Noch ist es eine Vision: Ein kleiner Bach plätschert unter Bäumen mitten durch die Altstadt, die Herzog-Wilhelm-Straße zwischen Sendlinger Tor und Josephspitalstraße ist eine grüne Fußgängerzone. Doch die Vorstellung könnte nun endlich Wirklichkeit werden. Am Dienstagnachmittag signalisierte der Bauausschuss des Stadtrats, die Pläne für eine Neugestaltung des Straßenabschnitts parallel zur Sonnenstraße voranzutreiben. Wenn es allein nach den Grünen ginge, sollte das ehrgeizige Projekt bereits in vier Jahren fertig sein. Doch Baureferentin Rosemarie Hingerl dämpfte die Erwartungen: Der Beschluss des Ausschusses bedeute "noch nicht den Start des Bauprojekts".
Denn eine Erweiterung der Fußgängerzone im Hackenviertel könnte sich als komplex erweisen. Während die Urkonzeption der Fußgängerzone in der Münchner Altstadt in den Sechzigerjahren lediglich die Bereiche zwischen Sendlinger Tor und Feldherrnhalle sowie zwischen Hauptbahnhof und Isartor vorsah, bedeutet eine Fußgängerzone an der Herzog-Wilhelm-Straße ein neues Verkehrs- sowie Gestaltungskonzept für das Viertel. Denn auch die Kreuzstraße, die von der Herzog-Wilhelm- schräg zur Josephspitalstraße führt, soll als möglicher weiterer Fußgängerzonenbereich von Experten untersucht werden.
Herzstück der Planungen ist aber zunächst die Umgestaltung der Grünanlage in der Herzog-Wilhelm-Straße. Bereits seit Jahrzehnten gibt es Überlegungen, einige der im Untergrund verschwundenen Stadtbäche wieder ans Licht zu holen. Die Idee, den Westlichen Stadtgrabenbach wieder zu öffnen, stammt ursprünglich aus den Achtzigerjahren. 2017 legte die Münchner Umweltorganisation Green City überraschend eine komplette Machbarkeitsstudie zur Öffnung des Westlichen Stadtgrabenbachs vor.
Das Problem: Der Bach verläuft unterirdisch in etwa vier Metern Tiefe. Auf alten Münchner Stadtansichten ist zu erkennen, dass im 19. Jahrhundert breite Terrassen hinunter in den Graben führten, neben dem Bach flanierten die Münchner. Diese Geländestruktur wieder herzustellen halten auch die von Green City beauftragten Gutachter von "Patscheider & Partner Engineers" für einen zu hohen Aufwand "und auch wenig vorteilhaft". Die Idee ist es, einen Teil des unterirdischen Bachwassers - etwa 70 Liter pro Sekunde - an die Oberfläche zu befördern und in einem etwa 50 Zentimeter breiten und 30 Zentimeter tiefen Bachlauf nach Norden fließen zu lassen.
Zwar hat das Baureferat noch kleinere Bedenken, etwa was die Pumpe angeht, doch die Verwaltung hält einen künstlichen Bach an dieser Stelle für durchaus möglich. Eine Umgestaltung der Grünanlage und der umgebenden Straßen "bietet große Chancen für positive Veränderung im hoch verdichteten Zentrum Münchens", so Hingerl. "Diese Chancen sollen ergriffen werden und dabei die Ideen möglichst vieler Betroffener und Interessierter in die zukünftige Planung einfließen."
Während der Westliche Stadtgrabenbach nun wohl tatsächlich zum Teil wieder sichtbar werden soll, hat das Baureferat anderen Überlegungen eine Abfuhr erteilt. So hatten die Grünen gefordert, den Glockenbach unter der Pestalozzistraße freizulegen mit der Begründung, dass es dort zu wenig Platz für einen Bachlauf gebe. Immerhin soll es künftig analog zur bereits bestehenden hin und wieder tagenden Flussrunde zur innerstädtischen Isar eine sogenannte Bachrunde zu gründen, die sich regelmäßig über die Stadtbäche austauscht und prüft, ob Teile der noch bestehenden unterirdisch verlaufenden Bäche doch noch ans Tageslicht zurückgeholt werden können. Von ehemals mehr als 300 Kilometer Bächen in München gibt es nämlich immer noch 175 Bachkilometer - vom Eisbach bis zum Auer Mühlbach.