Neujahrskonzerte:Hintersinnig im Dreivierteltakt

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Seit 2006 macht der Barbershop-Männerchor "Herrenbesuch" charmante Bühnenkunst - jetzt gibt er in der Aussegnungshalle in Gräfelfing ein Neujahrskonzert. (Foto: Herrenbesuch)

Die musikalische Hommage an den Jahreswechsel geht im Landkreis München noch den ganzen Januar über - von Walzer über Wagner bis Barbershop.

Von Udo Watter, Landkreis München

Das mitunter recht sinnfreie Dauer-Geknalle zum Jahreswechsel ist nun auch schon wieder ein paar Tage her, nur noch vereinzelt unterstreicht ein böllernder Nachzügler die akustische Ausnahmesituation. Die musikalische Hommage an den Jahreswechsel wird dagegen noch eine Weile zelebriert werden, der ganze Januar steht im Landkreis München unter dem Bann des Dreivierteltakts, pompös-festlicher Klänge und prickelnder Melodien.

In den kommenden Tagen etwa sind die Bürgerhäuser in Pullach und Unterschleißheim Schauplätze groß dimensionierter Neujahrskonzerte: In der Isartalgemeinde wird am Freitag, 5. Januar, die ungarische Kammerphilharmonie unter der Leitung von Antal Barnás mit der Sopranistin Katerina Beranova und dem Tenor Claus Durstewitz Werke von Gioachino Rossini, Franz Lehár, Jacques Offenbach und Johann Strauß Vater und Sohn aufführen. Die Veranstaltung mit Sektempfang beginnt um 20 Uhr, es gibt noch Karten. Das Neujahrskonzert in Unterschleißheim am Samstag, 6. Januar, ist dagegen ausverkauft, hier präsentieren die Münchner Symphoniker ein Programm mit dem Schauspieler und Sänger Max Müller, das die Nachrichten und Moden im Wien des 19. Jahrhunderts thematisiert und musikalisch einkleidet.

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In Taufkirchen begrüßen am Freitag, 12. Januar, die Bad Reichenhaller Philharmoniker das Jahr 2024 mit einem beschwingten Klassikprogramm. Unter der Leitung des US-amerikanischen Generalmusikdirektors Daniel Spaw spielt das 1868 gegründete Ensemble, Deutschlands einziges staatliches Kurorchester, im Kultur-und-Kongresszentrum Walzer, Polkas und Potpourris von Johann Strauß und Zeitgenossen (Beginn 20 Uhr). "Zu Silvester lieber besinnliches Innehalten? Jahresrückblicke und gute Vorsätze? Oder doch lieber überschäumende Lebensfreude und die Korken knallen lassen? Musik kann beides", erklärt Barbara Eger, Solo-Cellist der Reichenhaller Philharmoniker, auf der Homepage des Orchesters.

Daniel Spaw dirigiert die Bad Reichenhaller Philharmoniker in Taufkirchen. (Foto: Bad Reichenhalller Philharmoniker)

In der Tat: Jemand, der hinter all dieser Walzerseligkeit nur das Verlangen nach leichter Muse und Unbeschwertheit vermutet, springt gedanklich wohl zu kurz. "Wer den Walzer lustig findet, hat ihn nicht verstanden", hat Dirigent Christoph Thielemann, der gerade das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker geleitet hat, einmal in einem Interview gesagt. Man müsse ihn vielmehr so dirigieren, als wäre er ein Abschied, bei aller Leichtigkeit und Freude - "mit morbider Eleganz".

Das Garchinger Sinfonieorchester, hier noch unter Leitung von Tamara Mersetzky, spielt am 21. Januar im Bürgerhaus der Stadt. (Foto: Hans-Martin Adorf)

Abschied und Anfang, Melancholie und frischer Zauber: Sein erstes Neujahrskonzert mit dem Garchinger Sinfonieorchesters wird am Sonntag, 21. Januar, der junge venezolanische Dirigent und Geiger Jóse Jesús Olivetti leiten. Er ist Nachfolger von Tamara Mersetzky, die von 2020 bis Frühling 2023 musikalische Chefin des Orchesters war, das 1985 am Max-Planck-Institut für Plasma-Physik gegründet wurde. Auf dem Programm im Bürgerhaus stehen Werke von Richard Wagner ("Meistersinger von Nürnberg") und Antonín Dvořák ("In Nature's Realm") sowie Hans Zimmer ("König der Löwen"), aber auch Giuseppe Verdi ("Nabucco") oder Paul Lincke ("Berliner Luft") und Ángel Villoldo ("El Choclo"). Was das Neujahrskonzert in Garching besonders macht: Zum einen ist die Universitätsstadt die einzige Kommune im Landkreis, die mit einem "eigenen" Orchester aufwarten kann. Zum anderen wird Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) eine Rede halten.

In Gräfelfing wartet ein absolutes Highlight

Auf eine andere Art originell ist das vom BVGL organisierte Neujahrskonzert am 12. Januar in Gräfelfing - vor allem, was den Veranstaltungsort angeht. Der "Bürgerverein Gräfelfing Lochham" hat den Münchner Männerchor "Herrenbesuch" eingeladen. Und der wird sein Repertoire, das Barbershop-Arrangements, Gospel, moderne Volkslieder und Swing-Titel umfasst, in der Neuen Aussegnungshalle an der Großhaderner Straße 2 präsentieren. Es ist nach drei Jahren Zwangspause das 17. Benefiz-Neujahrskonzert, das der BVGL veranstaltet. "Musikalisch können wir wieder ein absolutes Highlight präsentieren" erklärt der erste Vorsitzende Olaf Grohmann. "Mit über 20 Sängern verspricht dies nicht nur akustisch, sondern auch visuell ein - im wahrsten Sinne des Wortes - großes Erlebnis zu werden."

Die meist in Frack gewandeten und auf charmantes Entertainment bedachten Sänger tragen "Hinter- und Unsinniges" vor, singen auf Deutsch, Englisch und Bairisch. Mit guter Technik, schöner Stimme, aber vor allem mit Herz: "Sing a song from the heart - genau das ist das Wichtige", beschreibt Hans-Jürgen Wieneke, Bariton und Ensemble-Gründer, die künstlerische Maxime von "Herrenbesuch". Der Eintritt ist frei, es wird um Spenden gebeten. Die Erlöse des Konzertes gehen komplett an die Gemeindestiftung Gräfelfing. Eine Anmeldung ist erforderlich, da die Plätze begrenzt sind: per Mail neujahrskonzert@bvgl.de oder per Fax 089/87139429.

Die Kammeroper Köln zeigt die Operette "Ball im Savoy" in Taufkirchen. (Foto: Hannah Hilger/Photoart Huebner)

Kein klassisches Neujahrskonzert, aber ebenfalls mit schwungvollen Melodien den Zauber des Anfangs feiernd - das verheißt die Operette "Ball im Savoy", die am 13. Januar im Kultur- und Kongresszentrum Taufkirchen von der Kammeroper Köln präsentiert wird. Hier "locken Liebe und das Versprechen einer rauschenden Nacht". Musikalisch ist das 1932 uraufgeführte Werk von Paul Abraham eine Melange aus "Jazz, Blues, wienerischem Schmelz und ungarischem Flair" - eine verführerische Mischung zum Jahresbeginn.

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