Die Pläne für ein Geothermie-Kraftwerk in Vaterstetten werden konkreter. Gleichzeitig treten die Verhandlungen mit den Nachbarkommunen Grasbrunn, Haar und Zorneding, bei denen es um eine Beteiligung an dem Millionen-Vorhaben geht, in die entscheidende Phase. Bis Ende des Jahres soll feststehen, ob die vier Rathäuser beim Aufbau einer klimafreundlichen, sicheren und auf Dauer auch günstigen Wärmeversorgung zusammenfinden und wie eng diese Zusammenarbeit sein soll. Vaterstetten ist dem wiederholten Bekunden nach bereit für ein interkommunales Kraftwerk.
Während Haar zurückhaltend ist, zeigt Grasbrunn deutliches Interesse an einer gemeinsamen Fördergesellschaft. "Jeder, der weiß, wie wir ticken, weiß, dass wir nicht die sind, die nur gerne was abnehmen", sagte der Grasbrunner Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) am Mittwoch. "Wir wollen beteiligt sein." Der Gemeinderat habe ihm einen Verhandlungsauftrag erteilt. Er teile das Ziel von Vaterstetten, bis Ende 2023 Beschlüsse zu fassen, sagte Korneder, bevor er am Mittwoch zu Gesprächen mit seinen Bürgermeisterkollegen aufbrach.
Der technische Vorstand der Gemeindewerke Vaterstetten, Tobias Aschwer, beschrieb im dortigen Gemeinderat jüngst, dass man aktuell in der sogenannten Explorationsphase noch mit Planung und Erkundung beschäftigt sei. Außer einer möglichen Kooperation mit den Nachbarkommunen lote man aus, welche öffentlichen Fördermittel für Bohrung und Netzausbau zu bekommen seien. Eine offizielle Genehmigung durch das Bergamt stehe aus, auch müsse der Bohrplatz notariell gesichert und für die Arbeiten vorbereitet werden, etwa durch Sicherstellung der Strom- und Wasserversorgung für die Baustelle. Bereits erledigt sei eine artenschutzrechtliche Prüfung für die Förderstelle, die nach letzten Informationen bei der Raststätte Vaterstetten liegt. Nötig sei noch der Nachweis von Ausgleichsflächen.
Die Bohrung ist für 2025 geplant
Für kommendes Jahr sieht der Vaterstettener Zeitplan den Eintritt in die Bohrphase vor. Die Detailplanung dafür soll 2024, die Bohrung dann 2025 erfolgen. Parallel soll das Wärmenetz verstärkt ausgebaut werden. Bis Jahresende soll eine verbindliche Planung dafür vorliegen und bis 2030 könnte das gesamte Siedlungsgebiet samt dem Ortsteil Baldham erschlossen sein. Nach Grasbrunn wäre es dann nur noch ein Katzensprung.
Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder denkt daran, bestehende Nahwärmenetze, wie sie im Technopark Neukeferloh und in der Siedlung Winklergründe bestünden, als Ausgangspunkt für eine Geothermie-Versorgung zu nutzen. Die Schule samt Bürgerzentrum und Sporthalle könnten angebunden werden. "Das wird eine Herausforderung", so Korneder. Doch die Gemeinde sei praktisch schuldenfrei und habe dank sparsamen Wirtschaftens Rücklagen gebildet, die ein Engagement möglich machten, wenn die Bedingungen passten. Die Grasbrunner Projektentwicklungs GmbH & Co. KG stehe bereit. Außer der Versorgung mit günstigem Wohnraum gehöre zu deren Aufgaben die Versorgung mit Energie.
Auch in Haar besteht grundsätzlich Interesse. Aber von einem offiziellen Verhandlungsmandat wie in Grasbrunn ist bisher nichts bekannt. Auch ist unklar, in welche Richtung eine Beteiligung der Gemeinde gehen könnte. Eine Möglichkeit wäre, lediglich als Abnehmer von Fernwärme-Kapazitäten aufzutreten, was Vaterstetten helfen könnte, relativ kurzfristig das Geschäft hochzufahren und schnell Einnahmen zu generieren. Ein Einstieg in die Fördergesellschaft, wie ihn Grasbrunn erwägt, wäre für Haar mit hohen Ausgaben verbunden, die schwer darstellbar erscheinen. Die Gemeinde muss 2023 ein hohes strukturelles Defizit mit Hilfe eines tiefen Griffs in die Rücklagen begleichen. Spätestens 2026 sind die Kassen leer. Und höhere Gewerbesteuereinnahmen sind nicht in Sicht.
Das Heizwerk am Sportpark versorgt derzeit das Nahwärmenetz in Vaterstetten, in drei Jahren soll dies die Geothermie tun.
(Foto: Christian Endt)In einer der kommenden Sitzungen soll in Vaterstetten über die Details der geplanten Fördergesellschaft beraten werden. Bereits im März fiel die Entscheidung, diese in Form einer GmbH oder eine GmbH & Co. KG anzulegen. Dadurch könnten auch Investoren aus der Wirtschaft einsteigen und sich weitere Kommunen zu einem späteren Zeitpunkt anschließen. Dazu, wie hoch der Kapitalbedarf für die Fördergesellschaft ist, gibt es zumindest offiziell keine Zahlen. Eine Schätzung vom vorvergangenen Jahr nennt die Summe von 25 Millionen Euro, inzwischen dürfte diese gestiegen sein.