Planegg:Denkmalgeschütztes Gebäude darf platt gemacht werden

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Weil die alte Schlosswirtschaft als einsturzgefährdet gilt, ist der Abschnitt der Pasinger Straße, an der das Gebäude liegt, seit ein paar Monaten gesperrt. (Foto: Robert Haas)

Die Regierung von Oberbayern genehmigt den Abriss der alten Schlosswirtschaft aus dem 15. Jahrhundert, weil Sanierung und Unterhalt dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zumutbar seien.

Von Rainer Rutz, Planegg

Die Tage der alten Schlosswirtschaft in Planegg sind gezählt. Die Regierung von Oberbayern hat eine Abrissgenehmigung erteilt, damit ist ein mehr als 50 Jahre währendes Ringen um das Gebäude aus dem frühen 15. Jahrhundert beendet. Eine Erhaltung des Baudenkmals ist laut Regierung aus wirtschaftlichen Bedenken heraus nicht mehr zumutbar. Nachdem im Herbst ein Teil des Gebäudes im hinteren Bereich eingestürzt war, hatte das Landratsamt München auf Drängen der Gemeinde die Pasinger Straße entlang der Ruine gesperrt, Autofahrer auf der stark frequentierten Straße zwischen München und Starnberg müssen seither einen Umweg nehmen. In der Folge haben Gutachter komplett unterschiedliche Einschätzungen über die angebliche Einsturzgefahr abgegeben. Doch schließlich wurde der politische Druck auf die Behörden offenbar zu groß.

Das Gebäude wurde erstmals 1410 in Schriftstücken erwähnt. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte es mehrfach die Besitzer, mit Beginn des 20. Jahrhunderts endete die Zeit als Gasthaus. Die alte Taverne wurde unter Denkmalschutz gestellt, dringend notwendige Renovierungen seitens der Eigentümer, der Planegger Familie Hirsch, blieben weitgehend aus. Aktuell ist das Haus mit Nebengebäuden im Besitz der Selly Verwaltungs GmbH, deren Geschäftsführer ist Philipp von Hirsch, der auch für die CSU im Planegger Gemeinderat sitzt.

Seit 30 Jahren möchte der Eigentümer das Haus abreißen - seither ist dessen Zustand immer schlechter geworden

Überlegungen, das Anwesen abzureißen, gab es schon vor 60 Jahren. Hintergrund waren Pläne, die Staatsstraße nach Starnberg auszubauen. Nachdem die Eigentümerfamilie einem Verkauf nicht zugestimmt hatte, wurde über das Grundstück eine Veränderungssperre verhängt. Seit 1995 gibt es ein behördliches Verbot, das Haus abzureißen. Ein Widerspruchsverfahren bei der Regierung von Oberbayern ist seit mehr als 30 Jahre ohne klares Ergebnis geblieben. Die Familie Hirsch, die bereits damals einen Antrag auf Abbruch stellte, argumentiert seither mit dem schlechten Zustand der alten Wirtschaft, der mit den Jahren nicht besser geworden ist.

Im Herbst brach auf der Rückseite ein Teil des Gebäudes zusammen. (Foto: Rainer Rutz)

Nach dem Einsturz des rückwärtigen Gebäudeteils im Herbst attestierte ein von den Eigentümern in Auftrag gegebenes Gutachten flugs akute Einsturzgefahr, das Denkmalamt sieht dagegen keine Gefährdung durch das marode Gebäude. Die Behörde argumentiert bis heute, das Gebäude sei als Teil des Gesamtensembles mit dem nahen Planegger Schloss unbedingt erhaltenswert. Zuletzt bot der Staat einen Renovierungszuschuss in Millionenhöhe an. Planeggs Bürgermeister Hermann Nafziger, ein Parteifreund des CSU-Gemeinderats Hirsch, und dieser selbst übten dennoch seit dem Teileinsturz verstärkt Druck auf die Behörden aus.

In der Begründung für ihre Abbruchgenehmigung stellt die Regierung nun vor allem wirtschaftliche Gründe in den Raum. Pressesprecher Wolfgang Rupp sagte zur SZ, Gutachten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen seien zu dem Ergebnis gekommen, "dass sich der Erhalt des Denkmals auf Dauer nicht allein aus den Erträgen des Objekts finanzieren" lasse. Die Eigentümer müsste vielmehr eigenes Vermögen einsetzen. "Die wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Sanierung ist insoweit nicht mehr gegeben." Indem die Behörde jetzt, nach fast 30 Jahren, den Bescheid des Landratsamts München aus dem Jahr 1995 aufhebt, ist die Erlaubnis zum Abbruch erteilt. Damit setzt sich die Regierung auch über die Einschätzung der eigenen Fachbehörde hinweg.

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Planeggs Bürgermeister Nafziger (CSU) sagte am Freitag: "Mir fällt ein Stein vom Herzen." Nun könne bald auch die Straße wieder geöffnet werden. Nafziger glaubt, dass der Abriss noch im Februar über die Bühne gehen könne. Der Eigentümer will angeblich auf dem Grundstück Wohnungen bauen. Allerdings gibt es bisher keinen gültigen Bebauungsplan. Bauanträge müssten also in Einzelverfahren durch die Ausschüsse und den Gemeinderat gehen - für Nafziger kein Problem: "Da werden wir sicher eine Lösung finden."

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