SZ-Aktion "Läuft mit uns":Er lief und lief und lief

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Volker Panzer, ehemaliger Läufer des TSV Unterhaching, beim olympischen Fackellauf 1972. (Foto: privat)

Volker Panzer war einer der erfolgreichsten Läufer im Hachinger Tal. 1972 trug er das olympische Feuer nach München, später leitete er einen Lauftreff des TSV.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Wer schon mal im Griechenland-Urlaub auf dem Peloponnes war, hat vermutlich auch Olympia besucht. Und nicht wenige lassen sich bei dieser Besichtigung dazu hinreißen, im antiken Stadion ein kleines privates Wettrennen zu veranstalten. Die Strecke ist 600 Fuß lang, in Olympia sind das 192,28 Meter. Wie schnell die Läufer hier einst waren, ist nicht bekannt. Es ging nur darum zu gewinnen, der Sieger entzündete die Flamme. Das durfte Volker Panzer, ehemaliger Spitzenläufer des TSV Unterhaching bei den Olympischen Spielen in München 1972 zwar nicht; aber er trug vor bald 50 Jahren das olympische Feuer durch den südlichen Landkreis bis zur Stadtgrenze und übergab es bei Geiselgasteig. Man kann sagen: Ein Unterhachinger hat das olympische Feuer nach München gebracht. Die Fackel ist heute noch in der Vitrine des Vereins in der Sportarena am Utzweg ausgestellt.

Volker Panzer, späterer Zweiter Bürgermeister von Unterhaching und Vater des jetzigen Rathauschefs Wolfgang Panzer, war damals ein Mittelstreckenspezialist. Über 1500 Meter wurde er sogar 1967 Deutscher Vizemeister. 3:43,7 Minuten ist seine persönliche Bestzeit auf dieser Distanz, die 800 Meter ist er einst in 1:48,7 Minuten gelaufen. Dabei wollte er ursprünglich Fußballer werden, stand in seiner Jugend beim FC Deisenhofen im Tor. Talentierter war Panzer aber eindeutig beim Laufen. Auf der Aschenbahn trainierten die Leichtathleten damals, auch in Unterhaching. Rund um die alte Turnhalle waren es 280 Meter. "Später wurde nebenan ein Haus abgerissen, dann konnten wir auch eine 100-Meter-Bahn einrichten", erzählt Panzer.

In den Siebzigerjahren sagte man zum Joggen noch Dauerlauf

So exakte Streckenlängen gab es in der Antike nicht. Man lief über eine oder mehrere Stadienlängen und die variierten. Der Langstreckenlauf ging über 20 Stadienlängen, das waren in Olympia etwa 3,8 Kilometer und in Delphi 3,5. Der Marathonlauf ist eine Erfindung der Neuzeit. Erstmals wurde er 1896 in Athen ausgetragen, damals noch über 40 Kilometer. Seit bei den Spielen 1908 in London das Königshaus darauf bestanden hatte, dass der Lauf vor dem Fenster des Schlosses in Windsor gestartet wird, sind es 42,195 Kilometer geworden. Und bei dieser seltsamen Distanz ist es seither geblieben.

Die Engländer waren es übrigens auch, die im späten 18. und im 19. Jahrhundert Laufwettbewerbe austrugen. Pedestrians nannten sich diese Wettkämpfer, die zu Fuß über sehr lange Distanzen wetteiferten. Beliebt waren etwa Sechs-Tage-Läufe, bei denen es darum ging, in dieser Zeit eine möglichst weite Strecke zurückzulegen. Ein berühmter schottischer Pedestrian war Robert Barclay Allardice of Ury, genannt Captain Barclay. Von ihm wird berichtet, dass er einst eine Wette abschloss, tausend Stunden lang je eine Meile zu laufen. Er war also fast 42 Tage lang unterwegs, pausierte immer abwechselnd am Anfang und am Ende der Stunde und kassierte schließlich für diese Leistung umgerechnet 50 000 Euro.

Auch über sein Training ist einiges überliefert. So soll er sich vor Trainingsperioden durch massives Schwitzen, teils mit Hilfe von Alkohol, von Giften befreit und regelmäßig Phosphate zu sich genommen haben. Zum Frühstück gab es rohes Steak, trockenes Brot und abgestandenes Bier. Wenn die Berichte stimmen, absolvierte er so auf den Tag verteilt täglich 32 bis 40 Kilometer, beschränkte sich aber nicht allein auf das Ausdauertraining, sondern machte sich auch als Baumstammwerfer einen Namen. Immerhin wurde er 74 Jahre alt.

So populär war das Laufen zu der Zeit als Volker Panzer damit begann nicht. 1956/57 war das. Zwar hat der Sportmediziner Ernst van Aaken aus der Nähe von Düsseldorf bereits in den Fünfzigerjahren erste Dauerlaufgruppen gegründet, doch bis der Neuseeländer Anfang der Sechzigerjahre den weltweit ersten Jogging-Club ins Leben rief und die Jogging-Bewegung über Amerika nach Europa kam, sollte noch einige Zeit vergehen. Als Panzer mit seiner Leichtathletik-Gruppe im Perlacher Forst für Meisterschaften trainierte, gehörten die Läufer aus Unterhaching noch zu den wenigen, die sich zum gemeinsamen Dauerlauf trafen. Im Wettkampf allerdings ist Panzer lange Strecken nicht gelaufen. Ambitionen, mal einen Marathon zu absolvieren, habe er nicht gehabt, sagt er.

Dem Laufen als Fitness-Sport blieb er auch nach dem Ende der sportlichen Karriere treu. Lange hat er eine der Lauftreff-Gruppen des TSV geleitet, die sich 1975 gegründet hatten und sehr populär waren. 50 bis 60 Leute trafen sich damals regelmäßig auf dem Parkplatz am Ende der Isartalstraße, um gemeinsam zu laufen. Bis Panzer 75 Jahre alt wurde und eine Verletzung ihn ausbremste, ist er weiter regelmäßig gejoggt, im Perlacher Forst und auch im Landschaftspark Hachinger Tal.

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