Auf den Fernstraßen rund um München ist am Mittwoch das große Verkehrschaos ausgeblieben, das befürchtet worden war, nachdem der Bayerische Bauernverband und der Verein "Landwirtschaft verbindet Bayern" zu Protestaktionen an den Autobahnauffahrten aufgerufen hatten. Der Münchner Polizei zufolge waren an 17 Anschlussstellen Blockaden angekündigt, sie hatten gegen 8.30 Uhr begonnen. Im Laufe des Vormittags seien insgesamt 34 Zufahrten in beiden Richtungen von Demonstrierenden blockiert worden, die meisten mit fünf bis zehn Traktoren.
Die Münchner Polizei war mit etwa 200 Beamten im Einsatz; sie zählte insgesamt mehr als 200 Demonstranten und 160 Traktoren sowie einige Autos. Es sei zwar zu Verkehrsbehinderungen gekommen, aber nicht zu schwerwiegenden Störungen, so die Bilanz. Bereits am Mittag hatte Münchens Polizeisprecher Andreas Franken berichtet: "Die Abläufe scheinen sehr geordnet zu sein. Es scheint alles sehr kooperativ zu verlaufen." Die Beeinträchtigungen seien auch deshalb gering ausgefallen, weil die Bauern ihre Blockaden immer wieder kurzzeitig aufhoben, für Linienbusse zum Beispiel.
Die Szenerie war fast überall gleich: In Ottobrunn hatten sich beispielsweise sechs Traktoren an der Autobahnauffahrt der A99 Richtung Norden aufgestellt, einer mit Deutschlandflagge an der Front, andere protestierten auf Plakaten gegen die Ampelregierung. Die Auffahrt war dort aber frei, in der Gegenrichtung blockierten hingegen drei querstehende Traktoren die Zufahrt nach Salzburg.
An der Auffahrt zur A8 in Taufkirchen hatte sich Anton Stürzer, Kreisobmann der Bauern aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn, mit seinem Schlepper aufgestellt. Der Protest sei, anders als etwa in Frankreich, nach wie vor friedlich, betonte er. Aber nach den ersten Protesten Anfang Januar, bei denen Blockaden größtenteils ausblieben, müsse man nun "eine Schippe drauflegen". Stürzer glaubt, dass die Bevölkerung Verständnis für die Anliegen der Landwirte habe. Wie es nach den Aktionen vom Mittwoch aussieht, könne er allerdings nicht einschätzen.
In der Tat reagierten manche Autofahrer ungehalten und hupten im Vorbeifahren. Doch die meisten schienen sich auf den Protest eingestellt zu haben und rollten ruhig vorbei. Die Blockaden seien ja nicht böse gemeint, sagte Maximilian Kippes, "aber irgendwann reicht es". Der 22-jährige Landwirt aus Kleinkarolinenfeld verdient eigenen Angaben zufolge 2000 Euro netto im Monat, gleichzeitig stiegen die Preise massiv an, erklärte er. Ersatzteile für landwirtschaftliche Fahrzeuge etwa seien teurer geworden. "Das kann man langsam nicht mehr bezahlen. Wenn das so weitergeht, kann ich meinen Beruf irgendwann nicht mehr ausüben."
Dass ihr Hof zukunftsfähig bleibt, ist auch Barbara Plabst aus Kirchstockach wichtig. Die 37-Jährige hatte sich neben Kippes und Stürzer auf die Auffahrt zur A8 gestellt. "Unser Protest richtet sich nicht gegen die Bevölkerung", versicherte auch sie. "Wir sitzen alle in einem Boot." Die Bürger seien ja auf die Landwirte angewiesen.
Wie in Ottobrunn und Taufkirchen standen auch bei Hohenbrunn und Feldkirchen vier, fünf, sechs Traktoren in den Auffahrten. Staus gab es aber kaum, auch auf den Landstraßen war es nicht allzu voll. Nur in Ismaning staute es sich gegen elf Uhr an der Auffahrt zur A99 etwas. Als die Schlange zu lang wurde, lösten die Bauern die Blockade auf, der Verkehr floss wieder, allerdings nur kurz: Zwei Landwirte rollten mit ihren Traktoren langsam über die Straße, gefolgt von einer langen Kolonne und begleitet vom Hupen eines Lastwagens.
Hintergrund der Proteste ist ein bundesweiter Aktionstag der Bauern gegen die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel. Rund um München blockierten die Landwirte deshalb rund sechs Stunden lang die Autobahnzufahrten; die Abfahrten waren nicht betroffen. Für die Landwirte ist mit dem Protest vom Mittwoch aber nicht Schluss. Maximilian Kippes aus Kleinkarolinenfeld will weiterkämpfen: "Wenn man jetzt aufhört, war alles, was wir bisher gemacht haben, wurst."