Ausstellung:Der Wunsch nach Rettung

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Manuela Illera hat Forderungen an "jeden weißen Künstler". (Foto: Stephanie Rössing)

Die Akademie der Bildenden Künste präsentiert in der Ausstellung "Debütant*innen" auch in diesem Jahr wieder Arbeiten ihrer ausgezeichneten Absolventen.

Von Jürgen Moises

Die Forderung, die Manuela Illera an "jeden weißen Künstler" stellt, ist nicht ohne. Nämlich: "Wege zu finden, um den globalen Süden zu reparieren". Nachlesen kann man das auf einem Poster in der Halle 6 auf dem Münchner Kreativquartier. Manuela Illera selbst arbeitet an dieser Mission mit "Animal Ventus": einem Konzept-Musikalbum für Kinder und einem gleichnamigen Video dazu. Darin sieht man einen "migrantischen" Jungen im Wald oder eine tanzende Figur mit Affenkopf. Es geht um eine Reise ins Innere, den Körper, um Animalität, Tanz, Wut und am Ende um Ermächtigung. Zu sehen ist "Animal Ventus" ebenfalls in Halle 6. Und zwar in der "Debütant*innen"-Ausstellung, in der die Münchner Kunstakademie zwölf ausgezeichnete Absolventen aus den Jahren 2022 und 2023 präsentiert.

Einige der Arbeiten wurden so wie die von Illera bereits in der Diplom-Ausstellung präsentiert. Ein paar davon wurden von den Künstlern überarbeitet. Zum Teil sind komplett neue Werke zu sehen, die vereinzelt dann aber doch an die Diplomarbeit andocken und diese auf spannende Weise weiterspinnen. Wie im Fall von Justin Urbach und seiner Videoarbeit "Breezeblocks". Einer Art Sci-Fi-Endzeit-Western, in dem Silizium als Rohstoff für Mikrochips eine zentrale Rolle spielt. Kay Yoon hatte in ihrer Abschlussarbeit mithilfe einer koreanischen Räuchermethode Knochen von Fleisch getrennt. Jetzt hat sie die Arbeit mit Epoxidharz in eine neue, sinnliche und etwas rätselhafte Installation überführt. Es geht um koreanische Geschichte und ums Essen, mit Reis und Ausschnitten aus dem japanischen Spielfilm " Blood & Bones" als metaphorischen Verweisstücken.

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Rebecca Ruchti präsentiert mit "Entre chien et loup" ein neues, zweiteiliges Werk, in dem sie die Geräuschkulisse eines Innenhofs in Marseille inklusive Tennisspiel phonopoetisch verarbeitet. Auf einem herabhängenden Banner liest sich das so: "Schläger, Ball, Ball, Boden, Gummisohle ..." und so weiter. Maria Matinyan zeigt mit "Longing for peaceful sleep" ihre Examensarbeit. Die Themen: Kartografie, Migration und "Heimat" als Metapher in Bezug auf ihr Herkunftsland Armenien. In einem Film sieht man, wie sie eine Pflanze vom Boden auf ein Dach versetzt. Die zugehörigen Lithografien sind ein Spiel mit kartografischen Formen.

Katrin Bittl beschäftigt sich als Frau mit körperlicher Behinderung mit gesellschaftlichen Idealbildern. Sie macht das in Form von Miniaturgemälden und einer auf Video gezeigten Performance. Darin sitzt sie vor dem Hintergrund einer Industriekulisse auf einem Steg nackt in einem Hebelift und blickt aufs Wasser. Für die Künstlerin ein Ausdruck für Freiheit und Autonomie. Michael Pfitzner behauptet mit seiner gleichnamigen Arbeit: "It's gonna be fine." Er hat aus Auszügen aus Songs, Nachrichten und Alltagsgesprächen drei kurze Comics gemacht. Dazu gibt es ein Wandbild, auf dem vier Vögel auf einer Rettungsweste sitzen. Als Gerettete oder Zeugen eines Untergangs?

Stefan Holzmairs Keramikskulpturen haben einen surrealen Touch. (Foto: Stephanie Rössing)

Stefan Holzmair präsentiert Collagen, für die er Fotos von Lifestyle-Magazinen auf mundgeblasenes Flachglas transferiert hat, und Skulpturen aus engobierter Keramik. Beides hat einen surrealen Touch und dockt an digitalen Körperbildern an. Auch Ruté Merk spielt in ihren Gemälden mit digitaler Ästhetik, während sich die gruselige Szenerie auf Ricarda Maurizios Gemälde "Der Aufhocker" aus ihren Erfahrungen als Kinderkrankenschwester speist. Auch hier verspürt man wie bei Manuela Illera einen Wunsch nach Rettung. Und vielleicht auch Wut, weil die Aufgabe zu groß erscheint.

Debütant*innen der Akademie der Bildenden Künste , bis 17. Sept., tgl. 16 bis 21 Uhr, Halle 6, Dachauer Straße 112 d, www.halle6.net

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