Gewerbe an der A8:Technologie-Campus spaltet die Grünen

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Auf der freien Fläche nördlich von Infineon soll auf acht Hektar ein Technologie-Campus entstehen. (Foto: Maier Neuberger Architekten GmbH, München)

Während die Männer in der Fraktion mit dem Rest des Neubiberger Gemeinderats die Bebauung neben der Infineon-Zentrale auf den Weg bringen, formulieren die Frauen ihren Protest gegen die Pläne: Sie beklagen die Höhe der Gebäude und die Versiegelung des Bodens.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Seit vielen Jahren ringen die Neubiberger Gemeinderäte um eine mögliche Bebauung und Nutzung des Kapellenfelds. Nun steht den Plänen für einen Technologie-Campus westlich der Autobahn A8 nichts mehr im Weg. Der Gemeinderat hat am Montag mit großer Mehrheit zugestimmt, nur die Fraktion der Grünen bleibt gespalten: Während Zweiter Bürgermeister Kilian Körner mit zwei Parteifreunden die Pläne guthieß, lehnten Fraktionsvorsitzende Lucia Kott und drei weitere Grünen-Gemeinderätinnen das Vorhaben ab. Ein Kritikpunkt: Die geplante Bebauung füge sich nicht in das bestehende Landschaftsbild ein.

Geplant ist, dass nördlich an die Firmenzentrale von Infineon Hightech-Unternehmen und Start-ups angesiedelt werden, nördlich davon sollen auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche aufgeständerte Photovoltaik-Anlagen entstehen und auf dem Areal bis zur Münchner Stadtgrenze ein Landschaftspark, der der Erholung dienen soll. Die Gebäude am Technologie-Campus sollen zwischen 17 und bis 26,50 Metern hoch werden, wobei Dachbegrünung und Photovoltaikaufbau bereits eingerechnet sind. Sie sollen in nachhaltiger Holz-Hybrid-Bauweise entstehen. Auf dem Campus soll mit Elementen wie Wasser und Bepflanzung eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden, im Landschaftspark wird Artenvielfalt angestrebt.

Dass die neuen Pläne auch den Anforderungen an die Frischluftschneise und der Funktion des regionalen Grünzugs gerecht werden, legten Gutachter in der Sitzung erneut dar. Das war der große Kritikpunkt an den bisherigen Plänen: dass die Gebäude die Frischluftzufuhr für München und die umliegenden Gemeinden abschneiden könnten. Gelöst wurde das Problem nun unter anderem, indem die Planer das Baufeld in Absprache mit den Klimagutachtern auf acht Hektar verkleinerten und nach Süden rückten. Auch Bäume sollen nur so gepflanzt werden, dass sie die wichtigen Kaltluftvolumenströme nicht beeinträchtigen. Für das Kapellenfeld soll als Nächstes ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden. Zusätzlich soll der Flächennutzungsplan entsprechend geändert werden. Er umfasst auch das Areal östlich der Autobahn bis zum Hachinger Bach. Hier sollen Retentionsflächen für den Hochwasserschutz entstehen, die Bereiche entlang des Bachs sollen Naherholungsflächen werden.

Die Höhe der Gebäude liegt unter der Hochhausgrenze

Die vier Grünen-Gemeinderätinnen überzeugte das Konzept nicht. So vermisste Pascale Kollwitz-Jarnac, dass sich die geplanten Gebäude in die Landschaft einfügten, und fragte, ob man sich "wirklich an Fasanenpark und Neuperlach orientieren" wolle. Architekt Maximilian Maier erläuterte, dass man sich die baulichen Höhen in der Umgebung angesehen und im Wesentlichen eine Flächenreduktion vorgenommen habe. Bei der Höhe bewege man sich unter der Hochhausgrenze. Laut Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU) sind die Gebäude niedriger als der Geschosswohnungsbau im angrenzenden Unterhaching.

Die Grünen-Gemeinderätinnen bemängelten zudem, dass die Verkehrsplaner nur die Veränderungen im Autoverkehr in den Blick genommen hätten, nicht aber auch Zahlen für Bus oder S-Bahn nennen konnten. Die S3 sei jetzt schon an der Belastungsgrenze, sagte Lucia Kott. "Dafür brauche ich kein Gutachten." Der Verkehrsplaner sagte zu, Zahlen nachzureichen, Daten dazu seien vom MVV aber nicht leicht zu bekommen.

Die Fläche nördlich von Infineon soll in drei Teile gegliedert werden: einen Campus für Hightech-Unternehmen, eine Zone mit Landwirtschaft und aufgeständerten PV-Anlagen und einen Landschaftspark. (Foto: Grabner Huber Lipp Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Partnerschaft)

Die Kritik der Grünen-Gemeinderätinnen spiegelte sich schließlich auch in einer persönlichen Erklärung wider, in der sie die "Neuversiegelung einer bisher unbebauten acht Hektar großen Fläche in einem ökologisch hochsensiblen Bereich" bemängelten. Das Projekt, das sich "Zukunftspark Neubiberg" nenne, nehme nicht die Zukunft und die kommenden Herausforderungen wie die Folgen des Klimawandels in den Blick.

Parteikollege Kilian Körner vertrat die andere Seite und betonte, was dank grünen Engagements erreicht worden sei. Zu Beginn der Planungen habe man noch an Gewerbe auf beiden Seiten der Autobahn gedacht, da seien Ängste mit Blick auf die Frischluftschneise aufgekommen. Jetzt plane man nur eine Versiegelung am südlichen Rand und man bekomme die gewünschte Ackerfläche mit Photovoltaik-Anlage sowie einen Landschaftspark, der mit der Parkmeile verbunden werden soll. "Aus meiner Sicht haben wir fast an allen Stellen eine deutliche Aufwertung der Flächen", sagte Körner. Er wünsche den Investoren einen wirtschaftlichen Erfolg - im Interesse der Gemeinde. Reiner Höcherl von den örtlichen Freien Wählern hatte sich bei diesen zuvor bedankt: 800 Millionen Euro allein für die Bebauung aufzubringen sei eine unternehmerische Leistung. Bürgermeister Pardeller sprach von einem "wichtigen Zukunftsprojekt" samt Hochwasserschutz und Gewerbeansiedlung im Hightech-Cluster in unmittelbarer Nähe zur Universität der Bundeswehr.

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