Soziales Engagement:Hilfe für Sansibar - aus gutem Grund

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Sarah Roth hat selbst an der St. Monica School in Stone Town unterrichtet. Das Bild zeigt sie mit einer einheimischen Lehrerin. (Foto: Repro Nila Thiel)

Die Lehrerin Sarah Roth aus dem Würmtal unterstützt eine Schule auf der Inselgruppe vor Tansania, die zu den ärmsten Regionen der Welt gehört - auch wenn sie dort zum Teil schlimme Erfahrungen gemacht hat.

Von Rainer Rutz, Planegg/Gauting

Sansibar gehört zu den ärmsten Regionen der Erde, das Jahreseinkommen eines Menschen dort beträgt im Schnitt 250 Dollar. Viele Kinder leiden unter akuter Mangelernährung, das Bildungssystem ist bestenfalls rudimentär, gerade Kinder aus den ärmsten Familien gehen gar nicht zur Schule, weil sie zuhause helfen müssen, das Überleben der Familie zu sichern. Das alles muss man wissen, wenn man der Frage nachgeht, warum Sarah Roth ausgerechnet die zu Tansania gehörende 1,9 Millionen Einwohner zählende Inselgruppe im Indischen Ozean für ihr Hilfsprojekt ausgesucht hat. "Ich wollte immer etwas Soziales in Afrika machen und Sansibar hat sich angeboten", sagt die 25 Jahre alte Lehrerin, eine Enkelin des früheren Planegger Bürgermeisters Walter Roth.

Einige Wochen hat sie dort im Haus eines Schulbetreuers gelebt und derart intensive Eindrücke gesammelt, dass sie im kommenden Jahr wieder hin will. Zusammen mit einer Mainzer Lehrerin hat sie über private Spender und Sponsoren so viel Geld gesammelt, dass die St. Monica School in Stone Town mit 170 Schul- und 70 Kindergartenkindern komplett mit Federmäppchen, Schulbüchern und Spielsachen ausgestattet werden konnte. Und es soll weitergehen: Angestrebt wird eine komplette Renovierung der Schule und eine Sanierung der Sanitäranlagen. Das kostet viel Geld.

"Außer Kreide und Tafel hat man dort nichts. Es gibt keinen Lehrplan, von Internet ganz zu schweigen."

"Wir lieben unseren Beruf und vor allem diese Kinder", sagt Sarah Roth. "Unser Ziel ist es, dieses Herzensprojekt weiter auszubauen und die Kinder zu fördern und die Schule zu unterstützen, wo es geht." Sarah Roth lebt in Krailling und unterrichtet derzeit an der Mittelschule in Gauting die Fächer Deutsch, Mathematik, Biologie und Sport. Die Situation der Kinder hier und der im tropischen Sansibar seien in keiner Weise vergleichbar, sagt die junge Lehrerin: "Bei uns herrscht Luxus und Überfluss. Außer Kreide und Tafel hat man dort nichts. Es gibt keinen Lehrplan, von Internet ganz zu schweigen. Unterrichtsmaterial sind kleine Heftchen für die Fächer Suaheli und Naturkunde, simpler geht's nicht."

Dennoch: Bei oft brütender Hitze verhalten sich die Schülerinnen und Schüler vorbildlich, sind am Lehrmaterial extrem interessiert. Roth hat selbst unterrichtet, was nicht ganz einfach war, denn die Vorstellung beim Schulleiter - "Teacher Freddy" - verlief "kühl", wie sie sagt. Roth vermutet, dass es halt das Bild "der blonden, weißen Frau" war, das für die Bewohner des kleinen Ortes gewöhnungsbedürftig war: "Man sieht hier nur Männer auf der Straße", sagt sie, "aber ich wollte unbedingt selbst unterrichten."

Von den Schülern bekam Sarah Roth regelmäßig Briefe. (Foto: Repro Nila Thiel)

Sie habe aber auch "ganz schlimme Erfahrungen gemacht", wie die Lehrerin aus dem Münchner Westen sagt: "Die Kinder werden oft geschlagen, das geht nicht so liebevoll zu wie bei uns. Der Rektor bot auch mir an, den Stock einzusetzen. Einmal habe ich die Erziehungsmethoden besonders krass mitgekriegt, als ein Kleiner weinend zu mir kam, das war schon herzzerreißend." Roth hat das archaische Verhalten bei den Lehrern thematisiert: "Das ist hier normal, hieß es da bloß." Die Kinder selbst seien zu ihr "total offen" gewesen: "Jeden Tag habe ich Briefe bekommen. Diese Kinder sind mit einem Minimum glücklich, ganz anders als bei uns. Wenn man sie nach ihren Berufswünschen fragt, kommen immer wieder dieselben Antworten: Arzt, Polizist, Shop-Keeper, Schulbus-Fahrer. Diesen Kindern ist bewusst, wie wichtig Bildung ist."

Einmal ist Roth von einer jungen Lehrerin nach Hause eingeladen worden: "Ich war ziemlich entsetzt über die Armut. Die Frau hatte ein einziges Sofa, gekocht wurde über dem offenen Feuer auf dem Fußboden." Staatliche Lehrer verdienen extrem wenig, sagt Roth, allerdings gebe es viele Privatschulen und eine Universität. Hier lernen Kinder und junge Leute aus der dünnen Oberschicht des Landes, eine allgemeine Schulpflicht gibt es nicht.

Sarah Roth möchte wieder nach Sansibar. (Foto: Nila Thiel)

Sarah Roth möchte wieder nach Sansibar, dieses Mal für längere Zeit. Sie plant, Partnerschulen zu finden, Brieffreundschaften zwischen Schülerinnen und Schülern aus dem Würmtal und Sansibar gibt es schon einige.

Nähere Informationen gibt es über das Forum www.betterplace.org/de oder via E-Mail an sarah.vanessa.roth@web.de .

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