, sagt Siekmann. Um ihre "Verbotskeule" durchzusetzen, bediene sich die Staatsregierung eines "unwürdigen Manövers". Denn auf der Tagesordnung für das Landtagsplenum ist das Thema im Punkt "Änderung des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und weiterer Rechtsvorschriften" versteckt.

Und welche Auswirkungen hätte nun eine Bettensteuer auf die Wirtschaft in München? Erhebungen aus Deutschland gibt es dazu bislang nicht, aber das Gutachten für die Kämmerei erwähnt Studien aus den USA. Diese hätten gezeigt, dass eine Übernachtungssteuer "(kaum) einen messbaren Einfluss auf die Tourismuswirtschaft hat".

Nicht zuletzt wird darauf hingewiesen, was die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde ausführte, als sie den Münchner Haushalt für 2021 genehmigte: dass es "dringend geboten" sei, "die Einnahmemöglichkeiten der Stadt vollumfänglich zu nutzen".

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