Isarvorstadt:Akuter Notstand an der Klenzeschule

Lesezeit: 3 min

Dort fällt der Präsenzunterricht für manche Klassen schon wieder aus, weil die Pädagogen fehlen. Stadtviertelvertreter fordern Spielraum für lokale Initiativen - etwa mit Ersatz-Lehrern aus dem Kulturbereich.

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

An den meisten Schulen herrschte schon Lehrermangel, bevor die Corona-Pandemie die Situation verschärfte. Die Umstellung der Grundschulen von Distanz- auf Wechselunterricht Anfang März hat die Probleme mancherorts deutlich zutage treten lassen. So an der Klenzeschule beim Gärtnerplatz. Weil Lehrer krank geworden sind, ist für eine Klasse der Präsenzunterricht vorerst wieder vorbei. Parallel wurde eine zweite Klasse nach Hause geschickt. Da sich Unterrichtsausfall auch andernorts abzeichnen soll, schlägt der Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt einstimmig Alarm: Die Stadt wurde mit einem Dringlichkeitsantrag aufgefordert, sich gegen Unterrichtsausfälle und für mehr Einsätze auf lokaler Ebene zu engagieren.

Die Vorsitzende des Unterausschusses Kultur, Jugend und Soziales, Beate Bidjanbeg (SPD), und ihre Stellvertreterin Victoria von Groddeck (Grüne), die den im Unterausschuss vorbereiteten Antrag vorstellten, sprachen von einem akuten Notstand. Das Problem müsse "dringend und sofort" geregelt werden. Rückmeldungen von Eltern und Kindern wiesen auf zunehmende Personalausfälle an Schulen im Viertel hin. "Es brennt", sagte Groddeck, die selbst ein Kind an der Klenzeschule hat. "Der Unmut steigt bei allen Beteiligten."

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Zu wenige Lehrer. "Jetzt kommt das hoch, was in den letzten Jahren versäumt wurde", sagt die Vorsitzende des Elternbeirats der Klenzeschule, Dominique Färber. Alles sei "auf Kante genäht". Falle eine Lehrkraft aus, setze ein Jonglieren ein. Nicht nur für die Schulorganisation, auch für Eltern und Kinder sei dies belastend. "Ein strukturierter Tag, das fällt jetzt weg." Eltern wurden gebeten, die Kinder selbst zu betreuen. Denn auch die Notbetreuung, von Lehrkräften organisiert, bestehe derzeit nur rudimentär, die Pädagogen seien aktuell im Unterricht eingesetzt. "Jeder ist inzwischen am Anschlag", sagt Dominique Färber. Auch über die Mobilen Reserven, einen vom Freistaat organisierten Pool an Lehrern, habe die Schule keine Unterstützung bekommen können.

Impfen, schnell den Lehrkräften ein Impfangebot machen, fordern die Stadtviertelpolitiker in ihrem Antrag. Und sie wollen, dass die Stadt sich dafür einsetzt, dass die staatlichen Reserve-Pools für Lehrer erweitert werden. Daneben sollen städtische Pools mit Lehrer-Ersatz-Personal aufgebaut werden. Dafür solle "brachliegendes Potenzial aus dem Sozial- und Kulturbereich" herangezogen werden. Die Ersatz-Lehrer könnten in der Hausaufgaben- und Notbetreuung, eventuell sogar im Unterricht eingesetzt werden.

Konkret fordert das Gremium in dem Antrag, dass sich das Referat für Bildung und Sport, der Oberbürgermeister und der Stadtrat stark machen. Sie sollen sich "vehement" beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus einsetzen - nicht nur für mehr Personal, sondern auch für Gestaltungsspielraum für lokale, städtische Eigeninitiativen. "Um schnell zu einer besseren Schulsituation zu kommen, brauchen wir schnellere, flexiblere Lösungen, mehr Kreativität und weniger Bürokratie", sagt Beate Bidjanbeg. Nah dran und gut vernetzt könne man lokal viel schneller reagieren. So wäre es nach ihren Worten aktuell klug, wenn Möglichkeiten für das Lernen im Freien geschaffen und genutzt würden. Doch eine Klasse, auch wenn sie geteilt sei, habe gar keine Möglichkeit, sich draußen hinzusetzen. "Wenn der BA und das Baureferat da zusammen Bankgruppen im Dreieck hinstellen, wäre das kein Riesenaufwand."

Von depressiven Kindern und berufstätigen Eltern, denen schlicht die Zeit fehlt, ihren Kindern zu helfen, ist in dem Papier die Rede - Signale von Eltern an den Bezirksausschuss aus den vergangenen Wochen. Noch immer fehle in manchem Zuhause eine Digitalausstattung - kein Netz, kein Laptop. Erst kürzlich hatte der BA die Montessorischule Campus di Monaco mit 4400 Euro für Internetzugänge und Notebooks unterstützt, um Schüler schnell arbeitsfähig zu machen.

Beate Bidjanbeg erinnerte in der Sitzung daran, dass derzeit viel Potenzial in sozialen Kinder- und Jugendeinrichtungen wegen Corona brachliege. Auch im ebenfalls zwangspausierendem Kulturbetrieb hätten viele bisher schon Kinder betreut oder unterrichtet, zum Beispiel an der Volkshochschule. "Bestimmt könnten viele von ihnen Grundschulkinder, eventuell auf der Basis von Arbeitsblättern der Lehrer, super unterstützen." Besonders gut könne das bei kreativen und sozialen Tätigkeiten gelingen. "Wir sollten alles tun, um unseren Kindern wieder Hoffnung und Motivation zu geben und berufstätige Eltern zu entlasten", so Groddeck.

Nicht jede Grundschule im Viertel ist von Unterrichtsausfall betroffen. "Bei uns ist kein Lehrer krank - alle sind da", sagt die Rektorin der Tumblingerschule, Ulrike Hohl. Sie ist begeistert, dass der Wechselunterricht jetzt stattfinden kann. Die Kinder lernten in der halbierten Klasse wöchentlich abwechselnd an zwei oder drei Tagen jeweils vier Stunden in der Schule und könnten "endlich wieder in Ruhe ankommen". Hohl sieht aber auch, dass Eltern unter dem reduzierten Unterricht und der eingeschränkten Notbetreuung leiden. "Manche Eltern hätten gerne mehr Stunden." Hanna Bogdahn, Leiterin der Grundschule an der Schwanthalerstraße, sieht für ihre Schule aktuell keine Personalprobleme. "Wir haben ganz, ganz großes Glück", sagt sie. Lediglich eine Lehrkraft mit sechs Unterrichtsstunden wöchentlich falle aus, dafür habe sie aus der Mobilen Reserve keinen Ersatz bekommen, "aber das können wir verkraften". In der Regel funktioniere der Abruf aus der Mobilen Reserve aber sehr gut, sagt sie, "das ist top organisiert". Doch in Grippezeiten und jetzt während der Pandemie werde es eng, manchmal sehr eng. "Das Angebot an mobilen Reserven ist sehr knapp und gut gebucht."

© SZ vom 23.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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