Verkehrswende:Brennstoffzellen ersetzen Dieselmotoren

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Großes Interesse bei der Eröffnung: Auf dem Betriebshof der Firma Geldhauser in Hofolding werden künftig Busse mit Brennstoffzelle mit Wasserstoff betankt. (Foto: privat/Hy2B)

Zwischen Brunnthal und Taufkirchen gehen kommende Woche die ersten Busse in Betrieb, die mit grünem Wasserstoff fahren - dem "Champagner der Energiewende". Weitere Linien auch im Landkreis Ebersberg sollen in Kürze folgen.

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Der Einstieg ins Wasserstoff-Zeitalter steht in den Landkreisen München und Ebersberg unmittelbar bevor. Die ersten mit grünem, also klimaneutral erzeugtem Wasserstoff betriebenen Busse gehen im Linienbetrieb des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) am kommenden Montag, 18. September, auf die Strecke. Sie verkehren auf der Linie 216 zwischen Taufkirchen und Faistenhaar. Kurz darauf sollen weitere Busse im Landkreis Ebersberg fahren. Insgesamt zehn Busse mit Brennstoffzellenantrieb stehen bei den Unternehmen Geldhauser und Ettenhuber bereit, betankt werden sollen sie an Wasserstoff-Tankstellen in Hofolding in der Gemeinde Brunnthal sowie in Schlacht in der Gemeinde Glonn. Die Tankstelle in Hofolding wurde als größte ihrer Art für Lkw und Busse in Bayern bereits in Betrieb genommen, die in Schlacht soll in Kürze folgen.

Der Aufbau eines nachhaltigen öffentlichen Nahverkehrs mit Bussen, die mit Brennstoffzellenantrieb ausgestattet sind, wird vom Verkehrsministerium im Berlin gefördert. 20 Millionen Euro fließen dafür in die Wasserstoff-Modellregion "HyBayern", zu der die Landkreise Landshut, Ebersberg und München gehören. Gemeinsam mit Verkehrsbetrieben, Unternehmen und Organisationen aus der Region wird angepeilt, in einem regionalen Kreislauf zu zeigen, wie grüner Wasserstoff erzeugt, verteilt und auch genutzt werden kann. Auch der Freistaat fördert das Projekt.

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Aktuell wird die Tankstelle in Hofolding noch von der Tyczka Hydrogen GmbH aus Geretsried beliefert. Laut einer Mitteilung der Hy2B Wasserstoff GmbH mit Sitz in Grasbrunn soll von Februar oder März 2024 an der grüne Wasserstoff aus Pfeffenhausen bei Landshut kommen. Dort wird ein Elektrolyseur errichtet, der mit Strom aus einer Freiflächen-Photovoltaikanlage grünen Wasserstoff herstellt. Die Hy2B Wasserstoff GmbH ist am Betrieb der Tankstellen und der Produktionsstätte beteiligt.

Eine Herausforderung ist der Transport des Wasserstoffs in Druckbehältern. Laut Mitteilung der Hy2B GmbH geht man dabei einen neuen Weg und arbeitet nach einem sogenannten Wechselbrückenkonzept. So stünden anfangs vier Drucktanks mit jeweils 1250 Kilogramm Speicherkapazität zur Verfügung, die per Lkw angeliefert werden können, um diese mit leeren Tanks innerhalb weniger Minuten auszutauschen. Bis zu 300 Kilogramm Wasserstoff würden täglich abgegeben, auf diese Weise würden bis zu 800 Kilogramm Kohlendioxid vermieden, das sonst Dieselbusse ausstoßen würden. Mit einem gefüllten Trailer können "mindestens 25 Busse und Lkw" pro Tag betankt werden. Auf diese Weise würden insgesamt 1900 Tonnen CO₂ im Jahr eingespart.

Der Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU) hat bei der Eröffnung der Tankstelle schon mal zum Zapfhahn gegriffen. (Foto: privat/Hy2B)

Ob sich der Einsatz von Wasserstoff im Regionalbusverkehr durchsetzen wird, ist dabei völlig offen. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie hat erst im Juni eine Studie vorgelegt, die zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Energieträger auf mittlere Sicht knapp und wertvoll sein wird. Man werde Wasserstoff für industrielle Prozesse benötigen oder auch im Flugverkehr. Für Pkw-Antriebe oder zum Heizen sei Strom effizienter. Allerdings sieht die Wasserstoff-Wirtschaft gerade bei Lkw oder bei Bussen, die auf längeren Strecken verkehren, Möglichkeiten eines sinnvollen Einsatzes. Mit den Busverkehren in den Landkreisen München und Ebersberg wolle man Erfahrungen sammeln, berichtet Hy2B. Die Reichweite von 350 Kilometern pro Tankfüllung werde gut ausgenutzt.

Außer auf der Linie 2016 sollen Busse auf der 211, 212, 224, 229, 230, 411, 413, 440 und der 444 verkehren. Reine Wasserstofflinien werde es aber nicht geben, teilt Hy2B mit. Auf allen Linien würden auch weiterhin Busse mit Diesel- oder gegebenenfalls Batterieantrieb fahren. Bei der Eröffnung der Hofoldinger Tankstelle ließ Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verlauten, das Hy-Bayern-Projekt habe einen "Vorbildcharakter bei der Dekarbonisierung des ÖPNV für ganz Deutschland und Europa".

In naher Zukunft sollen bis zu 1000 Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden

Sobald die Wasserstoffproduktion in Pfeffenhausen läuft, soll die Belieferung nach Holding und Schacht deutlich ausgebaut werden. Zunächst rechnet man mit einer Kapazität von 440 Tonnen grünem Wasserstoff im Jahr und später von 1000 Tonnen. Zusätzlich will man auch bestehende und noch geplante Wasserstofftankstellen der Firma H2 Mobility Deutschland beliefern. Zudem soll der von manchen als "Champagner der Energiewende" bezeichnete wertvolle Stoff dem in Pfeffenhausen angrenzend zum Elektrolyseur geplanten Wasserstoff Technologie-Anwenderzentrum zur Verfügung gestellt werden. Das Anwenderzentrum wird vom Bund und Land gefördert und ist eines von vier in Deutschland, an denen die Transformation der Energiewirtschaft durchexerziert wird.

Kern der Produktionsstätte bildet zunächst eine zwölf Megawatt starke Photovoltaik-Freiflächenanlage der Bürger-Energie Niederbayern eG. Die Wasserstoffproduktion bei Landshut bilde einen wichtigen Puffer, um grünen Strom zu verarbeiten, wenn er in großem Maß zur Verfügung stehe und nicht mehr ins Netz eingespeist werden könne, teilt die Grasbrunner Firma Hy2B mit. Regionalen Erzeugern werde so eine Anschluss- und Abnahmemöglichkeit für Solar- und später auch Windstrom geboten. Die Hy2B Wasserstoff GmbH ist ein Konsortium aus Unternehmen, Landkreisen und Bürgergenossenschaften. Unter anderem sind die Landkreise Landshut und München beteiligt, aber auch die Bürgerenergiegenossenschaft Unterhaching eG.

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