Verkehrskonzept:Auch eine Untertunnelung darf kein Tabu sein

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Die Gemeinde Planegg gibt mittlerweile das 15. Gutachten in Auftrag, um endlich ihre Verkehrsprobleme zu lösen. Nicht jeder ist davon überzeugt, dass eine weitere Expertise neue Erkenntnisse bringt.

Von Rainer Rutz, Planegg

Vermutlich steht im Planegger Rathaus ein großer Aktenschrank mit Papieren, in denen es nur um Verkehrsprobleme geht. Sage und schreibe 14 Gutachten zu verschiedenen Aspekten des motorisierten Verkehrs hat die Gemeinde in den vergangenen 15 Jahren anfertigen lassen. Rein statistisch gesehen also jedes Jahr eines. Aber keines davon wurde je wirklich realisiert. Jetzt wird ein weiteres dazukommen, obwohl das Bauamt mahnt: "Alle Erkenntnisse sind schon seit 20, 30 Jahren da. Es wird keinen großen Wurf geben." Die Befürworter einer neuen Expertise finden aber, es dürfen bei den neuen Überlegungen kein Tabu geben. Auch ein Tunnel wäre denkbar.

Aller Kritik zum Trotz wagt die Gemeinde daher nach einem Antrag der Fraktion "Pro Planegg & Martinsried" (PPM) einen neuen Versuch, den Ort vor dem Verkehrskollaps zu bewahren. Um die massiven Probleme besser in den Griff zu bekommen, soll also Gutachten Nummer 15 beauftragt werden. Bis zu 200 000 Euro will die Gemeinde in die Hand nehmen, um ein "ganzheitliches Verkehrskonzept" auf der Basis der bisherigen Expertisen erstellen zu lassen. Darauf hat sich einen Mehrheit im Gemeinderat nach einer fast dreistündigen Diskussion am Donnerstagabend verständigt. 13 waren für das Papier von Peter von Schall-Riaucour und Philipp Pollems, acht dagegen.

Die M 21 ist mit rund 20 000 Autos und Lastwagen am Tag eine der am stärksten belasteten Staatsstraßen Oberbayerns. Als Germeringer Straße führt sie, ebenso wie die ähnlich frequentierte Pasinger Straße, mitten durch ein Wohnviertel mit Schulen, Kindergärten und Rathaus. Kein Wunder also, dass die vielen Gutachten sich hauptsächlich um diese beiden Routen durch die Gemeinde gedreht haben. Aber auch die Münchner Straße, die Lochhamer- und Röntgenstraße in Martinsried sowie die Parkproblematik in einigen Wohnvierteln gaben immer wieder Anlass, über Verbesserungen nachzudenken.

Ortsmitte und U-Bahn als Problem

Im Ortsteil Martinsried müssen sich die verantwortlichen Politiker seit geraumer Zeit mit den verkehrlichen Auswirkungen der erst kürzlich fertig gestellten neuen Ortsmitte befassen, die keineswegs zur gewünschten Verkehrsberuhigung geführt hat. Auch befürchten Bewohner Martinsrieds nach Inbetriebnahme der U-Bahn in vier Jahren einen "Verkehrskollaps". Das haben Anwohner in der Fragestunde vor der Sitzung noch einmal deutlich gemacht. Sie fordern veränderte Busstrecken in den östlichen Teil des Campus, die nicht durch die Wohngebiete an der Lena-Christ-Straße führen.

Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) erwartet von einem neuen Gutachten "Handlungsempfehlungen." Diese Hoffnung haben auch Angelika Lawo (Grüne Gruppe 21), Judith Grimme (Grüne) und einige CSU-Gemeinderäte. Deren Fraktionschef Michael Book lehnte den Antrag jedoch ab: "Da ist viel Traumtänzerei dabei." Ein großer Teil des Verkehrs sei hausgemacht und gegen die Staatsstraßen könne man ohnehin nichts tun: "Die sind halt da." Antragsteller Schall-Riaucour verteidigte seinen Vorstoß: "Das ist unser herausforderndstes Thema überhaupt", stellte er klar. Man müsse alles durchdenken, selbst eine Untertunnelung der Germeringer Straße dürfe kein Tabu sein.

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Eine Verlegung des U-Bahnhofs auf dem Campus nach Osten sei jedoch nicht möglich: "Das würde wieder zu Verzögerungen beim Bau führen." Trotzdem müsse "alles auf den Prüfstand". Heftig reagierte Fritz Haugg (FDP): Eine Öffnung der Neurieder Straße für den allgemeinen Verkehr, um die Martinsrieder Ortsmitte zu entlasten, nannte er "unsäglich", ein neues Gutachten "unnötig". Auch die SPD, unter deren Bürgermeister mehr als ein Dutzend Gutachten erstellt worden waren, sieht ein Ende der Fahnenstange und will kein neues Verkehrsgutachten. Für Aufsehen sorgten zwei Stellungnahmen aus der Verwaltung. Ursula Janson und Andreas Löbe vom Bauamt rieten von einem neuen Gutachten ab: "Da ist nicht viel zu erwarten", meinte Löbe.

Die Antragssteller und Bürgermeister Nafziger blieben jedoch bei ihrer Meinung. "Unser Anspruch ist, jetzt etwas Gutes daraus zu machen", sagte Nafziger. Bedenken wegen zu hoher Kosten wies er zurück: "Das Geld ist im Haushalt eingestellt. Schaden kann uns ein neues Gutachten nicht." Von Schall wünschte sich "einen möglichst breiten Konsens". Den allerdings bekam er nicht. Gemeinderäte von FDP, SPD, Grünen und der CSU stimmten gegen ein weiteres Gutachten. Max Gum-Bauer (Freie Wähler), der das gutachterliche Hin und Her der vergangenen 20 Jahre als Gemeinderat miterlebt hat, wurde ungeduldig: "Gehen wir endlich an die Arbeit."

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