Autofahrer auf der Giesinger Autobahn haben sich womöglich in den vergangenen Wochen gewundert, was mit den Tempo-120-Schildern geschehen ist. Die sind tatsächlich weg, zumindest auf der Spur stadtauswärts Richtung Süden. Das gleiche gilt für die Hunderter-Zeichen auf der Autobahn A8 bei Neubiberg. Beide Geschwindigkeitsbeschränkungen hat zu Beginn des Jahres die Autobahn GmbH des Bundes kassiert. Das bestätigen sowohl das Landratsamt München als auch die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Markus Büchler und Claudia Köhler, die auch von der fehlenden Beschilderung überrascht wurden und dem nachgegangen sind. Der Aufhebung des Tempolimits vorausgegangen war laut Landratsamt eine "Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen".
Im März 2021 hatte die damalige bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) aus Unterhaching von einem "ganz großen Meilenstein" gesprochen, als sie offiziell die neuen Schilder an den beiden Autobahnen freigab. Lange hatten die anliegenden Kommunen und ihre lärmgeplagten Anwohner ein Tempolimit gefordert, am liebsten wäre ihnen die Reduzierung auf 80 Stundenkilometer gewesen. Aber immerhin: Etwas runter vom Gas mussten die Autofahrer fortan auf der A8 bei Neubiberg und auf der Giesinger Autobahn bis Taufkirchen. In der Gegenrichtung stadteinwärts galt zu diesem Zeitpunkt das Tempolimit bereits. Vorausgegangen waren umfangreiche Untersuchungen mit dem Titel "Lärmaktionsplan für das Umfeld der Bundesautobahnen in der Landeshauptstadt München".
Markus Büchler kam das damals schon etwas seltsam vor. Obwohl wünschenswert, befürchtete der Oberschleißheimer vor drei Jahren bereits, dass dieses Tempolimit juristisch nicht standhalten würde. Als nun die Autobahnen zum 1. Januar 2021 in die Autobahn GmbH überführt wurden, war fortan diese und nicht mehr der Freistaat als Straßenverkehrsbehörde zuständig, auch für Geschwindigkeitsbeschränkungen.
Die rechtliche Begründung von Tempolimits wird regelmäßig überprüft
Wie aus der Korrespondenz von Büchler mit der Autobahn GmbH hervorgeht, wurden im Zuge der regelmäßigen Überprüfung, ob die rechtlichen Gründe beziehungsweise Voraussetzungen für eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf Autobahnen gemäß der Straßenverkehrs-Ordnung noch vorhanden sind oder die Regelungen angepasst werden müssen, auch die Autobahnen rund um Unterhaching angeschaut. Das Ergebnis: "Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Geschwindigkeitsbeschränkung sind hier nicht gegeben." Das teilte die Autobahn GmbH Büchler kürzlich mit.
Der findet die Sache "höchst ärgerlich". Büchler sagt: "Das ist eine üble Verschlechterung für die betroffenen Anwohnenden an der A995. Und eine Watschn für das bayerische Verkehrsministerium." Seine Kollegin Köhler, die in Unterhaching wohnt und auf die Änderung aufmerksam wurde, findet: "Der Lärm von der Autobahn ist für viele Menschen hier unerträglich geworden. Das Grundproblem ist eine veraltete Straßenverkehrsordnung, die Bundesverkehrsminister Wissing dringend reformieren muss, nachdem eine ganze Reihe von CSU-Verkehrsministerin im Bund sich nicht darum gekümmert haben." Lärmschutz und Anwohnerschutz müssten dringend einen höheren Stellenwert bekommen.