SZ-Aktion "Läuft mit uns":Joggen mit Kinderwagen und Stil

Lesezeit: 3 min

Lauftrainerin Rebekka Seifarth joggt durch den Ostpark in München. (Foto: Sebastian Gabriel)

Experten erklären, was Mütter beim Laufen mit Baby beachten sollten und wie Laufen mit Kindern Spaß macht. Unter anderem kommt es auf wohltemperiertes Timing und richtige Technik an.

Von Irmengard Gnau, Ottobrunn

Laufen gehört zu den ersten beflügelnden Bewegungserfahrungen im Leben. Man kann kleinen Kindern die Freude daran ansehen, sobald sie die ersten Schritte tun, bis sie schließlich kreischend umher sausen. Umgekehrt bedeutet die Geburt eines Kindes für viele Frauen - und wohl aus Solidarität manchmal auch für die zugehörigen Väter - eine längere Unterbrechung des Laufens. Dabei kann auch Laufen mit Kind viel Freude machen - anfangs im Kinderwagen und später, wenn der Nachwuchs selbst auf eigenen Beinen mit dabei ist.

Unter welchen Bedingungen Mütter wieder zum Laufen kommen, ohne sich oder ihren Körper zu überfordern, weiß Rebekka Seifarth. Die Sportwissenschaftlerin für Präventions- und Rehasport ist selbst Mutter von vier Kindern und leitet seit drei Jahren die Gruppe von "Lauf Mama Lauf" in Ottobrunn, Unterhaching und München-Ramersdorf-Perlach. Einmal die Woche bietet sie ein speziell auf Mütter kurz nach der Geburt zugeschnittenes Training an, später baut das Programm weiter auf. "Mit kleinem Baby steht das Laufen erst einmal noch nicht im Vordergrund, wir arbeiten langsam darauf hin", sagt Seifarth.

Zunächst geht es vor allem darum, mit Fitnessübungen an der frischen Luft den Körper wieder zu stabilisieren. Darüber findet sich aber oft der Einstieg ins Joggen, auch für Frauen, die vorher noch nicht gelaufen sind. "Wenn man gern draußen ist, ist die Entwicklung Spazieren, Walken, Laufen eigentlich ideal, um wieder fit zu werden", sagt Trainerin Seifarth. "Auch für das Ziel, später wieder ein paar Pfunde abzunehmen. Auch für das Kind ist es prima. Es ist an der frischen Luft und das Training lässt sich gut mit den Essenszeiten koordinieren." Wichtig dabei sei aber, sich Zeit zu lassen und die Belastung langsam und behutsam zu steigern.

Nach der Geburt eines Kindes sollten Frauen erst einen Rückbildungskurs belegen

Wann macht es Sinn, nach Schwangerschaft und Geburt wieder mit dem Sport zu beginnen? "Zu allererst sollten Frauen einen Rückbildungskurs mit Fokus auf den Beckenboden absolvieren, gern auch schon mit Workout-Charakter", empfiehlt Seifarth. Wenn sie sich danach im Alltag wieder belastbar fühlen, keine Beschwerden mehr haben und sich auch der Bauchmuskelspalt wieder weitestgehend geschlossen hat, dann könnten sie ihren Bewegungsdrang guten Gewissens wieder ausleben.

Bei Seifarths Kursen walken oder joggen die Mütter mit ihren Kinderwagen durch den Park und versammeln sich zwischendrin immer wieder zu Übungseinheiten für den ganzen Körper. Wer nach dem Kurs Gefallen am Laufen mit Baby gefunden hat, kann überlegen, sich einen Kinderwagen oder Anhänger mit größeren Rädern und besserer Federung zuzulegen. Seifarth rät aber davon ab, anfangs zu viel auf Ausrüstung und äußere Komponenten zu geben oder seine Laufleistung gar mit Geräten zu tracken. "Man sollte sich erst einmal ausprobieren, ein Gefühl für sich selbst und seinen Körper entwickeln", sagt sie. "Laufen sollte erst einmal Spaß machen."

Hans Michael Leistner ist Jugendlauftrainer beim SV Lohhof (Unterschleißheim). (Foto: privat)

Das ist auch das Motto von Hans Michael Leistner. Jeden Freitag trainiert der 57-Jährige eine Laufgruppe für Kinder ab elf Jahren im Stadion des SV Lohhof in Unterschleißheim. Vor diesem Alter sollten Kinder aus Sicht der meisten Experten noch nicht mit gezieltem Lauf- und Ausdauertraining beginnen. In frühen Wachstumsphasen könnte sich zu hohe Belastung schädlich auswirken. Generell gilt für Trainer Leistner: "Zum Laufen darf man niemanden zwingen, das muss von alleine kommen." Seine Läuferinnen und Läufer können sich selbst aussuchen, ob sie eher im Sprintbereich bis 800 Meter Distanz oder Ausdauerstrecken bis 3000 Meter trainieren möchten.

In seinen Übungseinheiten arbeitet Leistner zudem mit vielen spielerischen Elementen: Pendelstaffeln, kleinen Wettbewerben, im Sommer geht es bis zum nächsten Wassereimer, im Winter auch einmal durch ein Labyrinth im Schnee. Im Vereinstraining versucht Leistner natürlich, die Kinder zu motivieren, schneller zu werden, womöglich auch bei Wettkämpfen anzutreten. "Erfolgreiche ziehen die anderen im Training auch mit", sagt er. Doch reine Breitensportler sind in seiner Gruppe genauso dabei. Wichtig ist Leistner, dass alle auch an ihrer Technik arbeiten. "Der Stil ist wichtig, um länger und gesünder zu laufen", sagt er.

Wer privat als Familie mit Kindern laufen gehen will, dem empfiehlt Leistner, das Programm flexibel und kindgerecht zu gestalten. "Immer ein Auge aufs Kind gerichtet haben und in seinem Tempo laufen", schlägt er vor. Dabei darf man sich durchaus auch unterhalten. Oberste Regel: Kein Familienmitglied sollte zum Mitlaufen gezwungen werden. Gehen die Wünsche auseinander, muss man nicht die ganze Strecke gemeinsam laufen, sondern kann Intervalle einteilen oder zur Abwechslung auch andere Bewegungen wie zum Beispiel Gymnastik einbauen. Und: Pausen machen. "Pausen sind wichtig", betont Leistner.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: